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 Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten

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Allie
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 2:53 pm

Denerim

Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten

Aktive Charaktere: Azoth, Leanora, Lydia, Rowan, Miandra, Sareth, Vernita

„Wie mir zu Ohren gekommen ist, gab es heute Morgen einen kleinen Zwischenfall in Fort Drakon!“ brummte der dunkelhäutige Mann, der hinter seinem Schreibtisch stand, wobei er im Takt mit seiner Faust auf die Platte des Möbelstückes schlug. „Was habt Ihr mir darüber zu berichten?“
„Mein Herr, offenbar wurden heute Morgen zwei Gefangene aus der Festung befreit, die gestern wegen Mordes verhaftet worden waren“, erwiderte Eshtá, während sie vor dem Tisch kniete und zu Boden blickte.
„Wie war das?“ tobte der Mann hinter dem Schreibtisch. „Wie soll das möglich gewesen sein?“
„Wie es aussieht drangen diese Personen als Stadtwachensoldaten getarnt in das Fort ein, töteten Oberst Tjark und befreiten die Gefangenen aus der Folterkammer, wobei sie die Folterknechte auf bestialische Weise niedermetzelten. Einen von ihnen fanden wir aufgespießt in der Eisernen Jungfrau. Anschließend verschwanden die Eindringlinge mit ihren befreiten Freunden durch den geheimen Fluchttunnel, den sie zudem noch zum Einsturz brachten. Bei dem Vorfall wurden Dutzende von Soldaten getötet, mein Herr.“

„Und ich denke, Ihr wisst auch, wer hinter dieser Aktion steckte, oder?“
„Ja, mein Herr. Ich bin davon überzeugt, dass dahinter die Elfe steckt…“
„…dessen Kopf auf meinem Schreibtisch landen sollte, der Ihr aber noch immer nicht habhaft werden konntet!“ vollendete der Mann tobend den Satz, wobei er mit schnellen Schritten um den Schreibtisch herum geschossen kam.
„Ja, mein Herr.“
Der Mann beugte sich nach vorne, packte Gianauro am Hals und zog sie hoch. Röchelnd ließ diese es geschehen. Dann riss er die Frau nach vorne und presste ihren Kopf nach unten auf die Schreibtischplatte. Anschließend zog er sein Schwert, welches er ihr ins Genick drückte.
„Ich will einen Kopf auf meinem Schreibtisch liegen haben!“ zischte der Dunkelhäutige wütend. „Wenn Ihr mir Vernitas Kopf nicht besorgen könnt, dann werde ich eben Euren nehmen, habt Ihr mich verstanden?“
Eshtá nickte nur kurz.
„Gut“, erwiderte der Mann noch, bevor er Gianauro wieder losließ. „Und jetzt verschwindet. Solltet Ihr mir noch einmal mit derart schlechten Neuigkeiten unter die Augen treten, dann werdet Ihr diesen Raum nur noch mit den Füßen voran verlassen.“
„Ich habe verstanden, mein Herr“, entgegnete die Frau unterwürfig, während sie wieder aufstand. Dann verbeugte sie sich noch einmal, bevor sie das Zimmer verließ. Anschließend machte sie sich umgehend auf den Weg zur Kaserne.
„Wo hält sich Leutnant Brangroth derzeit auf?“ fragte sie die Wache am Eingang scharf.
„Er ist auf dem Übungsplatz und trainiert ein paar neue Rekruten, Milady“, erwiderte die Wache, während sie Haltung annahm.
Diese sagte nichts weiter, sondern betrat einfach das Gelände. Sie ging schnellen Schrittes über den Hof der Kaserne, wobei sie die Soldaten beobachtete, die dort exerzierten oder in Gruppen laufend ihre Runden drehten. Der Regen hatte zwar aufgehört, doch der Boden war nach wie vor weich und matschig. Trotzdem trainierten die Soldaten weiter. Für sie gab es kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
Als sie sich dem Übungsplatz näherte, konnte sie den Kampflärm schon aus einiger Entfernung hören. Während sie dann in Sichtweite kam, legte sich ein böses Grinsen auf ihre schmalen Lippen. Sie sah auf der Mitte des Platzes drei jungen Soldaten, die sich um einen vierten Mann gruppiert hatten. Dieser war ein wahrer Riese von fast zweieinhalb Metern Größe. Seinen Körper muskulös zu nennen, wäre die Untertreibung des Jahres gewesen. Seine Oberarme hatten die Breite kleiner Kinder. Sein Kopf war vollkommen kahl, nur eine Narbe zog sich quer über seinen Schädel. Es gab Leute, die sich darüber lustig gemacht haben, allerdings hatten die wenigstens davon ihr vorlautes Gerede anschließend überlebt.
Der Riese trug eine einfache Lederrüstung, aber ganz eindeutig eine Spezialanfertigung, da Rüstungen in dieser Größe bestimmt kein Standard waren. In seinen Händen hielt er einen großen Schild und ein Übungsschwert aus Holz. Er fuchtelte mit seinem Schwert durch die Luft, während er mit den jungen Männern sprach.
„Auch wenn ihr zu dritt seid, dürft ihr euren Gegner niemals unterschätzen“, grummelte er mit seiner tiefen Stimme. „Und ihr müsst versuchen mich einzukreisen und eure Angriffe aufeinander abzustimmen... Heb’ deinen Schild mehr an, Joan... Das ist ein Schwert und kein Fächer, mit dem du mir Luft zuwedeln sollst, Grekan...Und denk daran, dass euer Schild auch eine Waffe sein kann...“
Einer der jungen Soldaten wagte einen Vorstoß, wobei er versuchte den Riesen mit seinem Holzschwert in den Bauch zu stechen. Dieser schlug mit seinem Schild gegen das Schwert des Mannes, welches ihm durch die Wucht direkt aus der Hand geprellt wurde. Der Riese setzte gleich nach und trat dem Rekruten mit voller Wucht gegen dessen Schild. Der Jüngling wurde einfach zurückgeschleudert, soviel Kraft hatte sein Ausbilder in den Angriff gelegt.
„Ich hab’ dir doch gesagt, dass du deinen Schild höher halten sollst, Joan!“ brüllte der Riese, als er erstaunlich schnell herum kreiselte und dem zweiten Rekruten sein Holzschwert so derbe über den Schädel zog, dass dieses zerbrach. Der getroffene Mann ging sogleich bewusstlos zu Boden.
Der dritte Soldat versuchte dies nun für sich zu nutzen. Mit einem Schrei auf den Lippen stürmte er vor, während er mit seinem Übungsschwert ausholte. Der Riese ließ seinen Arm vorschnellen und griff nach der Kehle des Mannes, bevor dieser auch nur den Hauch einer Chance hatte, diesem Angriff auszuweichen. Dann hob er den Jüngling einfach hoch, bis dessen Füße in der Luft hingen. Der Mann fing an zu Strampeln, ließ Schwert und Schild los, bevor er versuchte sich mit beiden Händen vom Griff seines Ausbilders zu befreien. Doch vergeblich.
„Und unterschätzt niemals einen Gegner“, maßregelte dieser seinen Untergebenen. „Selbst wenn dieser unbewaffnet ist!“
„Bravo, Brangroth!“ rief Eshtá Gianauro, während sie Beifall klatschte. „Du bist immer noch der Beste!“
Der Riese wandte kurz den Kopf. Der Blick in seinen grauen Augen hellte auf, als er die Frau erblickte. Auf seinen wulstigen Lippen lag ein breites Grinsen.
„Die Übungsstunde ist vorbei!“ brüllte er, wobei er den Mann einfach losließ, woraufhin dieser auf die Füße fiel, sein Gleichgewicht nicht mehr halten konnte und rücklings auf die Erde in den Schlamm klatschte.
Der Riese ignorierte seinen nach Luft schnappenden Rekruten und schritt stattdessen auf die Frau zu. Als er diese erreicht hatte, verneigte er sich vor ihr. „Ihr wünscht etwas von mir, meine Herrin?“
„Ja, Leutnant“, erwiderte die Frau ernst. „Ich habe eine Aufgabe für dich, die deinen Fähigkeiten angemessen ist. Und die kein Versagen toleriert.“
„Das sind gute Neuigkeiten, Herrin“, meinte der Riese, während er seine Axt aufhob, die er am Rande des Übungsplatzes abgelegt hatte. Es war ein gigantisches zweischneidiges Ungetüm, so groß und schwer, dass sie ein gewöhnlicher Mann kaum zu führen vermochte. Doch Brangroth schwang sie auf seine Schulter, als wäre sie leicht wie ein Feder. „Ich hatte schon lange keinen richtigen Kampf mehr.“
„Nimm die Sache nicht auf die leichte Schulter. Dein Gegner ist ein richtiges Miststück. Und sie ist nicht allein.“
„Ich habe noch nie einen Gegner unterschätzt, Herrin. Aber sagt mir, wie ich Euch zu Diensten sein kann.“



Zuletzt von Allie am Fr 19 Aug 2011, 8:13 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:12 pm

Mein geliebter Bruder,
ich schreibe dir heute, zum einen, um dir mitzuteilen, dass ich wieder heil zu Hause angekommen bin, und zum anderen, weil mir das Herz schwer ist. Die Tage in Denerim bei dir waren sehr schön und vergingen wie im Flug, auch wenn du nur wenig Zeit hattest, weil du dich deiner Arbeit widmen musstest. Es tut mir aufrichtig leid, dass der Arl gestorben ist, und mir leuchtet ein, dass du dadurch sehr viel mehr Arbeit hast.

Mama habe ich berichtet, dass es dir gut geht, und du blendend aussiehst. Sie lässt fragen, wann du dir endlich eine Ehefrau suchst und ihr Enkelkinder schenken wirst. Natürlich kennt sie dich viel zu gut, um zu wissen, dass dies wohl ein Wunschtraum bleiben wird. Ich glaube, die Frau, die es schafft dein Herz wirklich zu erobern, muss erst noch gebacken werden.


Hier stockte Leanora und zog ihre Stirn Kraus. Wer war Tjark wirklich?

Papa hat sich bei der Frage das Grinsen verkneifen müssen und hat sein Gesicht hinter der Tagespresse verschanzt. Ihm geht es relativ gut, aber der Schweinebraten gestern bekam ihm nicht so gut, heute spürt er die Gicht wieder. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass er sein Glas Bier zum Mittag getrunken hat. Übrigens gibt es auch Freudiges zu berichten: Die Sau Mimi hat geworfen, und acht süße Ferkel zur Welt gebracht, alle putzmunter und gesund.
Aber das wird dich wahrscheinlich nicht interessieren. Zumindest mittlerweile nicht mehr. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo du Anteil an zu Hause hattest, wo du der liebevolle Bruder warst, der zuverlässige Sohn. Und hier kommt der Teil, der mir mein Herz schwer macht.
Als ich bei dir war, hast du dich kaum erkundigt, was zu Hause los ist, was es Neues gibt. Du hast zugehört, wenn ich etwas erzählt habe, aber es schien, als wären deine Gedanken weit weg und du hast nur der Höflichkeit halber zugehört, aber es nicht registriert, was ich gesagt habe. Ich habe gehört, wie du mit deinen dienern umspringst und Befehle erteilst. Sicher habe ich auch gesehen, wie du dieser Blondine Honig um den Mund schmieren konntest, aber Tjark, du bist nicht mehr der, der du warst. In meinen Augen bist du egoistisch geworden – was ich noch verkraften könnte. Was viel schlimmer ist, du bist kaltherzig geworden.
Wo ist mein wundervoller liebenswerter Bruder hingekommen, immer zu einem Scherz aufgelegt, immer guter Dinge? Ich bitte dich um deiner selbst willen – ändere dich nicht noch mehr. Ich glaube, du würdest den Eltern sonst das Herz brechen, und mir mit.

Es umarmt dich
Deine dich trotzdem über alles liebende Schwester.


Leanora blickte verwirrt auf den Brief. Die letzten Zeilen waren etwas verwischt, als wären Tränen auf die Tinte gefallen. Sie kam sich vor, als wäre sie soeben in Tjarks Familienleben eingedrungen.
Sie holte sich etwas Obst und biss gerade in einen Apfel, als sie den nächsten Brief zur Hand nahm. Dieser war auf feinem Büttenpapier geschrieben, und Leanora verschluckte sich beinahe, als sie das Wappen der Daverts erkannte, eine angesehene Händler-Familie aus der näheren Umgebung Denerims.
Eine zierliche Schrift war zu lesen, aber sauber und klar:

Für Tjark

In Anbetracht Eures strahlenden Lächelns
Ist der Glanz des Sonnenlichtes schwächer geworden
Eure Jugendlichkeit glühte
In der Herrlichkeit Eures Kusses

Sobald ich Euch am Abend sehe
Raubt Ihr mir meine Sinne
Kommt, kommt zu mir

Im Licht Eures Lächelns
Erlosch die Sonne und ihre Strahlen
Es brannte meine Jugend in mir
Von der Anmut Eures Körpers

Das Geheimnis Eurer Augen
Hat sich mir offenbart und erzählten mir
Dass ich Eure Geliebte bin

Ach, wenn ich Euch am Abend sehe
Und mein Seufzen ist Euch Nahrung
dann kommt, kommt zu mir.

Ich warte im Heuschober auf Euch, gegen 21 Uhr... mein Gatte hat zu der Zeit Geschäftspartner im Haus.
In sehnsüchtiger Erwartung
Eure Susanna


Sie biss sich auf die Unterlippe. Dieser Brief war eine reine Aufforderung für Tjark, Susanna Davert zu begatten, und das wohl nicht zum ersten male. Leanora kannte die Dame nur von Erzählungen, sie war, den Aussagen ihres Bruders Richards zufolge, etwas kleiner, dafür um so fester. Und, so wurde gemunkelt, ziemlich vernachlässigt von ihrem Ehegatten. Lea zog sich das Herz zusammen, allein der Gedanke, dass der Mann, den sie den Richtigen genannt hatte, so etwas tatsächlich ausnutzte und es ihn wohl nicht scherte, ob die Dame vergeben war oder nicht. Leichte Wehmut überkam Lea, aber bevor diese sie zu übermannen drohte, wollte sie weiterlesen. Schließlich hatte sie noch einige Briefe vor sich.
Der nächste Brief war von seiner Mutter. Irgendwie waren die wohl chronologisch völlig durcheinander, aber das war Leanora einerlei. Sie hatte etwas Mühe, die verschnörkelte Schrift zu entziffern, aber als sie sich an die Art gewohnt hatte, konnte sie es relativ zügig lesen:

Dem Erbauer sei Dank, du bist also gesund in deiner neuen Heimat angekommen. Es war schlimm für uns, nichts von dir zu hören, aber natürlich verstehen wir, dass deine Versetzung absoluter Geheimhaltung unterlag. Du bist nun also die rechte Hand des Kommandanten geworden? Wie doch die Zeit vergeht...es ist, als wäre es erst gestern gewesen, wo du der Armee beigetreten bist, jung, voller Tatendrang, und mit dem besten Willen, Ferelden zu dienen. Wir sind stolz auf Dich, mein Sohn.
Bleib dir treu, dann wirst du es sicher noch ein Stück weiter in deiner Offiziers-Laufbahn bringen. Vergiss uns dabei nicht. Du bist hier immer willkommen, und es wird immer deine Heimat bleiben.
Es grüßt dich
Mama
PS: Ich habe dir noch einen Hefezopf mitgeschickt zur Feier des Tages!
PPS: Dein Vater will auch noch ein paar Worte an dich richten.


Leanora drehte das Blatt auf die Rückseite. Die Schrift des Vaters war akkurat.

Ich habe eine Bitte an dich, mein Sohn. Kümmere dich um deine Schwester und um deine Mutter, wenn ich einmal nicht mehr bin. Derzeit sieht es zwar so aus als hätte ich noch lange zu leben, aber man weiß ja nie. Ich verlasse mich auf dich.

Leanora legte den Brief zur Seite. Der nächste wieder von seiner Schwester, in der sie schrieb, dass sie einen Mann kennen gelernt hatte, und dies wohl etwas Festes sein würde. Sie schwärmte ziemlich von diesem Kjeld Ronstett, Leanora überflog die Zeilen nur. Nichts wirklich Interessantes, was Tjark an sich betraf.
Es folgten weitere Schreiben von seiner Schwester, mittlerweile hatten sie sich auch verlobt, und sie sprach die Bitte aus, dass Tjark ihr Trauzeuge sein möchte.

Ich weiß es ist eine relativ weite Reise, aber es würde mich wirklich freuen, wenn du mir diesen Wunsch erfüllen würdest.

Leanora rieb sich die Augen. Es war ziemlich anstrengend, die verschiedenen Schriften zu entziffern, noch dazu bei dem diffusen Kerzenlicht. Der gelesene Stapel wuchs langsam, aber es gab noch immer einige ungelesene.
Sie griff zu dem nächsten Blatt und war mit einem Schlag wieder hellwach. Die Schrift war eng zusammen, und sehr eckig.

Hauptmann von Talisker,
schreiben ist nicht meine Stärke, Worte auch nicht. Aber ich will Euch sagen, dass ich sehr von Euch angetan war, als wir gestern auf der Feier des neuen Arls einander vorgestellt wurden.
Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir am kommenden Freitag beim Abendessen Gesellschaft leisten würdet.
Ich erwarte Euch in der Wirtsstube 'Wilder Eber', ein Tisch für zwei Personen wird reserviert sein.
Seid pünktlich, ich warte nicht gerne.
Hochachtungsvoll
Eshtá Gianauro


Verdammt, was hatte Eshtá mit Tjark zu schaffen? Er würde wohl nicht... oder etwa doch? Hektisch durchsuchte Leanora die letzten Briefe, aber es war nur noch ein einziger mit der gleichen Handschrift zu finden:
Ich gratuliere zur Beförderung zum Oberst, Tjark! Es gibt eine Feier zu Euren Ehren, und wir beide werden die Nacht in Zweisamkeit ausklingen lassen... ich hab mir schon etwas einfallen lassen, was Euch sicher gefallen wird! Nehmt die Schlüssel für die Handschellen mit. Eshtá.
Leanora wurde blass. Wie pervers war Tjark – oder war es diese Frau? Sie versuchte das Bild auszublenden, glücklicherweise wusste sie auch nicht, wie diese Gianauro aussah. Aber das, was sie bisher von Vernita gehört hatte, ließ ihn ihr eher das Bild eines gewieften Weibsbilds entstehen, mit dem Kämpferherz einer... ja einer was? Einer Giftschlange? Leanora stempelte anhand Vernitas Erzählungen diese Frau bereits vorher schon als eiskaltes Miststück ab, aber was sie hier zu lesen bekam, schlug dem Fass den Boden aus.
„Na warte du Hure, wenn ich dich erwische...“ murmelte Leanora leise vor sich hin.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:17 pm

Rowan erwachte von einem Pochen in ihrem Oberschenkel. Unruhig regte sie sich und merkte, dass sie nicht alleine war. Sie spürte einen Arm um ihren Oberkörper und warmen Atem in ihrem Nacken. Ihr wurde bewusst, dass jemand hinter ihr lag. Sie versteifte sich augenblicklich und wurde mit einem stechenden Schmerz in ihrem Rücken belohnt.
„Ouch“ stöhnte sie.
Als sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah sie sich um und erkannte, wo sie sich befand. Langsam kehrten die Erinnerungen an den vergangenen Tag zurück. Sie setzte sich vorsichtig auf und drehte sich um. Ihr Kopf schmerzte dumpf und ihre Umgebung schwankte leicht. Sie fühlte sich schwach und immer noch sehr müde, aber weiter schlafen würde sie erst einmal nicht können.
Hinter ihr lag Sareth, dessen Arm nun auf ihre Oberschenkel gerutscht war. Er schlief tief und fest. Rowan beobachtete ihn für eine Weile und genoss den friedlichen Ausdruck auf seinem Gesicht. Sie war erleichtert, dass er nicht verletzt worden war. Vorsichtig hob sie seinen Arm hoch und legte ihn neben sich ab. Sie erhob sich und wartete einen Moment, bis die Welt um sie herum wieder still stand. Dann schaute sie sich um. Leanora saß in einer Ecke und war vertieft in Briefe, die sie um sich herum verstreut hatte. Sie bemerkte Rowan nicht. Die anderen schliefen.
Bis auf Hennrik hatten alle die Aktion mehr oder weniger überlebt. Rowan sog die Luft scharf ein, als sie an den Magier dachte. Sie hatten seinen Körper zurücklassen müssen. Wer wusste schon, was mit ihm passierte. Rowans Körper wurde von einem aufkommenden Schluchzen geschüttelt, doch sie unterdrückte dies wieder schnell. Sie war Schuld an seinem Tod, das stand außer Frage.
Mit steifen Gliedern humpelte sie zu dem Trog, in dem Wasser für sie bereit stand. Sie nahm sich eine Kelle voll und trank durstig. Das kühle Nass tat ihrer trockenen Kehle gut.
Kraftlos ließ sie sich anschließend neben dem Fass auf den Boden sinken. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis sie wieder einigermaßen bei Kräften war. Sie hoffte, dass das Versteck sicher war und die Gruppe hier wieder zu Kräften kommen konnte.


Leanora war so in ihren Gedanken vertieft, dass sie zuerst nicht bemerkte, dass Rowan aufgewacht war. Wie lange saß sie hier eigentlich schon und las? Der Stapel Briefe ließ daraus schließen, dass es länger war, als sie gedacht hatte. Das würde auch erklären, wieso ihre Beine und ihr Rücken schmerzten. Sie war die ganze Zeit so da gesessen, und sie fühlte sich steif an.
Vorsichtig rappelte sie sich auf, darauf bedacht, möglichst leise zu sein, und schlich zu Rowan.
„Wie geht es Euch, Rowan? Ihr seht noch sehr geschwächt aus. Wenn ich Euch helfen kann, sagt mir Bescheid, ja?“
Durstig trank sie vom Wasser und begab sich dann wieder zurück auf ihre Liege, um weiterzulesen.


Schweißgebadet und mit rasendem Puls erwachte Miandra, blinzelte einige Male um den Raum zu erkennen, welcher in ein nur sehr schwaches und schummriges Licht getaucht war. Sie sah nur einige Kerzenlichter, die einen kleinen Bereich der sich um diese befand erhellte. Sie hörte einige schnaufende Laute, und eine sanfte Stimme, die sie kannte sah jedoch niemanden. Ihr Gespür vernahm, dass sie auf etwas Weichem lag, welches einen leichten Duft von Lavendel in sich trug.
Sie hatte keinerlei Ahnung wo sie sich befand, und wie viel Zeit bereits vergangen war. Doch in jenem Moment beschäftigten sie viel mehr all die Bilder, verschiedenste Fratzen und Situationen bei denen sie nicht mehr wusste, ob sie real waren oder nicht, von denen sie scheinbar geträumt hatte, welche ihren Puls zum Rasen, und ihre Stirn zum Schwitzen brachten.
Miandra lag die gesamte Zeit über in ein und derselben Haltung, sodass ihr davon bereits die Gelenke weh taten, und sie sich unbedacht von der seitlichen Position auf den Bauch fallen ließ, wo sie ein stechender Schmerz durchfuhr. War vielleicht eine ihrer Rippen gebrochen? Leichte Übelkeit kam in ihr hoch, doch sie konnte sich nicht übergeben, da ihr Magen komplett leer war, und begann stattdessen nur zu husten, was sie jedoch schnell versuchte zu unterdrücken, da sich dadurch all ihre Muskeln zusammenzogen, und die Schmerzen nur noch unerträglicher wurden. Ihr Rachen schien vollkommen ausgetrocknet und es fühlte sich an als hätte sie einen dicken Klos im Hals, und sie trug noch immer einen ekelhaften Geschmack in ihrem Mund, und fast so, als kämen bei diesen Gedankengängen Erinnerungen zurück, stieg ihr auch der Geruch ihrer selbst in die Nase, und sie sehnte sich in jenem Augenblick nach nichts mehr als einem Bad - was natürlich absolut ausgeschlossen war - und nach etwas zu trinken.
Erst nachdem sie einige Sekunden regungslos da lag, bemerkte sie, dass sie fast komplett in Bandagen gehüllt war, was sie darauf schließen ließ, dass Einiges von dem, was sie als unwirklich glaubte, doch der Wahrheit entsprach. Ihr viel zu starkes Fieber war inzwischen kaum merkbar gesunken, wodurch es ihr etwas leichter fiel zu beurteilen in welcher Situation sie sich befand und ob diese realitätsgetreu war, oder nicht. Daher versuchte sie ihre wirren Gedanken vorerst zu vergessen, und weiterhin zu analysieren, wo sie sich befand.
Doch viel mehr als sie bereits vorhin erkannte, fiel ihr nicht ins Auge. Lediglich, dass sie scheinbar in einer Höhle oder dergleichen untergebracht war, da sich die Luft schon beinahe unangenehm kühl anfühlte und der sandige Geruch, der alle anderen Gerüche zu überdecken schien, an eine Art Keller oder an Steinmauern erinnerte. Am liebsten wäre sie sofort aufgestanden, und hätte sich genauer umgesehen, doch dafür war sie definitiv zu schwach, und ihr Kreislauf sowie die vielen noch recht frischen Wunden hätten es nicht zugelassen. Trotz alledem siegte wohl ihre Neugierde, sodass sie sich vorsichtig an den Armen abstützte und sich leicht daran hochhob. Nun konnte sie den Raum besser überblicken, erkannte Rowan, die sich das Gesicht wusch, ebenso wie Leanora die neben dieser stand und gerade irgendetwas zu dieser gesagt hatte, das kleine Mädchen, welches sie erst flüchtig kannte, sowie diesen Kerl - sie hatte seinen Namen in all der Aufregung vergessen - welcher Rowan in ihrem Zimmer bedroht hatte und nun hier unter ihnen auf einer dünnen Matratze schlief. Ihr Blick blieb kurz skeptisch an ihm hängen, bevor sie auch Azoth und Vernita erblickte, die ebenfalls beide in Bandagen gehüllt waren und schliefen.
Miandra seufzte leise und ließ sich wieder unter Schmerzen auf das provisorische Bett fallen. Einige Sekunden dachte sie an gar nichts, und starrte nur geradeaus. Miandra verstand die Welt nicht mehr. Sie verstand nicht, wieso ihr diese Leute geholfen haben, wieso sie ihr eigenes Leben in Gefahr brachten, um das ihre zu retten. Wahrscheinlich hätte sie es auch nicht verstanden, wenn man es ihr erklärt hätte. Sie kannte solches Handeln nicht von Personen die sie kaum kannte, war es eher gewohnt, dass sie auf sich alleine gestellt war und sich niemand für sie interessierte. Zudem hatte sie sich bereits damit abgefunden, dass es vorbei war... dass die Schmerzen und Sorgen ein Ende haben würden.. doch nun war sie immer noch hier, und es schien sich nichts geändert zu haben.


Vernita vernahm das Murmeln von Stimmen. Obwohl die Sprecher ziemlich leise redeten, wurde sie davon wach. Sie hatte ausgezeichnete Ohren und einen sehr leichten Schlaf. Sie öffnete abrupt die Augen. Vor sich sah die Elfe den schlecht beleuchteten Raum ihres Unterschlupfes. Ihr gegenüber erblickte sie eine Liege, auf der Sareth lag und schlief. Aber wo war Rowan? Hatte sie nicht dort gelegen?
Die Elfe richtete sich langsam auf, wobei ein stechender Schmerz durch ihren Körper fuhr. Sie verzog das Gesicht, doch ließ sich ansonsten nichts anmerken. Sie saß für einen Moment auf der Kante der Liege und rieb sich gähnend die Augen. Ein Blick in die Runde zeigte ihr, dass Rowan und Leanora an ihrem Wasservorrat standen und sich unterhielten. Sie schienen noch nicht bemerkt zu haben, dass die Elfe wach war.
Vernita räusperte sich einmal. Dabei fiel ihr auf, das ihre Kehle trocken war, und sie Durst hatte. Ein Schluck Wasser konnte also nicht Schaden. Sie stand auf. Bevor sie sich in Bewegung setzte, warf sie noch einen Blick auf Miandra. Diese schien ebenfalls wach zu sein. Kurzerhand entschloss sich die Elfe, erst nach der schwarzhaarigen Frau zu sehen. Sie ging etwas steifbeinig zu Miandras Liege hinüber. Vor dieser ging sie in die Hocke und blickte der Frau lächelnd ins Gesicht. Miandras Augen sahen Vernita zwar direkt an, doch konnte die Elfe nicht sagen, ob die schwarzhaarige Frau sie auch tatsächlich wahrnahm.
„Hallo“, sagte Vernita mit trockener Stimme. Ja, sie benötigte dringend einen Schluck Wasser. Doch im Augenblick war ihr Miandras Wohl wichtiger. Sie fühlte die Stirn der Frau, welche erhitzt war. Trotzdem schien das Fieber schon etwas nachgelassen zu haben. „Ich hoffe, dass es dir wieder besser geht. Du hast mir echte Sorgen gemacht, weißt du das? Aber was rede ich hier? Du hast sicher Durst. Warte, ich hole dir Wasser.“
Die Elfe stand wieder auf und ging zu dem Wasserfass. Rowan und Leanora nickte sie nur kurz zu, als diese sie bemerkten. Dann ergriff Vernita einen der Becher und füllte ihn mit Wasser. Zuerst nahm sie selbst einen kräftigen Schluck, leerte das Gefäß mit einem einzigen Zug. Sie konnte gar nicht beschreiben, wie gut das tat. Anschließend füllte sie den Becher erneut und schritt damit zurück zu Miandra. Vor deren Liege ging sie erneut in die Hocke.
„So, hier habe ich erst mal etwas zu trinken für dich mitgebracht. Nimm einen Schluck, es wird dir gut tun“, meinte Vernita lächelnd, während sie den Becher zu Miandras Mund führte und ihr etwas Wasser einflößte.


Miandra ließ den Mund geschlossen und wies das Wasser mit einer leichten Handbewegung ab, wodurch der Becher zur Seite kippte und beinahe etwas von dem Wasser verschüttet worden wäre. Natürlich war sie durstig, aber es nagte wohl etwas an ihrem Stolz, wie ein kleines Kind behandelt zu werden, das man füttern musste. Sie hasste es einfach die Hilfe von anderen anzunehmen, verstand aber selbst nicht so recht wieso das so war.
„Hört auf damit so nett zu mir zu sein, mich zu bemitleiden und Euch um mich zu sorgen, und die anderen scheinbar damit anzustecken, das ist doch sonst nicht Eure Art! Oder was hat es gekostet sie davon zu überzeugen mitzuhelfen... Oder sind hier alle lebensmüde?“ sagte sie aggressiv mit kratziger Stimme. Sie hatte zwar keine Ahnung wo sie sich befanden, aber konnte sich an Bruchstücke der Flucht erinnern, wenn auch sehr verschwommen. Sie machte eine kurze Pause in der sie einige Male hustete, dabei schmerzhaft das Gesicht verzog, bevor sie etwas ruhiger fortfuhr. „Die Folter war… schmerzhaft, aber gerecht... ich habe nicht aufgepasst, also musste ich Buße tun... und den Tod, der wäre doch nur eine Erlösung gewesen... sie hätten euch nicht gekannt... ihr hättet weitermachen können... und nun... wahrscheinlich ist diese gesamte verfluchte Stadt voller Wachen die Beschreibungen von uns haben...“
Ihre Stimme wurde immer schwächer. Man merkte, dass ihr das Reden schwer fiel, aber sie wollte einfach alles was ihr durch den Kopf ging loswerden, egal wie viel Kraft es kosten würde. „Und zudem sind wir verletzt... wie sollen wir kämpfen… bis die Wunden verheilt sind... ist es vielleicht zu spät... und die Waffen und Rüstung...“
Miandra hielt einen Moment inne in dem sie vorwurfsvoll geradeaus blickte, scheinbar eher in Gedanken. Sie hatte den Tod akzeptiert, aber er war nicht gekommen, also musste sie weiterplanen, weitersuchen... hatte jedoch keine Ahnung, wie sie das anstellen sollte und ob es überhaupt etwas bringen würde.


„Jetzt halt endlich die Klappe, und trink einen Schluck Wasser“
, entgegnete Vernita mit fester Stimme. „Und wenn du nicht willst, dass ich dir dabei helfe, dann mach es eben selbst, aber du wirst jetzt endlich was trinken.“
Die Elfe drückte Miandra den Becher in die Hand.
„Und warum ich dir helfe, dürfte doch wohl offensichtlich sein, oder? Ich... mag dich eben sehr gern. Und außerdem habe ich dir versprochen, dir deine Tochter zurückzuholen. Und zu wem sollte ich sie schon zurückschicken, wenn du tot bist, kannst du mir das verraten?“
Vernitas Stimme wurde bei ihren letzten Worten deutlich forscher. Sie konnte Miandras abweisende Haltung nicht verstehen. Die Elfe hatte alles aufs Spiel gesetzt, um die schwarzhaarige Frau aus den Klauen der Folterknechte zu befreien. Dabei hatten sie Hennrik verloren, doch das war Vernita ganz egal. Sie hätte auch den Rest der Gruppe geopfert, nur um Miandra zu retten. Und nun machte sie deren Undankbarkeit schon ein wenig wütend. Doch bisher hatte sich die Elfe noch im Griff.
„Und um unsere Sicherheit brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Meinen Tod wollte man schon, bevor ich auch nur einen Fuß in die Stadt gesetzt habe. Genauso geht es Leanora. Somit braucht sie meine Hilfe sowie ich die ihre. Über die Motivation der anderen kann ich dir nichts sagen, doch sie alle wissen, dass wir das hier nur überstehen können, wenn wir als Gruppe zusammenarbeiten.“
Sie machte eine kurze Pause, bevor sie viel ruhiger weitersprach.
„Und das die Folter sehr schmerzhaft war, das weiß ich. Ich hatte da ganz ähnliche Erfahrungen, wie du weißt. Und es tut mir leid, dass du solche Schmerzen erleiden musstest. Ich wünschte, ich hätte dir das irgendwie ersparen können. Doch nun solltest du etwas trinken und dich noch etwas ausruhen. Vor uns liegt noch viel Arbeit. Und dafür musst du wieder zu Kräften kommen. Du darfst nur nicht die Hoffnung aufgeben.“
Vernita konnte selbst kaum glauben, was sie gerade gesagt hatte. Was war nur mit ihr geschehen, seit sie diese Frau kennen gelernt hatte? Wurde sie etwa schwach und verweichlicht? Oder wieder zu einem empfindungsfähigem Lebewesen.


Leanora hielt inne, als sie die Stimmen von Vernita und Miandra vernahm. Die beiden waren also auch aufgewacht, gerade bei Miandra war dies ein gutes Zeichen. Mit einem besorgtem Stirnrunzeln glitt ihr Blick kurz zu Azoth, der noch immer so da lag wie sie ihn gebettet hatten. War er von der Ohnmacht in den Schlaf geglitten? Oder immer noch ohnmächtig? Das bereitete ihr Sorgen, aber ändern konnte sie es nicht.
Sie spitzte die Ohren, um zu hören, was die beiden Frauen sagten, aber als sie hörte, dass Miandra bockte und Vernita versuchte, sie zur Vernunft zu bringen, beschloss Leanora, sich nicht einzumischen. Sie wandte sich in die Richtung von Miandra, ohne aufzustehen und sagte nur mit klarer aber nicht zu lauter Stimme:
„Vernita hat recht Miandra. Akzeptiert es, die einen tun es aus Freundschaft und Vertrauen, die anderen aus Eigennutz. Ich weiß nur, dass ich ohne Euch allen hier nicht lange überleben würde.“
Damit war für sie dieses Thema fürs erste beendet und Leanora vertiefte sich wieder in Tjarks Briefgeheimnisse.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:18 pm

Hauptmann, Ihr seid schmutzig, ein Tier! Derlei Lasterhaftigkeit musste ich noch nie ertragen! Wenn Worte Eure Lippen verlassen, sind sie so voller Zweideutigkeit, das sprengt jedes gesittete Vorstellungsvermögen! Aber Ihr seid göttlich, hemmungslos, wild, zügellos... ich brauche Euch. Ich will Eure Stärke spüren, Eure Leidenschaft auskosten bis zur absoluten Ekstase. Wenn dann unsere Herzen im Gleichschlag sind wie das Flügelpaar eines Schmetterlings, dann bin ich glücklich. Ich bin süchtig nach Euch, und fiebere unserem Beischlaf entgegen. Meine Gedanken kreisen nur noch um Euch, unsittlich, lasterhaft, und meine Hände streicheln mein intimes Dreieck, da ich die Sehnsucht kaum noch aushalte. Ich verzehre mich nach Euch! Würdet Ihr mich das nächste Mal von hinten nehmen? Und bringt Euren Butler wieder mit, zu dritt hat es noch mehr Spaß gemacht! Ergebenst, Eure Valeria.

Leanora riss die Augen auf. Beim Erbauer! Tjark hatte wohl alles andere als keusch gelebt. Nun, dass er Erfahrung hatte, hatte sie an seinem Kuss gespürt. Aber was auf diesem Papier stand, trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht. Es ging ihr nicht in den Kopf, dass er da wirklich mitgemacht hatte. Aber wie sagte einst ihr geliebter Vater: ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert. Da spielte er jedoch auf eine Witwe aus dem Nachbardorf an, die es nach dem Tod ihres Mannes wohl auch sehr bunt getrieben hatte. Sie konnte sich noch gut erinnern, wie abfällig er über die Frau gesprochen hatte. Wurde über Tjark auch so gelästert? Hatte er seinen Ruf weg?
Die nächste Notiz machte es nicht gerade besser:

Mein Herr, ich habe unser Stelldichein im Separee sehr genossen. Kurz und erfüllend, diskret und dennoch in der Öffentlichkeit, von den Besuchern der Gaststube nur durch einen Vorhang getrennt. Die Hosen lediglich soweit wie nötig herunter gelassen, Euren athletischen Körper an meinem Rücken, ein Keuchen unterdrückend. Gegen eine Wiederholung wäre ich nicht abgeneigt. Der Bote wird auf Eure Antwort warten und mir überbringen. William.


Leanora wurde langsam aber sicher wirklich übel. Schnell nahm sie das nächste Schreiben zur Hand.

Die Idee, Lederriemen über den Deckenbalken zu legen und mich daran fest zu hängen war fantastisch. Allerdings hatte ich es mehr genossen, als du mich bäuchlings über den Tisch gelegt hast, die Beine noch fest am Boden stehend. Es war herrlich, dich in meinem Hinterausgang zu spüren... aber mein Anus brennt heute noch. Du bist besser gebaut, als meinem Hintern gut tut! Morgen Mittag hätte ich Zeit... ich besorge Rosenöl. Marc.

Angeekelt legte sie den Brief weg. Er hatte also auch mit Männern geschlafen, wohl die ganze Damenwelt Denerims beglückt, und hatte es nun auch noch auf sie, Leanora, abgesehen. Vernita hatte eventuell doch recht mit ihrer Vermutung, dass ihn ihre Unschuld und Jungfräulichkeit reizte. Leanora war furchtbar enttäuscht von dem Bild, welches sie vom Kommandanten Tjark von Talisker erhielt.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:20 pm

Miandra fixierte Vernita einen Augenblick lang, in welchem sie die Worte der Elfe auf sich wirken ließ, bevor sie sich wieder auf die Seite legte - was ziemlich kompliziert aussah. Nachdem sie einige Male nach Luft geschnappt hatte, da die Bewegung durchaus anstrengend war, trank sie langsam bis der Becher geleert war. Dabei verschüttete sie zwar einiges von dem Wasser, da ihre Hände zitterten, aber das war ihr ziemlich egal, sie wollte keine Hilfe.
Anschließend stellte sie den Becher wackelig neben sich ab, hustete einige Male leicht, bevor sie seufzte und für einen Moment die Augen schloss. Das Wasser tat ihrer trockenen Kehle gut, aber für sie schien es unwichtig.
„Ich verstehe...“ natürlich log Miandra, sie verstand es überhaupt nicht, hatte jedoch im Moment keine Lust darüber zu diskutieren. Sie verstand die Beweggründe der anderen nicht, auch wenn Leanora meinte sie tue das aus Eigennutz. Wie konnte sie das ernst nehmen? Diese hatte wohl Angst vor dem Tod, da sie auf die Hilfe der anderen angewiesen war, stürzte sich jedoch mitten in ein Gefängnis um ihre Chancen auf das Leben noch weiter zu mindern? Und sie hatte keine Ahnung was mit Vernita los war. Sie hätte die Elfe nicht für so dumm gehalten, ihr Leben tatsächlich aufs Spiel zu setzen für jemand anderes, selbst wenn sie diesen jemand irgendwie gern hatte, das lag zumindest aus Miandras Sicht nicht in der Natur der Elfe, so wie sie diese kennengelernt hatte. Versprechungen... sowas sind doch meist auch nur leere Worte. Und war es nicht gerade Vernita, die solchen Aussagen keinen Glauben schenkte, und nun selbst so etwas sagte? Und Hoffnung? Natürlich hatte sie diese bereits aufgegeben da sie am Rande des Todes stand, hatte sich aber scheinbar geirrt, aber selbst wenn... es würde Tage dauern, bis sie wieder zu Kräften kommen würde, und wahrscheinlich Wochen bis sie wieder kampftauglich war... Die Aussichten, dass ihre Tochter bis dahin noch am Leben sein würde, war genau so hoch, wie wenn der Erbauer höchst persönlich vor ihr erscheinen würde. Und selbst wenn, wie sollten sie so angeschlagen weitermachen? Seit wann war Vernita so positiv eingestellt? Miandra fühlte sich wie in einer falschen Rolle und wäre nicht alles so real gewesen, hätte sie das Ganze als schlechten Traum abgestempelt. Wahrscheinlich vergaß sie dadurch auch komplett, wie dankbar sie eigentlich dafür sein sollte, dass sie so opferbereite Personen kennen gelernt hatte. Sowas konnte sich schließlich noch als nützlich erweisen... und dennoch konzentrierte sie sich einfach zu sehr auf die Frage nach dem Warum, als darauf was die Gruppe eigentlich geleistet hat.
„Und wie sieht der Plan aus, nachdem ich wieder... zu Kräften gekommen bin?“ fuhr Miandra schließlich fort, öffnete die Augen wieder und blickte Vernita skeptisch an. Sie wusste nicht warum sie so versteift darauf war zu wissen wie es weitergehen würde, und warum sie so undankbar erschien. Vielleicht wusste sie einfach nicht anders mit der Situation umzugehen, aber immerhin lenkte sie das Ganze etwas von all den Schmerzen ab.


Zufrieden sah Vernita, dass Miandra das Wasser trank. Sie wusste doch, dass die Frau durstig sein musste, konnte aber immer noch nicht verstehen, warum diese so unvernünftig war. Sie verhielt sich genauso stur wie... ja, wie sie selbst eben.
„Unser primäres Ziel heißt im Moment, einfach am Leben zu bleiben“, erwiderte die Elfe ernst. „Nach unserer Befreiungsaktion werden unsere Feinde wahrscheinlich jedes Haus in der Stadt aufbrechen, um uns aufzuspüren. Mit etwas Glück finden sie aber dieses Versteck nicht. Sobald es etwas ruhiger geworden ist, können wir wieder zur Tat schreiten.“
Vernita machte eine kurze Pause, in der sie sich reckte. Dabei verzog sie das Gesicht, da sich ihre Wunde bemerkbar machte. Sie wartete einen Moment, bis der Schmerz nachließ, bevor sie weitersprach.
„Unser Ziel ist der neue Arl von Denerim. Er und seine rechte Hand Eshtá Gianauro stecken wohl hinter den Kindesentführungen. Nur leider wird es schwierig werden, an diese Leute heranzukommen. Unsere beste Chance ist die Kirche der Stadt, da sich dort jemand aufhalten soll, der ebenfalls in die Sache verstrickt ist. Sobald es hier etwas ruhiger geworden ist, werden wir dort nach weiteren Spuren suchen. Doch bis dahin haben wir noch Zeit, uns auszuruhen und gesund zu werden. Und das solltest du jetzt auch. Schlaf jetzt. Ich werde später nach dir sehen und prüfen, ob dein Fieber weiter gesunken ist. Ansonsten mache ich dir ein paar kalte Umschläge. Und nun ruh dich aus.“
Die Elfe stand auf und ging zu ihrer Liege zurück, auf die sie sich setzte. Schwermütig hing sie ihren Gedanken nach. Sie hatte Miandra gesagt, dass alles gut werden würde, doch selbst daran glauben tat sie nicht. Durch diese Befreiungsaktion wurde ihre Mission weitaus komplizierter, wenn nicht gar aussichtslos. Ihr Feind, der Arl, würde inzwischen wissen, dass Vernita und ihre Gefährten in der Stadt waren, um ihn zu töten. Und er würde sich nun mit noch mehr Wachen umgeben und alles daran geben, sie alle unter die Erde zu bringen.
Trotzdem würde Vernita nicht aufgeben. Niemals! Sie hatte nicht Miandra aus dem Knast befreit, um jetzt klein beizugeben. Außerdem war sie schon in schlimmeren und aussichtsloseren Situation, die sie alle gemeistert hatte. Sie brauchte dabei nur an die letzte Verderbnis zurückzudenken.
Die Elfe legte sich wieder hin, doch konnte sie nicht wieder einschlafen. So lag sie dort mit geöffneten Augen und beobachtete den schlafenden Sareth, der auf Liege direkt vor Vernita lag.


Der Arl von Denerim... da hätten sie ja gleich Königin Anora als Feind haben können... und die Kirche... viel zu mächtig und zu weitläufig verbreitet, was sie vorhin zwar schon wusste, aber nun schien es ihr noch viel komplizierter. Was es auch war, da man nun nach ihnen suchte.
Zeit um sich auszuruhen… sie hasste es so unfähig zu sein. Wer wusste was in der Zeit die sie hier verbrachten alles mit den Kindern geschehen würde... oder bereits geschehen ist? Miandra wusste nicht einmal wie viel Zeit, seitdem sie die Taverne verlassen hatte, überhaupt vergangen war. Erholen und schlafen... wie sollte sie jetzt wo sie endlich wieder klarer denken konnte schlafen? Ihr Kopf begann beinahe zu schmerzen, weil sie sich so viele Gedanken über die Situation machte. Es war nicht so, dass sie nicht müde oder erschöpft war, aber sie wollte nicht schlafen... Fast schon so als hätte sie Angst davor einzuschlafen, und würde sich stattdessen lieber mit sinnlosen Gedanken, die sie davon abhielten, beschäftigen. Daher blieb sie einfach nachdenklich liegen, starrte auf eine Kerze, und beobachtete, wie das Wachs langsam an den Seiten herunter tropfte.
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:21 pm

Leanora überlegte, ob sie weiter lesen sollte, aber die nächste Handschrift kam ihr wieder bekannt vor. Es war die seiner Schwester. Das nahm ihr die Entscheidung ab.

Mein geliebter Bruder,
Papa ist gestorben. Gestern auf der Treibjagd hatte ihn ein Eber mit seinem Hauer erwischt, und Papa wurde schwer verwundet. Sein gesamter Unterkörper war aufgeschlitzt und...


hier fehlten einige Teile, weil Tränen die Tinte gelöscht oder sehr verwischt hatten.

...Mama trägt es ziemlich gefasst, aber ich glaube, sie tut nur so. Ich sehe, dass sie geweint hat. Du musst nicht zur Bestattung kommen. Anhand des warmen Wetters wird das recht schnell von statten gehen, und du würdest ohnehin zu spät eintreffen. Ich werde eine Rose in deinem Namen ablegen. Mama und ich schaffen es auch so.
Die Hochzeit verschieben wir nun auf nächstes Jahr, ich bin mir sicher, du wirst das verstehen. Ich vermisse dich. Deine Schwester Madeleine.


Leanoras Herz zog sich vor Mitgefühl zusammen. Irgendwie mochte sie Tjarks Schwester, sie hörte sich in ihren Briefen immer so unbeschwert und fröhlich an, gerade heraus und ehrlich. Sie freute sich, dass das nächste Blatt wieder die Handschrift der Schwester aufwies, und hoffte, etwas erfreuliches zu lesen.

Tjark! Bitte hilf, komm her und hilf! Ich kann dir leider nichts Genaueres mitteilen, aber Mama wird dir sicher schreiben. Bitte, vergeude keine Zeit! Ich flehe dich an, lass alles stehen und liegen, wenn ich dir noch ein Kupferstück wert bin! Madeleine.

Bei Andraste! Was war passiert? Leanora fühlte sich, als würde eine eisige Hand nach ihrem Herz greifen. Sie sorgte sich um Tjarks Schwester, als wäre es ihre eigene. Hastig nahm sie den nächsten Brief zur Hand, geschrieben von der Mutter.

Mein Sohn, Madeleine hat dir sicher schon geschrieben und dich um Hilfe gebeten. Seit dein Vater tot ist, hat sich Madeleines Verlobter, Kjeld, zu einem Tyrannen entwickelt. Ich selber komme nicht gegen ihn an, aber er tut mir wenigstens nichts. Er hat sich hier häuslich eingerichtet, wenn ich etwas sage, lacht er mich aus und meint, was wir denn sonst ohne Mann im Haus tun würden, der Hof würde doch über kurz oder lang vor die Hunde gehen. Leider hat er nicht so unrecht, die Knechte nehmen mich und Madeleine nicht ernst.
Kjeld betrinkt sich regelmäßig, und wenn er vom Wirtshaus heimkommt, dann zwingt er deine Schwester, ihm beizuwohnen. Wehrt sie sich, schlägt er sie grün und blau. Und ich bin zu schwach, um ihr zu helfen. Du glaubst nicht, wie sehr mich das verzweifeln lässt. Zusehen zu müssen, wie sein Kind geschlagen wird, und es nicht ändern zu können... das geht über meine Kraft. Letztens hat er sie mit solcher Wucht gegen die Mauer geschleudert, dass sie sich eine Rippe gebrochen hat.
Jetzt hat sie auch noch ihr Kind verloren. Sie war schwanger, wir haben es erst kurz vor Vaters Unfall erfahren, ich weiß nicht, ob sie es dir noch erzählt hat. Sie hat sich so auf das Kind gefreut! Aber ihr Verlobter... er war nicht einmal betrunken, sondern kam von der Feldarbeit heim. Als das Abendessen noch nicht fertig war, ist er ausgerastet und hat Madeleine einen Faustschlag in den Magen verpasst. Du weißt, wie zierlich deine Schwester ist...
Bitte komm so schnell wie möglich und erlöse uns von diesem Tyrann. Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte. Lieber verkaufe ich den Hof und ziehe mit meiner Tochter in die Stadt.
In Liebe, deine verzweifelte Mama.


Leanora war schockiert. Was musste dieses Mädchen wohl mitmachen? Den Vater zu verlieren, den sie auch abgöttisch geliebt hatte tat verdammt weh, wie Leanora am eigenen Leib erfahren hatte. Von ihrem Verlobten vergewaltigt und misshandelt zu werden, das konnte sie sich in den tiefsten Winkeln ihrer Seele nicht vorstellen. Das war einfach grauenhaft und sadistisch.
Madeleine war ihr vertrauter, als sie gedacht hätte. Und sie wusste auch, warum: Tjarks Schwester erinnerte sie an sich selber. Und der Umgangston, den Madeleine in ihren Briefen anschlug, war der gleiche, den Leanora mit ihrem Bruder Richard gepflegt hatte.
Sie war gespannt, wie es weiterging, und nahm den nächsten Bogen zur Hand.

Mein geliebter Bruder!
Ich bin Dir so unendlich dankbar! Meine Seele blutet zwar noch immer, den Verlust meines Kindes werde ich nicht so schnell verwinden können, auch nicht, was mir dieses Schwein angetan hat. Ob ich je wieder einem Mann vertrauen kann, weiß ich nicht, aber ich habe auch keinen Bedarf an körperlicher Zuwendung.
Ich sehe es immer noch vor mir, wie du Kjeld sehr nachdrücklich deine Meinung gesagt hast (ich glaube du hast ihm die Kiefer gebrochen, aber das hat er verdient) und ihm dann gedroht hast, ihn hängen zu lassen, wenn er nicht augenblicklich verschwindet...
Nun, ich fühle keinerlei Trauer in mir, dass es dann tatsächlich so gekommen ist. Du hattest ihn schließlich gewarnt. Papa sagte immer, wer nicht hören will, muss fühlen. Wie hast du es nur so schnell geschafft, den Kerl der Justiz zu übergeben? Und dann tatsächlich ein Todesurteil erwirken zu können?
Das Geräusch, welches sein brechendes Genick verursachte, macht mir keine Angst oder lässt mich schlecht träumen, im Gegenteil. Die Welt wurde von diesem Abschaum befreit. Und ich bin froh, dass ich das sehen konnte, mich überzeugen durfte, dass er tatsächlich tot ist und keine Gefahr mehr darstellt.
Mama hat einen Pächter für den Hof gefunden. Der Nachbar wird das Land bestellen, darf den Ertrag behalten, bis auf das was wir zum Leben brauchen, und wir können im Haus bleiben. Das werden wir aber noch ein wenig umbauen, ich will nichts mehr darin sehen, was mich an diese schreckliche Zeit erinnert. Und Mama hat hier zu viele Erinnerungen an Papa. Sie lässt dich grüßen und wünscht sich nur, dass du endlich ein wenig bodenständiger wirst, und deine Weibergeschichten einschränkst. Es würde sonst noch böse enden, meinte sie.
Ich hoffe, du hast deine Erkältung nun auskuriert, die du dir hier zugezogen hast. Und ich hoffe, du besuchst uns bald.
In inniger Verbundenheit – Deine dich liebende Madeleine.

Leanora schluckte. Durch das Lesen der Briefe war Tjark lebendig, sie lernte ihn kennen. Seiten, die sie schockierten, aber auch Seiten, die es wert waren, dass er geliebt wurde. Leanora vergaß dabei sogar beinahe, dass er tot war. Vergiftet, durch ihre Hand.
Es war spät geworden, und sie war müde vom Lesen. Sie wickelte sich aus ihrer Decke, trank einen Schluck Wasser und legte sich letztlich hin, um ein wenig zu schlafen. Die Kerze stellte sie jedoch etwas weiter an ihr Kopfteil, das Flackern des Lichts warf Schatten an die Wand. Es beruhigte sie, deren Spiel zusehen zu können. Sie starrte auf die Schatten, und lautlos liefen die Tränen über ihre Wangen. Mochte Vernita sagen was sie wollte, aber sie war sich immer sicherer, dass sie Tjark wirklich liebte. Ihr Leben schien komplett durcheinander zu geraten, wie gerne hätte sie nun Richard ihr Herz ausgeschüttet. Er hätte sie getröstet und Rat gewusst. Leanora fühlte sich einsamer denn je.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:24 pm

Rowan schüttelte nur kraftlos den Kopf als Antwort auf Leanoras Frage. Sie bemerkte, dass die Frau das Kleid bereits ausgezogen hatte. Doch man hätte es sowieso nicht mehr anziehen können, da es wie Rowan auf der Flucht bemerkt hatte, stark zerrissen war. Aber sie hatte sich nie viel aus Kleidern gemacht. In ihrer Lederrüstung fühlte sie sich wesentlich wohler. Das erinnerte sie daran, dass sie sich bald eine neue zulegen müsste. Heute hatte sie wieder einiges abbekommen, doch leider würde sie sich in der nächsten Zeit in Denerim öffentlich nicht mehr blicken lassen können.
Rowan nahm noch eine Kelle voll Wasser, während sie Vernita und Miandra bei deren Gespräch beobachtete. Missmutig sah sie, das die Schwarzhaarige anscheinend nicht zu schätzen wusste, was die Gruppe für sie getan hatte. Hennrik hatte sogar sein Leben gelassen. Ein wenig Dankbarkeit wäre sicher nicht fehl am Platz gewesen. Sie schaute zu Sareth herüber, der weiterhin tief und fest schlief. Auch der komische Elf schlief und war während der ganzen Zeit kein einziges Mal aufgewacht. Vielleicht war dies besser für ihn, dann bekam er seine Schmerzen nicht mit, während sich sein Körper erholen konnte. Er würde noch früh genug erwachen und sein Leid in voller Stärke auskosten können.
Eigentlich wollte sie sich nicht wieder schlafen legen, aber andererseits war ihr Körper noch ziemlich angeschlagen und sie hätte sowieso nicht gewusst, was sie hier unten tun sollte. Auch Leanora war anscheinend gerade dabei, sich schlafen zu legen. Außerdem war ihr nicht nach reden zumute.
Sie zögerte kurz. Sollte sie sich einfach wieder zu Sareth legen? Sie war sich noch nicht sicher, wie sie über die Situation denken sollte. Er hatte sich auf der Flucht um sie gekümmert und sie sogar geküsst. Sie hatte es zu gelassen und auch genossen. Doch war sie wirklich bereit für das, was sich zwischen ihnen zu entwickeln schien? In ihrem ganzen Leben war sie auf sich allein gestellt gewesen, musste nur sich selbst vertrauen und war unabhängig von anderen gewesen. Etwas anderes kannte sie nicht. Sollte sie sich wirklich darauf einlassen? Noch konnte sie einen Rückzieher machen.
Ein Teil von ihr sehnte sich danach, sich in die Arme des Mannes zu legen und sich einfach fallen zu lassen. Doch der andere Teil, der im Moment deutlich stärker schien, wehrte sich dagegen. Am liebsten wäre sie an Ort und Stelle sitzen geblieben, doch ihr geschundener Körper sehnte sich nach eine weichen Matratze und es war keine freie mehr vorhanden, die sie hätte nutzen können. Außerdem fing ihr Körper bereits wieder an, zu zittern und in seinen Armen war es warm gewesen. Auch wenn sie sich noch nicht entschieden hatte, würde es wohl nicht schaden, sich wieder zu ihm zu legen, redete sie sich zu. Mit schmerzenden Gliedern erhob sie sich von ihrem Platz und begab sich zurück zu ihrer Liege und legte sich vorsichtig neben den Krieger. Wecken wollte sie ihn nicht, er hatte sich seinen Schlaf verdient. Doch trotzdem reagierte er sofort auf sie. Er rutschte nah an sie heran und legte den Arm über ihren Bauch. Sofort versteifte sich Rowan und wurde unbeweglich. Nur mit großer Überwindung schaffte sie es nach und nach, ihre Muskeln zu entspannen und die Augen zu schließen. Sie lag auf dem Rücken neben Sareth und starrte hinter geschlossenen Augendeckeln ins Dunkle, unfähig einzuschlafen.


Sareth erwachte kurz nachdem Rowan sich zu ihm gelegt hatte. Er öffnete langsam die Augen und sah Rowan mit geschlossenen Augen vor sich liegen. Er sah sie für eine Weile einfach nur an. So als wolle er sich ihren friedlichen Gesichtsausdruck genau einprägen. Er drückte sich noch etwas fester an sie und legte seine Hand auf ihren Bauch.
Er lehnte sich etwas über sie und gab er ihr einen Kuss auf die Wange.


Rowan spürte, wie sich Sareth zu ihr herüber beugte. Im nächsten Moment fühlte sie seine Lippen auf ihrer Wange. Ein heftiges Zucken durchfuhr ihren Körper und ihre Augenlider flogen auf. Die schnelle Bewegung brachte die Schmerzen ihrer Verletzungen wieder zurück und ein Stöhnen entfuhr ihren Lippen. Jeder Muskel ihres Körpers war angespannt und sie wartete darauf, was als nächstes passieren würde.
Ihre Gedanken flogen wild durcheinander. Ein Teil von ihr wollte augenblicklich fliehen und sie musste alle Kraft aufbringen, um dem Drang zu widerstehen.


Sareth sah wie unglaublich erschrocken Rowan war. Er wollte sie nicht so aus der Bahn werfen, aber er konnte einfach nicht widerstehen. Er nahm seine Hand von ihrem Bauch und fuhr ihr damit durchs Haar. Dann fasste er sie sanft an ihrer anderen Wange und drehte ihren Kopf zu sich, sodass sie sich ansehen konnten. Einen Augenblick lang sah er ihr in die Augen, bevor er sie auf den Mund küsste und ihr währenddessen mit dem Daumen sanft über die Wange strich.
Nach dem Kuss war er noch immer über sie gebeugt. Er wartete darauf wie sie reagierte - oder ob sie überhaupt reagieren würde.


Rowans Herz setzte für einige Schläge aus, als Sareth sie küsste. Seine Lippen lagen unglaublich sanft auf ihren und ihr Verstand war dabei, wegzudriften. Die Haut unter seiner Hand brannte wie Feuer und heiße Wellen durchfluteten ihren Körper. Fast wehmütig spürte sie, wie er seinen Mund wieder von dem ihren löste. Sie starrte ihn an und verlor sich in seinen Augen. Ihre Lippen öffneten sich, doch kein Laut drang aus ihrem Mund. Ihre Kehle war viel zu trocken.
Wieder kam der Drang in ihr hoch, aufzuspringen und zu fliehen. Weg von hier. Wieder in die vertraute Einsamkeit zurück. Doch sie konnte nicht. Sie würde nicht lange überleben können, ohne einen Blick in seine Augen. Zu viele Gefühle, die sie nie gekannt hatte, hatten sich in den letzten zwei Tagen entwickelt. Nie zuvor hatte sie sich so gefühlt.
Vergessen war plötzlich der Schmerz und die Anstrengung des vergangenen Tages. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ein leichtes Zittern lief durch ihren Körper. Jedoch war ihr im Moment alles andere als kalt.
Wieder wollte sie etwas sagen, doch sie war unfähig dazu. Chaos herrschte in ihrem Kopf und sie wusste weder aus noch ein.


Sareth lächelte Rowan an. Er konnte einfach nicht anders als über beide Wangen ein kleines Lächeln hervor zu bringen, wenn er sie ansah. Er streichelte wieder über Rowans Wange, dann küsste er sie erneut. Aber diesmal länger und inniger. Währenddessen wanderte seine Hand wieder zu ihren Bauch und strich langsam und zärtlich über ihn. Dann stütze er sich mit seiner Hand auf der Liege ab, um mehr Halt zu haben. Er beugte sich noch mehr über Rowan und küsste sie erneut.
Nach einiger Zeit legte er sich wieder neben sie und schloss sie in seine Arme.


Vernita beobachtete Sareth und Rowan von ihrer Liege aus. Und mit einem Mal überkam sie ein Anflug von Wut. Wut über diesen Kerl, den sie ohnehin nicht leiden konnte. Er behauptete, Rowan zu mögen, doch die Elfe hatte eher das Gefühl, dass er nur ihren augenblicklichen Zustand der Schwäche und Hilflosigkeit für sich ausnutzen wollte. Sah er nicht, wie es um die blonde Frau stand? Konnte er nicht sehen, dass diese schwer verletzt worden war und vor allem Ruhe und nicht seine albernen Annäherungsversuche brauchte.
Vernita mochte Rowan. Und das schon seit sie diese in den Ruinen von Ostagar zum ersten Mal getroffen hatte. Und nun schien sie allmählich diesem sexsüchtigen Penner nachzugeben. Was hatte er bisher schon groß getan, dass er wagte, sich soviel rauszunehmen? Nicht einmal sein plumper Rettungsversuch Rowans wäre geglückt, wenn die Elfe nicht eingegriffen hätte. Und jetzt setzte er die Genesung der blonden Frau aufs Spiel, nur um seinen primitiven Gelüsten nachgehen zu können. Das konnte und wollte Vernita nicht zulassen.
„Hey, Kleiner“, rief sie von ihrer Liege aus, ohne sich aufzurichten. „Willst du Rowan nicht erst einmal wieder gesund werden lassen, bevor du die wie ein notgeiler Köter auf sie stürzt?“


Rowan loderte innerlich. Ihre Fingerspitzen und Zehen kribbelten und ihr Atem beschleunigte sich. Sie gab sich seinem Kuss vollkommen hin. Ohne ihr Zutun drückte sich ihr Körper fester an seinen heran. Sie fühlte sich schwindelig und ihr Blick brannte vor unausgesprochenem Verlangen. Seine Arme gaben ihr Wärme und Trost und seine Zuneigung war wie Balsam für ihre Seele. Für einen Moment vergaß sie den Tod und die Schmerzen um sich herum. Ihr Herz kam zur Ruhe und sie schloss entspannt ihre Augen.
Erst Vernita holte sie zurück in die Wirklichkeit. Die Stimme der Elfe klang in der vorherigen Stille laut und hart. Rowan drehte sich zu ihr herum und schaute sie ruhig an.
„Mir geht es gut, Vernita. Aber ich bin Euch dankbar für Euer Mitgefühl. Macht Euch keine Sorgen.“


„Das mögt Ihr ja im Moment denken“
, erwiderte Vernita kühl. Sie konnte sich genau vorstellen, was in diesem Moment in Rowan vorging. Sie war offenbar auf der Suche nach Trost und Zuwendung. Vielleicht hatte das auch mit Hennriks Tod zu tun. Zumindest hatte sie den anderen noch nicht gesagt, wie der alte Mann letztendlich gestorben war. Möglicherweise gab sie sich sogar die Schuld für dessen vorzeitiges Ableben. Und auch wenn die Elfe der jungen Frau das Glück gönnte, welches sie wohl jetzt gerade empfand, so wusste sie auch, dass es Rowan im Augenblick mehr schaden als nutzen würde, wenn die Dinge außer Kontrolle geraten sollten.
„Aber Ihr seid momentan nicht in der Verfassung für ein Techtelmechtel mit diesem Kerl da“, fuhr Vernita fort, wobei sie versuchte, möglichst sachlich zu klingen. „Das kann leicht eine Eigendynamik entwickeln, die Eurer Gesundheit mehr als abträglich sein könnte. Ich habe nicht Euretwegen einen Bolzen eingefangen, um Euch dabei zuzusehen, dass für ein bisschen Sex riskiert, dass sich Eure Wunden wieder öffnen. Kuriert erst einmal Eure Verletzungen aus. Danach könnt Ihr immer noch überlegen, ob es dieser Kerl überhaupt wert ist, Eurer Liebhaber zu werden.“


Sareth richtete sich auf, sodass er Vernita sehen konnte. Ein fast schon schelmisches Lächeln machte sich auf seinen Gesicht breit und seine Augen funkelten in einem jugendlichen Licht.
Ohne viel zu überlegen und mit einer fremdlichen Stimme erwiderte er diese Ansprache von Vernita an Rowan. „Eifersüchtig?“


Rowan wurde leicht ärgerlich über Vernita.
„Ihr wollt mir damit sagen, dass Ihr Euch in Eurem Zustand um Miandra kümmern könnt während ich mich unbedingt schonen soll? Ich meinte es ernst, als ich mich für Eure Fürsorge bedankt hab‘, aber ich bin alt genug um selber zu wissen, was gut für mich ist und was nicht. Und mein Zustand wird sich nicht verschlechtern, wenn ich in den Armen eines Freundes liege.“ sie schnaubte und drehte der Elfe wieder den Rücken zu.


„Nun, von einem sexistischen Schwein wie dir hatte ich nichts anderes erwartet, als so eine unqualifizierte Bemerkung, Kleiner“
, entgegnete Vernita verächtlich auf Sareths Einwurf. „Und ich mache dich darauf aufmerksam, dass ich mit Rowan gesprochen habe, und nicht mit dir.“
Die Stimme der Elfe wurde etwas ruhiger, als sie weitersprach. „Und wir beide haben wohl eine unterschiedliche Vorstellung darüber, was es heißt sich um jemanden zu kümmern, Rowan. Oder hatte es für Euch vielleicht den Eindruck, als wollte ich wie eine läufige Hündin über Miandra herfallen? Nur bei euch beiden sah es mir nicht so aus, als würdet ihr euch nur in den Armen halten. Ich hatte eher das Gefühl, als würdet ihr inzwischen die anderen durch euer Stöhnen aufwecken, wenn ich nichts gesagt hätte. Oder wollt Ihr mir etwa weismachen, dass es nicht dazu gekommen wäre und dass Euch der Sex in Eurer jetzigen Verfassung mehr geschadet als geholfen hätte?“


Rowan zischte genervt.
„Kümmert Euch nicht um Sachen, die Euch nichts angehen. Für Euch gibt es anscheinend nichts anders, außer Sex, das zwischen einer Frau und einem Mann passieren kann!“
Sie zog die Decken hoch bis unter das Kinn.
„Es tut mir wirklich leid, dass Ihr so denkt. Und nun lasst uns endlich schlafen. Das solltet Ihr übrigens auch tun.“


„Nun, solange eine solche Beziehung von einem Mann ausgeht, wird es immer nur auf Sex hinauslaufen, Rowan“, meinte Vernita mit fester Stimme. „Das werdet Ihr auch noch früh genug feststellen müssen, verlasst Euch darauf. Aber in Eurem derzeitigen Gemütszustand hat es eh keinen Sinn, weiter mit Euch darüber zu diskutieren. Und Ihr habt recht, wir benötigen alle etwas Schlaf. Also erholt Euch gut.“
Die Elfe schüttelte leicht den Kopf. Sie konnte nicht fassen, wie naiv Rowan doch war. Sie schien wirklich keinerlei Erfahrung mit Männern zu haben. Sonst würde sie so einen romantischen Quatsch nicht von sich geben. Vernita selbst war noch keinem Mann begegnet, dem es nicht vorrangig um Sex ging, wenn er sich mit einer Frau einließ. Außer dieser Kerl interessierte sich selbst nur für Männer. Oder hatte die Elfe nur nie mit einem solchen Mann zu tun gehabt? Sollte es tatsächlich Männer geben, die nicht nur auf Sex fixiert waren? Und sollte ausgerechnet Sareth ein solcher Mann sein? Nun, das würde wohl nur die Zeit zeigen, doch bisher konnte sie der Söldner nicht davon überzeugen, dass er anders war, als die Kerle, mit denen es Vernita bisher zu tun hatte.
Sie schloss die Augen und versuchte etwas zu schlafen, doch es wollte ihr irgendwie nicht gelingen. So lag sie einfach da und hing ihren Gedanken nach.


Miandra konnte zwar weder Sareth und Rowan, noch Vernita von ihrer Liege aus sehen, aber dennoch lauschte sie dem Gespräch. Sie kannte Sareth nur von der Begegnung in der Taverne, wie er über Rowan herfiel und diese bedrohte, und nun tat er dies offenbar schon wieder? Miandra verstand nicht, wieso er überhaupt unter ihnen war... vielleicht würde er die Situation, dass sie alle verletzt waren, noch zu seinen Gunsten nutzen!
Nachdem sie glaubte, dass alle schlafen würden, versuchte sie sich aufzusetzen. Ihr tat bereits alles noch mehr weh, da sie immer nur in derselben Position liegen konnte. Am liebsten wäre sie etwas auf und ab gegangen, um die Muskeln wieder etwas entspannen zu können. Doch das war wohl ein Wunschdenken, denn sie schaffte es gerade so mit Ach und Krach, sowie vielen murmelnden Flüchen, sich aufzusetzen. Alles schien zu spannen, zu drücken und pochen. Vorsichtig lehnte sie sich seitlich mit dem Kopf an die kühle Wand, spürte wie ihr Schweiß an den Schläfen hinab lief, und musste einige Momente angestrengt atmen.
Sie hustete einige Male und erst nachdem sich ihre Atmung etwas beruhig hatte, blickte sie sich um, ließ den Kopf jedoch an der Wand angelehnt. Der kühle Stein war irgendwie angenehm auf ihrer erhitzten Stirn, und ihr Kopf fühlte sich so schwer an, dass er eine Stütze brauchte.
Sie erkannte erst nach längerem Hinsehen, wie Sareth und Rowan nebeneinander lagen. Irgendetwas daran machte sie stutzig. Es sah irgendwie nicht so aus, wie sie es sich vorgestellt hatte und das verwirrte sie noch mehr, als sie es ohnehin schon war. Die Zuwendung der beiden sah so... anders - ihr fiel kein anderes Wort dafür ein - aus. Erinnerungen an die Beziehung zwischen ihrem Vater und ihrer Mutter, an sich selbst und ihrem Mann, sowie an andere Frauen und deren Erzählungen kamen zurück, und ihr wurde schlagartig klar, dass sie sowas noch nie gesehen hatte. Wo sie her kam, war es generell untersagt in der Öffentlichkeit herumzumachen oder darüber zu sprechen. Solche Sachen wurden eher unter den Tisch gekehrt und ignoriert. Oder war sie selbst es, die es ignorierte?
Sie wandte den Blick ab und starrte wieder auf eine der Kerzen. Ihre Gedanken schienen um alles Mögliche zu kreisen und trotz der extremen Erschöpfung wollte sie sich nicht schlafen legen.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:29 pm

Brangroth betrat den großen Versammlungsraum. Der Riese musste den Kopf einziehen, um ihn sich nicht am Türrahmen zu stoßen. Der Raum selbst war relativ schlicht eingerichtet. An den Wänden hingen die Wappen des Landes und der verschiedenen Arltümer. Die Kronleuchter an der Decke sorgten für ausreichend Licht. In der Mitte stand ein langer Holztisch, an dem mehrere Stühle platziert worden waren. An dieser Tafel saßen sie. Sieben Gestalten, die der Leutnant gut kannte und deren Anwesenheit er verlangt hatte.
Da war zum einen ein Söldner, der nur „der Qunari“ genannt wurde, eben weil er ein solcher war. Es war ein riesiger Kerl, fast so groß wie Brangroth selbst und auch fast ebenso breit. Der Qunari hatte eine dunkle Hautfarbe und man sagte über ihn, dass er in seinem Leben mehr Leute umgebracht als Worte gesprochen hatte. Das war mit Sicherheit stark übertrieben, aber so still wie er war, konnte es auch stimmen. Meistens ließ er angeblich nur sein breiten Zweihänder für sich sprechen.
Neben dem Qunari saß ein Mann, den man „den Orlaisianer“ nannte, denn dies war alles, was über diesen Söldner bekannt war. Er hatte kurze, blonde Haare und feine Gesichtszüge. Er wirkte sehr charismatisch, sein Lächeln wirkte einnehmend. Nur wer in seine kalten, blauen Augen sah, der konnte erkennen, dass der Orlaisianer ein kaltblütiger Killer war, dem es Spaß machte seine Opfer leiden zu lassen. Und bei weiblichen Zielpersonen nahm er es sich zumeist auch nicht, diese vor der Liquidierung zu begatten. Egal, ob diese das wollten oder nicht.
Neben dem Orlaisianer hockte „die Zwergin“. Sie hatte schulterlange, rote Haare, die sie zumeist zu einem Pferdeschwanz zusammenband. Ihre Spezialität war das Führen einer Kriegsaxt samt Schild. Sie liebte es , ihre Gegner in kleine Stücke zu hacken, damit diese sie mit ihrem Blut bespritzten. Dabei fingen ihre dunkelbraunen fast schwarzen Augen immer an ziemlich irre zu leuchten. Außerdem sagte man ihr nach, dass sie wohl auch schon mal die Leichen ihrer Opfer verspeiste. Allerdings waren das größtenteils nur Gerüchte, die von ihrer Blutrünstigkeit herrührten.
Am Kopfende der Tafel saß ein dunkelhaariger Mann mit einem Vollbart, welcher „der Magus“ genannt wurde. Er trug zumeist einen dunkelroten Kapuzenmantel, der den größten Teil seines entstellten Gesichtes verdeckte. Angeblich stammten die Narben, die ihn verunstalteten von einem Kampf gegen einen mächtigen Dämonen, den er mal beschworen hatte, aber nicht kontrollieren konnte. Zwar gewann er den Kampf gegen diese Abscheulichkeit, doch war er seitdem für immer gezeichnet. Er soll nur darauf bedacht sein, seine Macht zu vergrößern.
Auf der anderen Seite der Tafel hatten sich „die Zwillinge“ niedergelassen. Es handelte sich bei diesen beiden um einen jungen Mann und dessen Schwester, die sich erstaunlich ähnlich sahen. Da sie beide kurze hellblonde Haare, grüne Augen hatten und auch die Frau als sehr flachbrüstig zu bezeichnen war, konnte man sie kaum auseinander halten. Die beiden arbeiteten immer zusammen, wobei sie eher durch ihre Geschicklichkeit als durch ihre Stärke auffielen. Außerdem sammelten sie mit Vorliebe Trophäen von ihren Opfern. Das konnten einfache Gegenstände bis hin zu Haarsträhnen oder auch schon mal Zähne sein.
Die letzte im Bunde war eine dünne, zierliche Person mit langen, braunen Haaren. Sie wurde aufgrund ihrer Rasse „die Elfe“ genannt. Sie trug eine aufwändige Gesichtstätowierung, und ihre grauen Augen strahlten eine sonderbare Ruhe aus. Wenn man sich die junge Frau so ansah, hätte man sie wohl für eine einfache Dalish gehalten, doch wahrscheinlich war sie die gefährlichste der hier anwesenden Personen. Sie konnte mit ihrem Langbogen auf vierhundert Meter Entfernung ihrem Gegner das Auge herausschießen. Zudem war sie ein Expertin in Schleich- und Infiltrationsfragen.
Brangroth trat an das Ende des Tisches, wo er kräftig mit der Faust auf den Tisch donnerte, um die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich zu ziehen, obwohl dies eigentlich nicht nötig war. Die Söldner hatten ihn schon die ganze Zeit über beobachtet, seit er den Raum betreten hatte.
„Nun“, begann der Leutnant mit seiner tiefen Stimme. „Ihr fragt Euch sicher, warum ich Euch sehen wollte. Es ist so, dass ich einen Auftrag für Euch habe.“
„Ich arbeite grundsätzlich allein“, warf die Elfe ein, wobei sie die anderen Söldner misstrauisch beäugte.
„Das ist mir bewusst, Elfe!“ ging der Riese dazwischen, bevor es zu Streitereien zwischen den Anwesenden kommen konnte. „Doch die Situation erfordert es, dass Ihr in diesem Fall zusammenarbeiten müsst, da Euer Ziel kein blutiger Anfänger oder ein eingebildeter Adeliger sein wird.“
„Und wer soll eliminiert werden?“ fragte die Zwergin.
„Es handelt sich um eine lebende Legende. Vernita, Grauer Wächter und die Retterin der Welt vor der letzten Verderbnis. Und wahrscheinlich das kaltblütigste Miststück, das Euch je begegnet ist.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein, ihre Bekanntschaft zu machen“, kommentierte der Olaisianer, während er sich über die Lippen leckte.
„Ruhe!“ befahl Brangroth. „Unterschätzt dieses Weib nicht. Sie hat mit ihren Gefährten zusammen zwei ihrer Freunde aus Fort Drakon befreit und dabei unzählige Wachen getötet.“
„Habt Ihr die Sachen ihrer Freunde noch in Eurem Besitz?“ fragte einer der Zwillinge mit seiner Fistelstimme. „Die würden wir gern als unsere Bezahlung nehmen.“
„Ja, und am Besten gebt sie uns sofort“, warf der andere ein. Der weibliche? Der Leutnant konnte die beiden nicht auseinander halten. „So finden wir sie bestimmt viel schneller, nicht wahr?“
„Du sagst es, Schwesterherz.“

Brangroth hielt das zwar für blödsinnig, aber ganz Unrecht hatten die beiden nicht. Ihm ist schon aufgefallen, dass sie ihre Zielpersonen schneller fanden, wenn sie vorab etwas Persönliches von diesen erhalten hatten. „Also gut. Einverstanden. Das erledigen wir nach der Besprechung.“
„Wo wir gerade bei der Bezahlung sind“, meldete sich der Magus mit tonloser Stimme. „Was gedachtet Ihr denn, mir zu geben? Ihr wisst doch, dass ich für Geld kaum Verwendung habe.“
„Ich hatte mir schon gedacht, dass Ihr mich das fragen würdet, Magus. Daher wird es Euch freuen, dass ich dieses mal etwas ganz Besonderes für Euch habe, den Stab Eures alten Freundes Hennrik.“

„Ihr habt den Stab von Hennrik, dem Abtrünnigen?“ fragte der Magier ungläubig. „Wo habt Ihr den her.“
„Wir haben ihn seiner Leiche abgenommen“, grinste der Riese. „Er ist bei dem Versuch in die Festung Drakon einzudringen, von einer Falle getötet worden.“
„Ein unrühmliches Ende für einen unrühmliche Mann“, meinte der Magus lachend.
„Wenn das jetzt endlich geklärt ist, dann hätte ich jetzt gerne ein paar Einzelheiten, wenn es recht ist“, bemerkte die Elfe ungeduldig.
„Ihr habt recht“, entgegnete Brangroth. „Also, Vernita ist eine dunkelhäutige Elfe mit rotbraunen Haaren und einer lange Narbe hinter ihrem linken Ohr. Sie hat dunkelbraune Augen, und ihre Gesichtszüge sind für eine Elfe ungewöhnlich grob und kantig. Eine ihrer Gefährtinnen, die sie aus dem Knast befreit hat, ist eine schwarzhaarige Frau mit blauen Augen und einer leicht gebräunten Haut. Der zweite ist ein dunkelhaariger Elf mit einer Gesichtstätowierung. Und sie begleitet zudem noch eine junge blondhaarige Frau, die ebenfalls eine auffällige Gesichtstätowierungen besitzt. Genaue Zeichnungen dieser Personen werden Euch von einem meiner Männer nach dieser Besprechung übergeben. Außer diesen dreien gibt es aber noch eine unbekannte Zahl weiterer Gefährten, über die es nur widersprüchliche Beschreibungen gibt.“
Der Riese machte eine künstliche Pause, bevor er mit fester Stimme weitersprach.
„Es spielt bei der Ergreifung dieser Staatsfeinde keine Rolle, ob Ihr sie uns tot oder lebendig bringt. Nur solltet Ihr keinen von Ihnen unterschätzen. Niemals. Noch Fragen?“
„Ja, wann geht es los“, meinte der Orlaisianer mit einem dreckigen Grinsen auf den Lippen.
„Sofort!“ sagte der Leutnant hart.
„Gut!“ meldete sich der Qunari mit monotoner Stimme zu Wort. „Möge es ein guter Kampf werden.“
„Alles, klar! Macht Euch an die Arbeit!“ befahl Brangroth mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Nun konnte der Tanz beginnen. Und die besten Tänzer waren auf seiner Seite. Die Elfe und ihre Lakaien würden ihr blaues Wunder erleben.
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:33 pm

Leanora drehte sich zur Seite, so dass sie die Wand anblickte, und zog ihre Beine an. Zusammen gekugelt lag sie da, und hörte die Worte von Vernita. Ein Schmerz durchzog ihr Herz, und sie biss sich auf die Unterlippe, um nicht doch noch laut aufzuweinen.
Ihre Gefährten waren körperlich mehr oder weniger mitgenommen, was ihr zum Glück erspart blieb. Aber ihr Herz und ihre Seele litten mehr, als sie in Worte zu fassen vermochte.
Noch lange lag sie wach, manchmal die Augen geschlossen, manchmal einfach starr gegen die Wand gerichtet, und ihre Gedanken kreisten um das Geschehene und um das, was sie alles gelesen hatte. Erst sehr viel später nickte sie ein, und ihre Träume kreisten um Tjark, mischten sich mit den Bildern der gefolterten Miandra, die plötzlich ein anderes Gesicht hatte. Die Szene wechselte, sie fühlte sich als würde sie vergewaltigt und geschlagen werden, Tjarks Gesicht über ihr, zynisch, spöttisch, der sie brutal küsste und sagte: ‚Ich warte im Nichts auf dich.‘ Wieder wechselte die Szene, eine kleine blondhaarige Frau zeigte mit Tränen in den Augen auf sie und sagte immer wieder: ‚Was hast du getan... du nimmst mir meinen Bruder, und behauptest, ihn zu lieben...‘ Dann wieder Tjark, der sie zärtlich anlächelte und sagte: ‚Ich liebe dich Lea, egal was andere behaupten...‘
Unruhig wälzte sie sich herum, und wachte letztlich schweißgebadet auf. Verwirrt starrte sie wieder an die Wand. Was davon war Traum, was davon war Wirklichkeit?


Lydia erwachte aus ihren fiebrigen Träumen. Ihr war schrecklich heiß, dennoch war sie nicht verschwitzt.
Sie blinzelte. Was hatte sie gerade für einen schrägen Unsinn geträumt...
Karawanen, welche über schneebedeckte Pässe in endlosen Gebirgen zogen, durch endlose dunkle und tiefe Wälder, über Schluchten und Klamme hinweg.
„Uoh... wo...“ sie stöhnte, als der Schmerz in ihrer Brust explodierte. Sie war ziemlich mitgenommen, Brüche und Prellungen, Schnitte und Stiche, Kratzer und Schürfwunden - kurzum: Sie war ordentlich durch die Mangel gedreht worden.
Doch es half nichts hier zu liegen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht setzte sie sich auf und blickte sich um. Außer Vernita, Leanora und Miandra schien der Rest der Gruppe zu schlafen.
„Lea... was ist... wie geht... es dir...?“ presste sie hervor. „Hast... hast du auch... so schlecht... geträumt?“


Leanora fühlte sich alles andere als ausgeruht. Zu Vieles war passiert, und davon hatte ihr Unterbewusstsein im Schlaf Einiges versucht, zu verarbeiten. Lydias Worte holten sie in die Gegenwart zurück.
Schnell stand Leanora auf und ging zu Lydia, wobei sie zu zittern begann. Der kalte Schweiß auf ihrer Haut ließ sie frieren.
„Mir geht es gut, Lydia. Auch wenn ich schlecht geträumt habe, aber ich glaube, das liegt einfach daran weil wir heute zu viel erlebt haben. Du solltest noch ein wenig schlafen, Kleines. Werd gesund und komm zu Kräften. Warte, ich hol dir etwas Wasser.“
Sie nahm einen Becher, schenkte etwas von dem erfrischenden Getränk ein und brachte ihn Lydia.
„Kannst du ihn selber halten?“ fragte sie das Mädchen, drückte ihr dabei das Gefäß in die Hand.
Dann ging sie zurück zu ihrer Tasche, holte frische Kleidung hervor und zog sich ein wenig zurück, um sich mit Hilfe eines kleinen Frottee-Lappens und Seife zu waschen. Zum Glück war auch Wasser dafür in Eimern gebracht worden, und standen etwas abseits.
Hernach fühlte sie sich doch um Einiges besser, und als sie ihre frischen Sachen anzog, war die Welt beinahe wieder in Ordnung.


„Danke Lea...“ sagte sie und nahm den Becher mit zitternden Händen entgegen.
„Ich... kann nicht schlafen, ich... ich habe gerade... Seltsames geträumt...“
Sie dachte über das Erlebte nach. War es wirklich real? „Lea... ist... ist dieser... Wahnsinn tatsächlich... passiert?“


Leanora schlüpfte gerade in ihre Weste, als sie Lydia zunickte.
„Ja ist es, ich glaub es selber noch kaum. Aber ich denke, Kylar oder unser Gastgeber wird uns sicher auf dem Laufenden halten, was in der Stadt darüber geredet wird. Ich danke dem Erbauer, dass wir da lebendig rausgekommen sind, auch wenn wir Hennrik verloren haben. Verhältnismäßig gesehen, sind die Verluste relativ gering, auch wenn es mir um den Magier wirklich leid tut. Aber es hätte wirklich schlimmer kommen können. Willst du von deinem Traum erzählen?“


„Ich sah... Menschen. Menschen... die durch die Welt zogen... eine Karawane. Wälder und Berge... Dann immer wieder Feuer... Tod und Leid... Höhlen und Gänge... Fratzen... Fratzen die... die Leichen zerstückeln... spitze Zähne... dann waren die Fratzen tot... verbrannt... sie... sie lagen da auf dem Boden... haufenweise... dann war ich wieder im Wald... die Karawane... jemand hat Geschichten erzählt... große Helden... schreckliche Schlachten. Dann kam der Schmerz in der Brust ... dieser unerträgliche Schmerz!!“

Sie krümmte sich, doch das machte alles nur schlimmer. Jedes Mal Luft zu holen schmerzte schrecklich.
„Gott nein!! ... Aaah!!“
Tränen traten ihr in die Augen, dann ließ der Schmerz in der Brust langsam nach, die Wellen ebbten ab und das Atmen fiel ihr wieder leichter. Erschöpft lag sie wieder da.


Leanora erschrak. Armes Mädchen, was musste die Kleine nur alles mitmachen. Mit einem Schritt war sie bei Lydia und strich ihr über die Stirn.
„Schhhh, ganz ruhig Lydia. Wir sind in Sicherheit, vorerst zumindest. Sieh zu, dass du noch ein wenig schlafen kannst. Wir sind ja bei dir.“
Und ganz leise begann Leanora, ein Gute-Nacht-Lied zu singen. Das, was ihr ihre Mutter immer vorgesungen hat, als sie noch ein kleines Mädchen war.

„Guten Abend, gut' Nacht
Mit Rosen bedacht
Mit Näglein besteckt
Schlüpf unter die Deck'

Guten Abend, gut' Nacht
Von Englein bewacht
Schlaf nun selig und süß
Schau im Traum 's Paradies“


Dabei zitterte ihre Stimme nur ein ganz klein wenig, als sie die Erinnerungen überkamen.


Der Gesang von Leanora ließ Lydia schließlich alles vergessen. Sie legte ihr die Arme um den Hals und begann bitterlich zu weinen. Die Tränen kannten keinen Halt mehr, doch es war ihr egal. Zu viel hatte sie erlebt, zu viel hatte sie gesehen, sie musste es verarbeiten, sie musste ihren Frust, ihre Trauer und Angst loswerden und sie hatte in Leanora jemanden gefunden, dem sie sich mitteilen konnte.
Sie lag ihr in den Armen, bebte, zitterte und schluchzte. Der Albtraum hatte ein Ende, doch die Nachwehen überkamen sie wie ein kalter Regen.


Vorsichtig hielt Leanora Lydia in ihren Armen und versuchte sie zu trösten, in dem sie das Mädchen zum einen weinen ließ, und zum anderen ihr übers Haar strich und vorsichtig hin und her wiegte.
Wem konnte man es verdenken, dass die Kleine weinen musste? Selbst Leanoras zarte Seele hatte Probleme damit, die Schrecken des Tages zu verarbeiten. Wie sehr musste da erst ein Kinderherz leiden?
Leise summte Leanora weitere Lieder, anscheinend beruhigte dies Lydia auch ein wenig. Sehr langsam entspannte sich das Mädchen in ihren Armen, und erst da ließ sie ihren Kopf zurücksinken. Leanora blieb bei ihr sitzen, um Lydia das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht allein war.


Lydia fühlte sich wieder schwach und leer. Kraftlos und matt lag sie da, die Tränen liefen ihr die Wangen herunter ohne dass sie etwas dagegen hätte tun können.
„Lea...“ begann sie nach einer gefühlten Ewigkeit mit zittriger, bebender Stimme. „Lea... du bist... du bist ein wunderbarer Mensch. Ich... ich... ich kann dir nicht genug danken... du bist... so wundervoll...“
Unter Aufbietung ihrer letzten Kraft setzte sie sich mühevoll auf. Sie ignorierte den stechenden Schmerz in ihrer Brust und küsste sie. Mit tränenverschmiertem Gesicht lächelte sie die blonde Frau an.
„Ich... kann es dir auf keine andere Weise sagen...“
Dann sank sie zurück in ihre Kissen, traurig und doch überglücklich, dass Leanora für sie da war und auf sie Acht gab.
Sie wurde schnell schläfrig und konnte ihre Augen nur noch mit Mühe offenhalten.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:39 pm

Rowan sank in einen unruhigen Schlaf. Sie schaffte es kaum, die Ereignisse des Tages zu verdrängen. Zu schmerzvoll waren die Eindrücke und Gedanken, die sie quälten. Zu frisch die Wunden, die gerissen worden waren.
Ein Gesicht tauchte über ihr auf. Zuerst lag es im Schatten doch dann sah sie die grünen Augen, die ihr entgegen blickten. Wie ein Schlag traf es sie als sie sein Lächeln sah. Ein Blick, der vor nicht allzu langer Zeit voller Liebe und Vertrauen gewesen war und nun vor Hass und Abscheu loderte.
Schwere Erde fiel auf sie nieder und raubte ihr den Atem. Eine erdrückende Last legte sich auf ihre Brust. Blut und trockene Erde bahnten sich den Weg in ihren Hals. Ihre Lunge schrie nach Luft, doch nichts drang mehr durch die dunkle Wand, die sich auf sie legte.
Das letzte, was sie sah, waren zwei grüne Augen, in die sie einst so gern geblickt hatte...

Hustend wachte Rowan schlagartig auf und griff sich an den Hals. Tief sog sie den Atem ein und musste wieder husten, weil zu viel Luft dabei in ihre Lungen kam. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn als sie sich umschaute. Sie war immer noch in dem Versteck in das sie nach der Befreiung geflohen waren. Um sie herum war es friedlich, doch ihr Herz wollte nicht aufhören, in ihrer Brust zu pochen. Kalter Schweiß lag auf ihrem Körper und ließ sie in der Kühle des Verstecks anfangen zu zittern.
Doch nach und nach drang ein Gefühl in ihr Bewusstsein. Eine Wärme, die sie spürte. Sie schaute zur Seite und blickte in das friedliche Gesicht von Sareth, der neben ihr schlief. Ruhig und gleichmäßig ging sein Atem und auch Rowan fing an, sich zu entspannen. Sie legte sich wieder zurück unter die Decke und rutschte zu dem Krieger heran. Ihr Gesicht vergrub sie an seiner Brust während sie ihre kalten und klammen Finger vor ihrem Bauch verschränkte. Ihr Zittern ließ nach und ihr Herz beruhigte sich allmählich. Eine Träne bahnte sich den Weg über ihre Wange und versank in ihrem Mundwinkel.


„Sie ist wirklich ein hübsches Ding“, meinte der blondhaarige Mann, während er sich über die Lippen leckte. Seine kalten, blauen Augen musterten Rowans Körper von oben bis unten. „Ich bin überrascht, dass du sie überhaupt gefunden hast, Sareth. Dabei hatte sie ihre Spuren doch so gut verwischt, und dann war trotzdem alles umsonst.“
„Du kennst mich, Bruderherz“, erwiderte Sareth dreckig grinsend. „Es gibt keine Beute, die sich mir auf Dauer entziehen kann.“
„Ja, das stimmt. Und wie ich dich kenne, hast du sie auch bereits flachgelegt, nicht wahr? War es schwierig sie rumzukriegen?“
„Natürlich habe ich sie gevögelt. Was hast du denn gedacht? Das lasse ich mir bei so einem süßen Hasen doch nicht entgehen. Und es war so leicht, sie ins Bett zu kriegen. Ich brauchte ihr nur was von Liebe und dem ganzen Quatsch erzählen, und schon lag sie in meinen Armen. Das war schon fast zu einfach.“
„Ich werde es wohl nicht so leicht haben, was?“
„Das bezweifle ich“
, meinte Sareth, als er Rowan die Spitze seines Speeres in den Rücken drückte. Die Frau verspannte sich. Fassungslos hatte sie bis jetzt einfach nur dagestanden und den beiden Männern gelauscht.
‚Was ist hier nur los?’ ging es ihr durch den Kopf. ‚Wer ist dieser Kerl? Und was ist plötzlich mit meinem geliebten Sareth los? Hatte er mich etwa doch getäuscht? Sollte Vernita etwa Recht gehabt haben, mit dem was sie über den Söldner gesagt hatte? Hatte er die ganze Zeit über nur mit mir gespielt?’
Rowan wagte nicht, sich zu bewegen. Nur ein Ruck und Sareth hätte sie aufgespießt. Sie musste warten. Offenbar wollte dieser Kerl vor ihr sie noch vergewaltigen, bevor die beiden sie töteten. Das könnte ihre Chance sein, den Spieß umzudrehen. Sie machte sich auf alles gefasst.
„Ist sie denn wenigstens gut?“
„Nun, lass es mich so sagen“
, führte Sareth aus. „Sie ist vielleicht nicht die Königin der Lust, doch was ihr an Erfahrung fehlt, macht sie durch ihre Wildheit wieder mehr als wett. Außerdem ist sie eines der engsten Weiber, die ich je genagelt habe.“
„Das hört man doch gerne.“
„Willst du sie lebend haben, oder ist es dir egal?“
„Du kennst mich, Sareth. Es ist mir völlig gleich. Töte sie ruhig. Nach der Mühe, die du mit ihr hattest, hast du dir das Recht verdient, sie kaltzumachen.“

Rowan erschrak, als sie die Worte des Mannes vor sich vernahm. Doch ehe sie hätte reagieren können, stieß ihr Sareth bereits seinen Speer in den Rücken. Die Waffe durchdrang mit Leichtigkeit ihren Körper und trat unterhalb ihrer Brust wieder aus diesem heraus.
Mit vor Überraschung und Entsetzen weit aufgerissenen Augen starrte die junge Frau auf die blutverschmierte Speerspitze vor ihr, von der ihr Lebenssaft auf den Boden tropfte. Sie spürte, wie sie langsam abdriftete und das Bewusstsein verlor. Die Worte der Männer klangen nur noch hohl und sehr weit entfernt in ihren Ohren.
„Du solltest dich mit ihr beeilen, solange ihr Körper noch warm ist“, lachte Sareth höhnisch.
„Ja, natürlich. Geht gleich los. Und die Belohnung teilen wir wie immer gleichmäßig auf, oder?“
„Aber natürlich, Bruderherz. Wir sind doch ein eingespieltes Gespann.“


Vernita öffnete ruckartig die Augen. Sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren und sich an das schummrige Licht zu gewöhnen. Doch dann bemerkte sie, dass sie auf einer Liege in ihrem Unterschlupf lag. Offenbar war sie wohl eingeschlafen.
Vor sich sah sie Rowan, die es sich zusammen mit Sareth auf einer Liege bequem gemacht hatte und sich eng an diesen schmiegte. Sofort kam der Elfe ihr Traum in Erinnerung. Oder war es etwa doch eine Vision gewesen? Seit sie zu einem Grauen Wächter geworden war, hatte sie diese des Öfteren. Nur leider fiel es ihr immer sehr schwer, Traum von Vision zu unterscheiden.
Auch wenn sie sich nicht sicher war, so würde sie weiter ein Auge auf Sareth werfen. Sie traute dem Mann nicht über den Weg. Und sie verstand überhaupt nicht, warum Rowan das anscheinend tat, wo diese doch sonst immer so misstrauisch war. Auch Vernita gegenüber. Sollte sich Sareth dazu entschließen, der blonden Frau tatsächlich etwas antun zu wollen, so würde er erschreckt feststellen müssen, dass der Tod manchmal auch eine Erlösung sein konnte. Trotzdem hoffte sie für Rowan, dass es nicht soweit kommen würde.
Dann hörte die Elfe plötzlich Leanoras Gesang. Sie wandte den Blick in diese Richtung und sah, dass die Frau an Lydias Liege hockte und dem Mädchen etwas vorsang. Vernita mochte das Lied nicht, aber der Gesangsstimme Leanoras lauschte sie immer wieder gerne. Doch ihr fiel auch auf, dass in der Stimme der Frau eine leichte Unsicherheit mitschwang. Für so etwas hatte die Elfe ein gutes Ohr. Ihr steckten bestimmt noch die Anstrengung und der Schrecken des Tages in den Knochen.
Vernita warf einen kurzen Blick auf die Kerze neben ihrem improvisierten Bett. Diese war schon recht weit heruntergebrannt, ein Zeichen dafür, dass die Gruppe schon eine ganze Weile in diesem Versteck zugebracht hatte. Draußen müsste es jetzt langsam dunkel werden.
Die Elfe richtete sich langsam auf. Sie schaute sich um, wobei sie bemerkte, dass Miandra wach an einer Mauer gelehnt saß und in den Schein einer Kerze starrte. Vernita rappelte sich auf, bevor sie zu ihr hinüber schlenderte. Mit einem Seufzer ließ sie sich neben der schwarzhaarigen Frau nieder. Dann sah sie diese von der Seite her an, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
„Kannst du nicht schlafen?“ fragte sie besorgt.


Immer wieder beobachtete Miandra, wie ein neuer Wachstropfen an der Seite der Kerze hinab lief, und diese immer weiter zu schrumpfen schien. Doch eigentlich starrte sie ins Leere, war in verschiedenste Gedanken versunken, verlor das Zeitgefühl. Hätte Miandra sich nicht aufgesetzt, so wäre sie höchstwahrscheinlich eingeschlafen, doch die Haltung hielt sie wach.
Nebenbei bekam sie mit, wie die anderen in verschiedenen Zeitabständen aufwachten. Auch wenn Miandra nur kurz in deren Richtung blickte, so wusste sie, dass wohl jeder von ihnen durch einen Traum geweckt wurde. Das Mädchen, welches den Unterschied von Realität und Traum nicht mehr kannte. Leanora, die scheinbar von diesen eigenartigen Briefen träumte, welche sie zuvor fanatisch durchgegangen war. Rowan, welche die gesamte Zeit über unruhig schlief und es nur eine Frage Zeit war, bis sie davon geweckt werden würde. Vernita, die den Grund gekonnt verbarg...
Sie lauschte dem Lied von Leanora und beobachtete weiterhin die kleine Flamme. Es war kein aufwändiges Lied, aber das musste es auch nicht sein. Wichtig daran war nur, welchen Zweck es erfüllen sollte. Kinder konnte man leicht mit Liedern beruhigen, wie sie gut wusste…
Erst als Vernita sie ansprach, bekam sie wirklich mit, dass sich diese neben sie gesetzt hatte. Miandra blinzelte einige Male. Sie hatte zu lange in das kleine Licht gestarrt, und es dauerte bis sich die Augen an die restliche Dunkelheit dieser Steinhalle gewöhnen konnten.
„Schlafen?“ Miandra blickte Vernita kurz verwirrt an, bevor sie die Frage verstand. „Können bestimmt... wollen... eher nicht“, erwiderte sie bedrückt mit einem leichten Seufzer und wandte den Blick wieder auf die kleine Flamme.


„Hast du Angst davor einzuschlafen...und zu träumen? Das kann ich verstehen.“ Vernitas Stimme klang noch besorgter als zuvor. „Mich quälen ebenfalls ständig Albträume. Trotz alledem muss jeder auch mal schlafen, auch du.“
In ihrem tiefsten Innern konnte die Elfe Miandra verstehen. Sie schlief auch nicht mehr besonders viel. Diese ständigen Träume zerrten allmählich an ihren Nerven. Und nie träumte sie von etwas Schönem. Es ging immer nur um Tod, Verrat und Verderben. So als würde es für sie nichts anderes geben.
„Möchtest du dann wenigstens was essen?“ fragte sie mit einem Lächeln. „Ich könnte auf jeden Fall etwas vertragen und könnte dir was mitbringen.“


Miandra regte sich nicht und starrte weiterhin auf das flimmernde Licht. „Es sind keine guten Träume…“, begann sie schließlich mit erschöpfter und bedrückter Stimme. „Ich hatte seit Jahren keine Träume mehr... ich möchte nicht wieder vergessen was wirklich ist, und was nicht... wobei ich mir gerade eben nicht einmal mehr so sicher bin, was von all dem was ich gesehen und gespürt habe, der Wirklichkeit entspricht.“
Sie seufzte unhörbar und blickte zu Vernita. „Aber vielleicht ist das auch besser so. Zumindest teilweise...“
Miandra machte eine kurze Pause. Beinahe hätte sie gefragt, was Vernita denn für Träume hatte, verkniff es sich dann doch lieber wieder. Es war wohl nicht der beste Augenblick für irgendwelche Gruselgeschichten, von denen sie noch weniger ein Auge zu bekommen würde.
Nachdenklich nickte sie nur, auf die Frage wegen des Essens. Eigentlich hatte sie keinen Hunger, aber sie wusste, dass ihr Magen völlig leer war, hoffte nur, dass sie daraufhin nicht brechen musste. Seitdem sie das erste Mal in der Zelle Fort Drakons erbrach, hatte sie höllische Magenschmerzen, aber vielleicht war es auch nur ein Hungergefühl, welches sie nicht mehr zu definieren wusste.


„Mir fällt es auch manchmal schwer zu erkennen, was Realität ist oder nur ein Traum war. Insbesondere da ich neben meinen Träumen auch Visionen habe. Hat mit meinem Dasein als Grauer Wächter zu tun“, bemerkte Vernita mit einem Lächeln, als sie Miandras Blick sah, den sie als sehr skeptisch einschätzte. „Nur fällt es mir oft sehr schwer zwischen meinen Träumen und meinen Visionen zu unterscheiden. Also verlasse ich mich fast immer auf meinen Instinkt.“
Die Elfe sah der schwarzhaarigen Frau direkt in die Augen, während sich ihr Lächeln verbreiterte. „Aber um dir zu helfen, nimm meine Hand“, fuhr sie weiter fort, wobei sie Miandras Hand in die ihre nahm und diese sanft streichelte. „Fühle sie. Spüre jede ihrer Berührungen. Das ist wahr. Das ist Realität. Ich bin hier, bei dir. Um dir zu helfen und um bei dir zu sein. Damit du nie mehr alleine sein musst. Damit wir beide nie mehr alleine sein müssen. Und immer wenn du nicht mehr weißt, was Wirklichkeit ist und was nicht, dann komm zu mir und nimm meine Hand. Und du bekommst von mir ein Stück Wirklichkeit zurück, für die es sich zu leben lohnt.“
Vernita hob Miandras Hand und hauchte ihr einen Kuss auf die Finger, bevor sie diese wieder sinken ließ.
„So, und nun kümmere ich mich um das Essen. Erwarte aber bitte nicht zu viel. Ich bin keine besonders gute Köchin“, meinte die Elfe grinsend. Dann sprang sie mit einem Satz auf, was sie aber gleich darauf bereute, da sofort ein stechender Schmerz durch ihren Rücken fuhr, der sie zusammenzucken ließ.
„Ahh, verdammt!“ fluchte sie. „Ich sollte nicht dauernd vergessen, dass ich noch nicht wieder voll einsatzfähig bin! So eine Scheiße aber auch! Bin gleich wieder da.“
Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte Vernita zu den Vorratssäcken in der Ecke ihres Unterschlupfes. Erst als sie dort angekommen war, hatte das Pochen in ihrem Rücken etwas nachgelassen. Sie kramte in den Säcken herum, bis sie etwas Gemüse gefunden hatte, mit dem sie eine einfache Suppe zubereiten wollte. Sie fand auch Brot, welches sie Miandra dazu kredenzen wollte.
Mit dem Holz, welches ihnen der Schmied zur Verfügung gestellt hatte, machte sie ein kleines Feuerchen. Dabei war sie überrascht, wie gut der Abzug des dabei entstehenden Qualms in diesen Katakomben funktionierte. Sie füllte einen Kessel mit Wasser, den sie mit einem Kochgestell über das Feuer hing. Anschließend fing sie an, das Gemüse klein zu schneiden und in den Kessel zu werfen. Mit einigen Gewürzen verfeinerte sie das Ganze, wobei sie diese aber sehr sparsam einsetzte, da sie Miandras Magen nichts zu Schweres oder zu Scharfes zumuten wollte. Und während sie das tat und die Suppe mit dem Kochlöffel umrührte, summte sie das Lied, welches Leanora der schwarzhaarigen Frau in der Folterkammer vorgesungen hatte. Dabei bekamen ihre Augen einen leicht verträumten Ausdruck.


Miandras Blick wechselte mehrmals zwischen Vernita und deren Hand. Sie spürte die sanfte Berührung, doch diese war ihr definitiv zu real. Unmerkbar hielt sie für einen Moment die Luft an, und merkte, dass sie sich verkrampfte, wusste aber eigentlich nicht recht wieso. Vielleicht weil sie leichte Berührungsängste aufgrund verschiedenster Erinnerungen hatte, und sich mit all diesen Verletzungen ziemlich wehrlos fühlte. Wehrlos… sie hatte sich vorgenommen das nie wieder zu sein. Vielleicht aber auch weil sie einfach noch nie in einer solchen Situation war, und nicht damit umzugehen wusste. Noch nie wurde sie so berührt, wie gerade eben, aber sie hatte keine Ahnung was sie davon halten sollte, ob es gut oder schlecht war.
Vernita meinte sie würde ihr helfen und für sie da sein. Eigentlich wusste sie das bereits, aber es wollte wohl nicht so recht in ihren Schädel rein. Zu sehr hatte sie sich schon daran gewöhnt, immer auf sich alleine gestellt zu sein, um sich nun plötzlich mit anderen Ansichten anfreunden zu können. An das Gefühl der Einsamkeit war sie bereits so lange gebunden, dass sie es schon als normal ansah und nichts anderes mehr in Erwägung zog.
Der fluchende Aufschrei von Vernita, ließ sie aus ihrer scheinbaren Starre reißen. Sie erschrak regelrecht, und fluchte kurz daraufhin ebenfalls schmerzvoll Unverständliches vor sich hin, da ihr ganzer Körper schmerzend zu ziehen schien.
Nachdem sich die Schmerzen etwas gemindert hatten, lehnte sie sich wieder seitlich an die Wand, und beobachtete mit müden Augen desinteressiert das Geschehen.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:40 pm

Sareth träumte, doch war sein Traum nicht von schlechter Natur. Es war nicht mal ein wirklicher ein Traum, eher Erinnerungen. Erinnerungen aus seinen Tagen als Söldner. Erinnerungen die er als Soldat, Leibwächter, Mörder, Brandstifter und als Dieb gemacht hatte.
Aber in allen Erinnerungen war er auch ein Bruder. Ein Bruder der den Seinen nicht retten konnte.
Als die Erinnerungen drohten seinen schlafenden Geist zu übermannen wachte Sareth auf. Er öffnete schlagartig die Augen und durchfuhr damit den Raum vor sich. Er stellte kurz darauf die schummrige Atmosphäre fest und erinnerte sich auch gleich darauf wieder wo er war. Aber an eine Sache erinnerte er sich nicht. Nämlich daran, dass Rowan so nah bei ihm lag. Als er realisierte, dass sie näher an ihn heran gerückt sein musste, überkam ihm ein Lächeln das sich auf seinem Gesicht breit machte. Er umarmte sie mit seinem freien Arm, drückte sie noch etwas fester an sich und küsste sie am Haaransatz.
„Geht es dir besser?“


Nach dem Traum konnte Rowan nicht mehr einschlafen. Sie lag auf der Seite zusammen gekauert, mit dem Gesicht an Sareths Brust. Ihre Augen waren geöffnet und starrten auf sein Hemd. Nach nicht allzu langer Zeit erwachte der Krieger.
„Es geht schon besser. Ich brauch noch ein bisschen Ruhe, dann werde ich bald wieder auf den Beinen sein, denke ich.“
Sie genoss seine Umarmung und schloss ihre Augen.
„Wie geht es dir? Du bist nicht verletzt, oder?“
Sie hatte ihm diese Frage schon einmal gestellt, erinnerte sie sich. Doch sie wollte sicher gehen, dass es ihm gut ging.
Plötzlich tauchte das fröhliche Gesicht von Hennrik wieder vor ihren Augen auf. Ein kurzes Schütteln durchlief ihren Körper. Wie konnte ihr dieser Fehler, der den Magier das Leben gekostet hatte, je vergeben werden? Die Müdigkeit und die Schwäche brachen Rowans Selbstbeherrschung und Tränen liefen ihre Wangen hinab. Schluchzer suchten sich ihren Weg aus ihrem Hals und brachten sie zum Zittern. Mit den Händen klammerte sie sich an Sareth und suchte Trost.


Sareth war über Rowans Worte froh. Ihr ging es besser.
„Nein. Ich bin nicht verletzt, aber mein Stolz. Ich habe gesagt, dass ich auf dich aufpassen werde, doch das konnte ich nicht.“
Er machte eine kurze Pause und atmete dann erleichtert auf.
„Aber nun geht es dir ja besser und das stimmt mich froh.“
Auf einmal spürte er wie Rowan zitterte. Er drückte sie an sich und sah sie fragend an.
„Was hast du? Kann ich etwas für dich tun?“


Rowans Körper wurde vom Weinen geschüttelt und sie konnte kaum sprechen.
„Ich… ich… hab einen… Fehler gemacht… und… Hennrik musste dafür… mit dem… Leben… bezahlen…“
Ihre Finger krampften sich um den Stoff seines Hemdes und sie zog sich näher an ihn.


„Ein jeder wusste um die Gefahren und hat die Konsequenzen in Kauf genommen. Genau wie ein jeder Fehler macht… so wie ich.“
Sein Blick wurde etwas traurig und irrte im Raum umher.
„Doch trifft dich keine Schuld. Vielmehr liegt die Schuld bei denen, die unsere Gefährten eingesperrt hatten, oder bei dem der die Falle platziert hat. Aber nicht bei dir.“
Er streichelte ihr durchs Haar und wischte ihr ein paar Tränen aus dem Gesicht.
„Ich werde keine Fehler mehr machen. Jetzt habe ich ja dich an meiner Seite und das wird sich nicht mehr ändern.“


Rowan räusperte sich und sah dem Krieger fest in die Augen.
„Wenn ich einen Fehler mache, dann sollte ich selber die Konsequenzen davon tragen und nicht ein anderer.“
Sie senkte den Blick wieder und drehte ihren Kopf weg von Sareth.
„Ich sollte jetzt da unten liegen, nicht Hennrik!“
Das hatte er nicht verdient. Er war der Unbeschwerteste und Fröhlichste aus der ganzen Gruppe gewesen. Und als Magier aufgrund seiner Fähigkeiten auch wichtiger als sie selber.


Sareth sah ein, dass er jetzt nicht viel sagen konnte um Rowan aufzuheitern. Stattdessen schloss er sie einfach nur ganz fest in seine Arme und drückte sie an sich.
„Ich bin für dich da wenn du etwas brauchst.“


Rowan weinte eine Weile an seiner Brust, bis ihre Tränen nach und nach verebbten. Sie fühlte sich leer und unendlich müde.
Erschöpft sank sie schließlich in einen traumlosen Schlaf.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:45 pm

Vernitas Suppe brauchte nicht lange, um aufzukochen. Die Elfe nahm einen Holzlöffel zur Hand, um ihr Mahl zu probieren, wobei sie erst einmal kräftig pusten musste, da es sehr heiß geworden war. Sie ließ die Suppe langsam über ihre Zunge gleiten, während sie nachdenklich das Gesicht verzog. Die Suppe schmeckte… passabel, zumindest für ihre ziemlich geringen Ansprüche. Sie hoffte, dass sie Miandra munden würde. Die Meinung der anderen darüber war ihr völlig egal. Wenn sie etwas an Vernitas Kochkünsten auszusetzen hatten, dann sollten sie es gefälligst selber besser machen.
Die Elfe füllte zwei Tonschälchen mit der Suppe, in die sie jeweils noch einen kleinen Holzlöffel legte. Dann griff sie sich noch einen Laib Weißbrot, welchen sie quer über den beiden Schälchen platzierte. Anschließend nahm sie diese in ihre Hände und stand auf. Langsam ging sie damit zu Miandras Liege hinüber, um nichts von der Suppe zu verschütten.
„Ich habe ein wenig Suppe gekocht, falls Ihr Hunger haben solltet“, meinte sie im Vorbeigehen zu Leanora, ohne diese anzusehen. Die Frau saß nach wie vor neben Lydia auf deren Liege. „Es ist zwar nicht viel, aber es ist heiß.“
Sie ging weiter, wobei ihr Blick auf Sareth und Rowan fiel, welche sich gegenseitig umarmten. Bei diesem Anblick schüttelte sie nur leicht den Kopf. Es wollte einfach nicht in ihren Schädel, weshalb die blonde Frau diesem Söldner so leichtfertig vertraute. Vernita würde das mit Sicherheit nicht tun und diesen Kerl genau im Auge behalten. Doch ihr war auch klar, dass sie Rowan die Sache nicht ausreden konnte. Dafür war die blonde Frau viel zu stur. So konnte sie nur hoffen, dass sie sich irrte und dass für Rowan alles gut werden würde. Oder aber sie würde sich Sareths Kopf holen, falls er sich tatsächlich als ein Verräter entpuppen sollte.
„Ihr könnt euch auch ruhig auch was von meiner Suppe greifen, wenn ihr wollt. Es ist genug für alle da“, bemerkte sie noch zu den beiden gewandt, bevor sie sich umdrehte und zu Miandras Liege weiterging. Dort angekommen setzte sie sich gleich neben die schwarzhaarige Frau.
„Hier, bitte“, sagte sie mit einem Lächeln, wobei sie eine der Tonschälchen Miandra übergab. Ihr eigenes stellte sie einen Moment zur Seite, bevor sie das Weißbrot entzwei riss. Die Hälfte davon reichte sie an die schwarzhaarige Frau weiter. „Und das kannst du in die Suppe stippen. Wird dir sicher gut tun.“
Dann nahm sich Vernita ihr Schälchen wieder zur Hand. Eine Zeitlang saß sie schweigend neben Miandra, während sie ihre Suppe schlürfte und das Brot dazu aß.
„Ich hoffe, die Suppe schmeckt dir, zumindest ein wenig“, brach die Elfe dann das Schweigen. „Ich bin keine besonders gute Köchin, aber für mich hat es immer gereicht… ach verdammt, was rede ich hier eigentlich für einen Scheiß!“
Sie ließ ihren Löffel in das Schälchen fallen, welches sie etwa zur Hälfte geleert hatte, wodurch ein Teil der Suppe über dessen Rand spritzte. „Du hast Qualen durchlebt, die sich niemand auch nur im Traum vorstellen kann, und ich quatsche hier nur wie ein Idiot über meine miserablen Kochkünste. Wenn ich nur wüsste, wie ich dir helfen kann…“
Resigniert fasste sie sich an den Kopf und rieb ihre Stirn, während sie ausdruckslos auf den Boden starrte.


Miandra beobachtete Sareth und Rowan, doch da sie sich bei dem Anblick irgendwie ekelte, schloss sie die Augen und versuchte an gar nichts zu denken – was ihr aufgrund der Müdigkeit sogar ziemlich leicht fiel. Beinahe wäre sie im Sitzen an die Wand gelehnt eingeschlafen, doch als Vernita sie ansprach und ihr die Schale mit der Suppe entgegenstreckte, wurde sie wieder etwas wach gerüttelt.
Sie nahm das Essen entgegen und starrte einige Zeit gedankenverloren in die Suppe. Sie spürte den Wasserdampf in ihrem Gesicht, atmete den Geruch des Essens ein, und spürte nun endlich ein leichtes Gefühl von Hunger – zwar gemischt mit etwas Übelkeit, aber das lag wohl daran, dass sie schon so lange nichts mehr gegessen hatte. Erst als Vernita über ihre Kochkünste zu sprechen begann, tunkte sie das Brot in das heiße Gebräu und führte es mit leicht zittrigen Händen zu ihrem Mund. Es schmeckte nicht schlecht, nur etwas langweilig, aber sie erwartete auch nichts Außergewöhnliches, schließlich wäre das etwas übernommen gewesen. Aber der Geschmack war ohnehin nicht wichtig, es war warm und würde den Magen füllen.
Als Vernita plötzlich den Tonfall mitten im Satz wechselte und zu fluchen begann, zuckte sie zusammen und verschüttete beinahe etwas von der Suppe.
„Worüber möchtet Ihr denn sonst sprechen?“, erwiderte sie schließlich monoton mit einem Seufzer. „Darüber, dass ich jedes Mal wenn ich meine Augen schließe, dieses Schwein vor mir sehe? Darüber, dass ich in meinen Träumen seine Stimme höre, und die Schläge spüre? Darüber, dass ich lieber tot wäre, da ich all diese Gedanken und Schmerzen nicht mehr aushalte, aber es nicht sein darf, da ich nicht möchte, dass meiner Tochter irgendwann etwas Ähnliches passiert?“
Sie hielt einen Moment inne. „Wenn Ihr mir wirklich helfen wollt, dann redet einfach weiterhin über Eure miserablen Kochkünste.“
Ausdrucklos tunkte sie erneut das Brot zittrig in die Suppe und biss davon ab. „Es ist besser als es zu Beginn in der Taverne war, also kann es gar nicht so miserabel sein…“
, fügte sie mit einem leichten Grinsen, noch das Brot kauend, hinzu.


„Du hast recht. Ich sollte nicht… ach, ich weiß auch nicht“, entgegnete die Elfe missmutig. „Es ist nur so, dass ich genau weiß, was du jetzt durchmachst und wie es in dir aussieht. Ich habe es doch selbst am eigenen Leib erfahren. All die Schmerzen, die Demütigungen und den Wunsch, dass dies alles nur noch vorbeigehen sollte. Egal wie. Aber das Schlimmste daran war die Einsamkeit. Niemanden zu haben, mit dem darüber reden und dem man sich anvertrauen konnte. Nicht einmal dem Grauen Wächter, der mich davor bewahrt hatte, vor dem Haus meiner Eltern aufgeknüpft zu werden, kümmerte es, wie es mir ging. Er interessierte sich nur für meine Fähigkeiten im Kampf, sowie für meinen Einfallsreichtum, mit dem ich aus dem Knast geflohen bin. Für ihn war ich nur ein Werkzeug.“
Die Elfe wandte den Kopf und sah Miandra direkt ins Gesicht. „So blieb mir nur mein unbändiger Hass. Hass auf die herrschende Klasse, Hass auf alle Männer und sogar Hass auf alle Menschen. Schon seltsam, dass jemand wie ich, der so voller Hass auf alles und jeden in dieser Welt war, eben genau diese Welt vor der drohenden Vernichtung bewahrt hat, nicht?“
Über Vernitas Gesicht huschte ein zynisches Lächeln, bevor sie wieder ernst wurde. „Doch dieser Hass frisst einen auf. Stück für Stück. Jeden Tag ein bisschen mehr, bis nichts mehr von einem übrig bleibt. Es ist der sichere Weg zur Selbstzerstörung. Ich habe nicht vor, diesen Weg weiter zu gehen. Und ich werde alles daran setzen, dass auch du diesen Weg nicht gehen wirst.“


Leanora war zwar leicht irritiert, als Lydia ihr einen Schmatz gab, aber sie lächelte dabei. Schließlich wurde das Mädchen schläfrig und kuschelte sich wieder in ihre Decke, dabei Leanoras Hand haltend.
Vernita stand zwischenzeitlich auf und betätigte sich als Köchin, worüber Leanora sehr dankbar war. Sie hatte gar nicht daran gedacht, für die anderen eine Mahlzeit zu kochen. Ihr hatte das Obst gereicht, aber nun merkte sie doch, dass ihr ein Schälchen Suppe wohl gut tun würde. Weniger um den Hunger zu stillen, sondern um sie zu wärmen. Ihr war eigentlich furchtbar kalt. Hatte sie sich am Ende doch noch erkältet, als sie vorhin durch den Regen rannte?
Vorsichtig verließ sie Lydias Liege und holte sich etwas von der Suppe, sowie ein Stück Brot. Sie verbrannte sich beinah den Gaumen an einem Stück Karotte und schnappte nach Luft. Aber letztlich entwich ihr doch ein genießerischer Seufzer. Endlich etwas warmes im Magen, vielleicht konnte sie ja danach endlich schlafen, ohne von den Schrecken des Tages eingeholt zu werden.
„Vielen Dank Vernita, es schmeckt sogar recht gut! Ihr stellt Euer Licht hier unter den Scheffel, die Bohnen damals in der Taverne waren da um einiges schlimmer“, sagte sie in die Richtung, in der die Elfe und Miandra saßen.


Die Elfe wandte kurz den Kopf in Leanoras Richtung, als diese sie bezüglich des Essens ansprach. „Danke. Aber seid froh, dass Ihr nie das Essen musstet, was ich zusammengebraut habe, als ich mit dem Kochen angefangen habe. Dagegen war die Bohnensuppe des Tavernenwirtes ein wahrer Gaumenschmaus.“
Vernita lachte kurz, bevor sie ganz auf die Liege rutschte und sich neben Miandra an die Wand lehnte, die ihren verschwitzten Rücken kühlte. Dann nahm sie ihr Schälchen wieder zur Hand und aß weiter.
„Wenn du also mit mir über das, was passiert ist, reden möchtest, so habe ich immer ein offenes Ohr für dich“, meinte sie nach einer kurzen Weile zu der schwarzhaarigen Frau gewandt. „Oder wir unterhalten uns weiter über meine kalt gewordene Suppe, die zudem wie eingeschlafene Füße schmeckt. Das mit der Würzerei werde ich wohl nie auf die Reihe kriegen.“
Die Elfe wandte bei ihren Worten den Kopf in Miandras Richtung und grinste sie schief an.


Schweigend und regungslos starrte Miandra weiterhin in die Schale mit der Suppe, aß jedoch nicht weiter, ihr war der Appetit irgendwie vergangen. Die kühle Mauer ließ zwar ihr Fieber sinken, aber ihr war dennoch ungewöhnlich heiß, aber immerhin drehte sich nicht mehr alles. Oder lag das nur daran, dass sie die gesamte Zeit regungslos da saß?
„Hört auf damit, mich mit Euch zu vergleichen“, sagte sie nach einer Weile mit schwacher Stimme, weiter in die Schale starrend, was sie irgendwie teilnahmslos erscheinen ließ.
„Ich verspüre keinen Hass. Ich fühle gar nichts. Keine Wut, keine Einsamkeit, nur unendliche Leere mit einem Funken von Angst, davor, dass mich diese komplett verschlucken könnte, und ich mein Ziel... noch einmal aufgebe...“
Sie schluckte und stellte die Schale ungeschickt zur Seite. „Und ich möchte nicht darüber reden... was soll das für einen Sinn haben... das ändert doch auch nichts daran...“
Miandra verzog das Gesicht schmerzhaft, als sie sich versuchte etwas bequemer hinzusetzen, und starrte anschließend einige Sekunden gerade aus. Ihre Atmung hatte sich merkbar beschleunigt, und ihr war immer noch so extrem heiß. Sie spürte wie sich immer mehr Speichel in ihrem Mund anzusammeln schien. Nur einen Augenblick später, kippte sie zur Seite und übergab sich.
Außer den zwei Bissen des Brotes, des Wassers und der Magensäure, die ihr den gesamten Rachen zu verätzen schien, erbrach sie nichts, doch der Brechreiz nagte an ihrer wenigen Kraft, ließ ihren Körper erzittern und sie nachträglich stark husten.


Leanora hatte ihre Suppe bereits ausgelöffelt, als Miandra die Ihrige wieder hergab. Das würgen der Frau verursachte Leanora selber Übelkeit, aber sie biss die Zähne zusammen, stand auf und suchte nach Lappen und einem Eimer. Als sie die Teile gefunden hatte, ging sie zu Miandra und sah sie besorgt an.
„Achje Ihr Ärmste. Ich denke, Kamillentee wäre wohl eher etwas für Euren geschundenen Magen. Ich werde mich erkundigen ob der Schmied frische Kamillenblüten hat.“
Schnell beseitigte sie das Malheur, und brachte den Eimer samt Lappen mit spitzen Fingern in die letzte Ecke, weit genug entfernt, um nicht zu stören. Dann kehrte sie zu Miandra zurück und stand mehr oder weniger hilflos neben ihr. Wenn sie ihr nur helfen könnte!
Vorsichtig legte sie ihre Hand auf Miandras Stirn. Diese war noch immer viel zu heiß, also ging Leanora nochmal zurück zum Waschzuber, tauchte einen Stoff-Fetzen ins kalte Wasser und reichte ihn Miandra.
„Hier, vielleicht kühlt es die Stirn etwas. Ihr solltet versuchen, ein wenig zu schlafen. Vielleicht beruhigt sich Euer Magen dann auch wieder ein wenig. Gute Nacht, Miandra.“
Aufseufzend ging sie zurück zu ihrer Liegestatt. Das würde noch eine unruhige Nacht werden. Aber immerhin lenkte sie dies alles von ihren Grübeleien ab. Sie kuschelte sich wieder in ihre Decke und schloss die Augen. Dass sie dabei Tjark vor sich sah konnte sie nicht verhindern.


Vernita schreckte auf, als Miandra zu brechen anfing. Sie verschluckte sich sogar an ihrer Suppe, wobei ihr die Schale aus der Hand auf ihre Beine fiel. Zum Glück war die Suppe inzwischen kalt geworden. Nur musste sie kurz husten, bevor sie sich wieder im Griff hatte.
Sie rutschte zu der schwarzhaarigen Frau hinüber und holte schon mit der Hand aus, um dieser beruhigend auf den Rücken zu klopfen. Doch bevor es dazu kam, hielt sie inne, da ihr plötzlich bewusst wurde, wie es um diesen bestellt war. Da kam auch schon Leanora mit einem Eimer angerannt und murmelte etwas von Kamillenblütentee. Das wäre doch was.
„Bin gleich wieder da!“ rief die Elfe voller Tatendrang und sprang auf. Den Schmerz, der deshalb durch ihren Rücken fuhr, ignorierte sie schlicht und ergreifend. Schnellen Schrittes ging sie zum Ausgang und verließ gleich darauf das Versteck. Sie eilte die Treppe hinauf und suchte in der darüber liegenden Wohnung nach dem Schmied. In der Küche, die wohl auch als sein Esszimmer diente, fand sie ihn schließlich. Er saß an dem großen Tisch und aß etwas.
„Habt Ihr Kamillenblüten da, aus denen ich einen Tee kochen kann? Eine meiner Gefährtinnen geht es nicht besonders“, fragte sie den Mann, der die halbnackte Elfe wieder völlig fassungslos anstarrte. Diese sah in etwas genervt an, als er nicht sogleich antwortete. „Und? Habt Ihr jetzt welche oder nicht?“
„Ja, ja, einen Moment“, stotterte dieser und stand auf. Er ging zu seinem Küchenschrank, öffnete diesen und suchte darin herum. Nach kurzer Zeit zog er einen ledernen Beutel heraus, den er Vernita übergab. „Hier, bitte.“
„Danke“, erwiderte die Elfe grinsend. Sie wollte sich gerade umdrehen und gehen, hielt aber noch für einen Moment inne. „Soll ich mir das nächste Mal lieber was überziehen, damit Eure Kinnlade nicht wieder auf den Boden knallt, wenn ich mit Euch spreche?“
Der Schmied sagte nichts darauf, doch sein Kopf wurde knallrot, während er sich umdrehte und zu seinem Tisch zurückging. Vernita lachte auf, bevor sie sich wieder auf den Weg in den Keller machte.
Dort angekommen schnappte sie sich einen kleinen Kessel, tat einige der Blüten hinein und füllte ihn mit Wasser. Anschließend hängte sie das Gefäß über die Feuerstelle, damit sich das Wasser erhitzen konnte. Nun machte sich die Elfe auf den Weg zu Miandra. Ein Blick zeigte ihr, dass sich Leanora bereits wieder hingelegt hatte. Neben der schwarzhaarige Frau ging Vernita in die Hocke.
„Ich hoffe, das lag jetzt nicht an meiner Kochkunst“, grinste sie die Frau an. „Ich mache dir gerade einen Tee. Er wird dir sicher gut tun.“


Keinen einzigen Millimeter wollte sich Miandra mehr bewegen. Die schnelle Bewegung, der Brech- und anschließende Hustenreitz ließen all die Wunden schmerzhaft zusammenziehen. Die Kehle brannte, der bittere Geschmack der Magensäure wollte nicht aus ihrem Mund und der Nase verschwinden. Das feuchte Tuch, welches ihr Leanora auf die Stirn gelegt hatte, war zwar angenehm, aber nichts desto trotz, benutzte sie es stattdessen unbeholfen, um sich den Mund ab- und teilweise auszuwischen. Der Geschmack war einfach unerträglich, ebenso wie das Gefühl auf andere angewiesen zu sein. Wie sehr sie doch diese Unselbstständigkeit hasste.
Anschließend blieb sie einfach seitlich liegen und starrte erschöpft, noch immer zitternd, geradeaus. So miserabel wie in jenem Moment fühlte sie sich wohl erst ein Mal, und das war als man sie direkt nach der Folter zurück in die Zelle warf. Ihr war kalt und heiß gleichzeitig, alles drehte sich, schmerzte, brannte, pochte. Am liebsten wäre sie auf der Stelle tot gewesen. Sie wollte nicht mehr. War es das denn überhaupt wert?
Unermessliche Müdigkeit überkam sie, aber sie hielt die Augen krampfhaft offen, wollte noch immer nicht schlafen... aber was würde es ändern? War die Realität denn wirklich angenehmer, als diese grässlichen Albträume?
Mit leicht glasigen Augen blickte sie zu Vernita, die sich neben sie gehockt hatte. Sie bezweifelte, dass der Tee etwas bringen würde, war aber auch nicht in der Verfassung dagegen zu protestieren.
„Ich wünschte es würde daran liegen…“, brachte sie mit kratziger schwacher Stimme hervor, gefolgt von einem leichten Hustanfall.


Lydia fühlte sich – trotz ihrer ab und an aufflammenden Schmerzen in der Brust, wenn sie sich bewegte – wohl und behütet. Eine behagliche Wärme durchströmte ihren Körper und ihre Sinne drifteten langsam gen Schlaf. Sie dachte nach. Und sie stellte fest, ihr fehlte etwas.
Musik. Sie hatte schon lange nicht mehr gespielt. Genau genommen, seit sie die Taverne verlassen hatten, doch ihr kam es wie eine endlose Ewigkeit vor.
„Gibt es hier in greifbarer Nähe eine Laute oder Flöte oder Ähnliches?“ Fragte sie leise in den Raum. Sie wollte die Stimmung etwas heben, auch wenn ihr die Brust schmerzte. Doch der Schmerz würde auch irgendwann wieder vergehen. Nur wann?!
„Wenn diese... Schmerzen nicht wären...!“ stöhnte sie, als sie sich etwas drehte und ihre Brust wieder in Höllenflammen aufging.


„Ja, das wünschte ich mir auch“, hauchte Vernita kaum hörbar, bevor sie einen Moment nachdenklich schwieg. „Ich sehe mal nach dem Tee.“
Die Elfe stand auf und ging zu ihrem Feuer zurück Ihr fiel auf, dass das Wasser bereits kochte. Sie nahm den Kessel von der Verankerung, bevor sie ihn auf drei auf dem Boden platzierte Holzklötzchen stellte, wo der Tee noch etwas ziehen konnte. In der Zwischenzeit suchte sie nach einer Tasse für Miandra.
Da stammelte Lydia etwas von einer Laute. Sie musste wohl im Fieberwahn sein, denn sonst würde sie in ihrem Zustand nicht solch einen Blödsinn von sich geben. Sie musste erst einmal gesund werden, bevor sie auch nur daran denken konnte, irgendwelche Instrumente zu spielen. Und solange sie in diesem Kellerloch hausten und sich verstecken mussten, würde Vernita etwas Derartiges sowieso nicht zulassen. Dazu war das Risiko entdeckt zu werden einfach zu groß.
Widerwillig hielt sie auch nach einer zweiten Tasse Ausschau, welche sie auch gleich darauf fand. Sie füllte beide Gefäße mit ihrem selbst gebrauten Tee und ging damit zuerst zu Lydia.
„Hier, nimm das und trink! Aber pass auf! Es ist heiß!“ meinte sie fordernd, während sie dem Mädchen die Tasse in die Hand drückte. „Und dann legst du dich hin und schläfst, verstanden. Du scheinst es nötig zu haben.“
Ohne eine Reaktion abzuwarten, wandte sich die Elfe gleich wieder ab und schritt zu Miandra hinüber. Ihr gab sie die zweite Tasse.
„Hier“, sagte sie fürsorglich. „Trink das. Ich weiß nicht, ob es dir helfen wird, aber zumindest bekommst du damit diesen widerlichen Geschmack aus dem Mund, der sich dort bestimmt breit gemacht hat.“
Ein Lächeln huschte über Vernitas Gesicht. „Und versuche ein wenig zu schlafen. Ich lege mich gleich neben dich und werde für dich da sein, wenn du mich brauchst.“
Die Elfe stand wieder auf und humpelte zu ihrer Liege hinüber. Kurzentschlossen hob sie diese auf einer Seite hoch, bevor sie sie über den Boden zog, was ein schabendes Geräusch verursachte. Direkt neben der Liege der schwarzhaarigen Frau ließ sie die ihre wieder zu Boden sinken. Anschließend legte sie sich mit einem lauten Seufzer darauf. Sie drehte sich auf die Seite, sodass sie Miandra im Auge behalten konnte, welche sie auch eine Zeitlang schweigend beobachtete, bevor ihr allmählich die Augen zufielen.


Der Tee war noch viel zu heiß, um ihn sofort trinken zu können, aber der Geruch der Kamillen stieg in Miandras Nase, und tat bereits gut. Nach einer Weile, als sich die Tasse nur noch warm anfühlte wagte sie einen kleinen Schluck, hob dabei nur leicht den Kopf an. Der widerliche Geschmack und das brennende Gefühl verschwanden nicht sofort, aber die warme Kräuterflüssigkeit erfüllte dennoch ihren Zweck und beruhigte den gereizten Magen. Sie wiederholte den Prozess ein paar Mal, bis die Tasse zur Hälfte geleert war. Einige Male musste sie husten, doch schon bald schaffte sie es nicht mehr die Augen offen zu halten. Seitlich liegend und die Teetasse haltend, wäre sie beinahe eingeschlafen, rappelte sich dann doch wieder auf, und stellte die Tasse so ungeschickt zur Seite, dass diese beinahe umgefallen wäre.
Nachdem sie sich einfach auf den Bauch fallen ließ – was zwar etwas weh tat, sie aber die seitliche Position nicht mehr aushielt – musterte sie kurz Vernita, die neben ihr lag. Einen Moment kam sie sich ziemlich dumm vor und wusste nicht was und ob sie etwas sagen sollte. Sie blieb dabei nichts zu sagen, drehte den Kopf in die andere Richtung und schlief fast augenblicklich ein, hoffend keinen Albtraum zu haben, und wenn doch, dass sie schnell wieder aufwachen würde.


Zufrieden beobachtete Vernita, wie Miandra den Tee trank. Offenbar tat er ihr gut, zumindest spuckte sie ihn nicht gleich wieder aus. Das war ein gutes Zeichen.
Die Elfe war davon überzeugt, dass die Verletzungen der schwarzhaarigen Frau in einigen Tagen verheilt sein würden, wenigstens die physischen. Sie machte sich vielmehr Sorgen, um die Wunden, die ihre Seele genommen hatte. Sie hoffte nur, dass sie Miandra dabei helfen konnte, diese zu heilen. Sie wollte es zumindest versuchen, auch wenn dieses Unterfangen einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Aber Vernita war einfach nicht der Typ, der schnell aufgab. Sie würden es schon schaffen.
Nachdem Miandra den größten Teil ihres Tees ausgetrunken und ihre Tasse weggestellt hatte, lagen die beiden Frauen noch schweigend da und sahen sich eingehend an. Nach kurzer Zeit drehte die schwarzhaarige Frau dann ihren Kopf weg und schien auch sogleich einzuschlafen. Vernita lächelte erleichtert, als sie das mitbekam, bevor die Müdigkeit sie ebenfalls übermannte, und sie erschöpft die Augen schloss.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:54 pm

Keine halbe Stunde später beschloss Leanora, Tjarks Geheimfach weiter zu durchwühlen und zu entdecken. Schlafen konnte sie ohnehin nicht. Sie griff nach einem alten verschnörkelten Buch, von Schriften aus alter Zeit kaum zu unterscheiden. Ihre Gedanken drehten sich förmlich im Kreis als sie die kunstvollen Gravuren des Buchbandes behutsam mit dem Finger nach fuhr. Worum könnte es sich dabei nur handeln? Die Familienchronik?
Tjarks tiefste Geheimnisse? Geheimnisse Fereldens? Würde sie sogar interessantes bezüglich ihrer Familie daraus erfahren? Sie konnte es kaum erwarten aus dem Buch zu lesen, trotzdem warte sie noch einen Augenblick, denn ihr Herz hatte Angst davor was sie lesen würde. Ja, in gewisser Hinsicht würde sie sogar Tjarks Vertrauen missbrauchen, falls er ihr das je wirklich gegeben hatte. Doch letztlich obsiegte die Neugier.
Leanora öffnete das Buch und begann zu lesen.
Gleich auf der ersten Seite war Leanora erstaunt, sie fand darauf eine ihr durchaus bekannte Handschrift, die sie nicht erwartet hätte. Es war die von Tjarks Mutter.

Mein Sohn,

wie es seit Generation in unserer Familie Brauch ist, möchte auch ich dir zu deinem 15. Geburtstag deinen Teil unserer Familienchronik schenken.
Wundere dich bitte nicht über den antik anmutenden Buchband, er ist ein Teil dieser Tradition. Er ist über 400 Jahre alt, und wird immer von Generation zu Generation weitergegeben, nachdem der Inhalt der einzelnen Bücher dem großen Gesamtwerk hinzugefügt wurde.

So möchte auch ich dich nun bitten, lass diese Tradition weiter leben!

Schreib hier dein Leben nieder, sei es nur was dich bewegt. Damit später alle wissen, wer du wirklich warst und wofür du gelebt hast.

Das ganze mag dir noch albern vorkommen, aber ich bin mir sicher, dass du im Verlauf der Jahre den wirklichen Wert einer solchen Tradition erkennen wirst.

Alles Gute zum Geburtstag

Deine Dich immer liebende Mutter


Wer hätte das gedacht, es war anscheinend genau das was Leanora vermutete, eine Art Tagebuch. Allein dieser erste, durchaus nichtssagende Eintrag, beflügelte Leanoras Phantasie. Würde Tjark wohl der Bitte seiner Mutter gefolgt sein? Und wirklich niedergeschrieben haben was ihn innerlich bewegte? Leanora wurde ganz ungeduldig, sie konnte es doch kaum erwarten mehr über das Innerstes dieses Menschen zu erfahren, den sie innerhalb eines Tages lieben lernte und wieder vergessen musste.
Voller Neugierde blätterte Leanora die Seiten um und verschlang dabei jedes Wort, als wäre es das erste Essen nach der Fastenzeit.
Nach etwa zehn Seiten machte sie eine Pause um das Gelesene zu verarbeiten. Die Einträge stammten alle, wie sollte es auch anders sein, aus Tjarks Kindheit. Er freute sich über die Ernte auf dem Feld, über Papas geschossenes Wild, er war überglücklich einmal mit ihm auf Jagd gehen zu dürfen.
Alles in allem bot sich Leanora ein doch sehr kindlicher und fröhlicher Eindruck, ganz und gar nicht dem Bild entsprechend was sie von Tjark durch die Lektüre der Briefe gewonnen hatte. Genau das fachte ihre Neugier nur noch mehr an, was hatte ihn wohl so verändert? Leanora hoffte inständig Antworten auf diese Frage zu finden. Scheinbar würden ihre Wünsche erfüllt werden, das war Leanora relativ schnell klar, als sie den nächsten Eintrag zu lesen begann.

Ich weiß nicht mehr weiter. Heute erreichte mich die Nachricht, dass ich zum Militär müsse. Papa und Mama waren darüber gar nicht glücklich. Ich auch nicht. Ich liebe mein Leben hier. Es ist unbeschwert, natürlich und ich hab es schätzen gelernt. Und ich dachte, dass ich das Gut hier irgendwann übernehmen werde. Aber ich werde es nicht ändern können.
In zwei Wochen muss ich in die Kaserne ziehen, man wolle mich dort auf den Alltag der Armee vorbereiten. Ich hab noch nie gekämpft, ich habe richtiggehend Angst davor. Ich wollte heute mit meiner Schwester darüber reden, Ihren Rat holen. Doch ich habe es verworfen, sie ist zu jung, um sie damit zu belasten.
Mama und Papa sind mit der Ernte am werken. Ich muss damit allein klar kommen.


Das hätte Leanora nun eher nicht erwartet, sie ging davon aus, dass Tjark das Militär und den Dienst dort seit je her liebte. Es folgten unzählige Einträge die Tjarks Angst vor der Armee verdeutlichten, es war sogar stellenweise Panik zu erkennen, und Leanora hatte das Gefühl, Tjark fühlte sich während dieser Zeit einsam und verlassen, nicht im Stande mit seinen Problemen allein klar zu kommen.

Vor drei Tagen begann mein Dienst in der Kaserne, ich konnte zuvor nichts schreiben, weil ich weder Zeit noch Kraft hatte. Ich kann gar nicht ausdrücken wie ich mich fühle. Ich glaube minderwertig, benutzt, ja sogar missbraucht trifft es gut. Wir haben hier keine eigene Meinung, dürfen sie nicht haben. Keine Freiheiten. Sind Diener der Offiziere.
So den Rest meines Lebens zu fristen kann und will ich mir nicht vorstellen. Ich muss jetzt aufhören, Tagebücher sind hier verboten und werden hart bestraft.


Tjarks Karriere begann doch anders als Leanora es sich vorgestellt hatte. Gierig verschlang sie die nächsten Seiten.

Nach nun drei Monaten Ausbildung habe ich mich laut meinen Offizieren zu einem passablen Stück Scheiße entwickelt. Ob man das als Kompliment verstehen kann weiß ich nicht. Ich habe, so oft es uns erlaubt ist, an die Familie geschrieben. Ich habe ihnen immer gesagt es geht mir gut, ich habe Spaß hier und eine schöne Zeit. Sie sollen nicht wissen wie sehr ich es hasse, wie es mich anwidert. Dass sie sich Sorgen um mich machen will ich nicht.

Das entsprach eher dem Bild das Leanora von Tjark hatte, doch je mehr sie las, je sicherer war sie sich, dass er zwei Persönlichkeiten hatte.

Ich habe lange mit mir gerungen, doch ich habe mich nun entschieden. Ich hätte einfach wegrennen können und Fahnenflucht begehen. Doch glaube ich schon eine Verantwortung zu haben, eine Verantwortung meiner Familie gegenüber, aber auch Thedas gegenüber. Ich habe mich heute, dank einer mittlerweile akzeptablen Beziehung zu meinem Kommandanten, für die Offizierslaufbahn gemeldet. Ich freue mich ein wenig darauf endlich nicht mehr NUR Befehle annehmen und befolgen zu müssen, doch ich habe mir bei meiner Ehre geschworen niemals ein solcher Offizier zu werden wie diese Menschenschinder hier.


Sollte das der Grund gewesen sein? Der Tjark dazu brachte Offizier zu werden? Verantwortungsgefühl? Oder war es nur der Wunsch endlich dem Soldatenleben zu entfliehen?
Leanora war verwirrt aber zugleich auch erstaunt. Die nächsten Einträge waren allesamt aus Tjarks Offiziersausbildung. Tjark sprach dabei voller Entsetzen darüber, dass ihm beigebracht wurde kaltschnäuzig zu sein, seine Soldaten zu verachten, sogar die Menschen allgemein.
Das war Leanora nicht fremd, hatte sie doch bis dato nur von Offizieren gehört, die diesem Bild entsprachen. Doch während sie den letzten Eintrag zu Ende las, fiel ihr auf, dass die nächste Seite leer war. Sollte das Tagebuch hier enden? Es gab noch so Vieles, was Leanora wissen wollte. Eifrig blätterte sie weiter, zwanzig, dreißig, vierzig Seiten. Nichts außer gähnend leere Seiten. Nach rund fünfzig Seiten fand sie einen weiteren Eintrag.

Ich habe die letzten drei Jahre keinen Eintrag hier gemacht, mir aber fest vorgenommen sie irgendwann nachzuholen. Ich bin jetzt Offizier und werde in den nächsten Wochen meinen Einsatzort erfahren, ich freue mich darauf, endlich das zu tun, was ich nicht gelernt habe.
Meine Ausbilder halten mich für einen Musteroffizier, ein kaltschnäuziges menschenverachtendes Arschloch. Ich habe es wirklich geschafft die anderen und leider auch mich selbst zu täuschen. Ich habe meinen ersten Gefangenen gefoltert, ihn sogar danach getötet. Und mir dabei eingeredet ich tu das jetzt nur um die Möglichkeit zu bekommen es später nicht zu tun. Ich habe Angst davor mich damit selber belogen zu haben, weil auf eine durchaus sadistische Art habe ich es genossen. Ich weiß dass meine Familie davon zu tiefst enttäuscht wäre, auch wie ich Frauen ausnutze, man könnte fast gebrauchen sagen. Dank meiner Ausbildung habe ich eine wirklich ansehnliche Figur bekommen, und das und nichts anderes ist es was die Frauen wollen. Ich hingegen suche nur ihren Einfluss, ihre Macht, ihr Geld. Dass das ganze mit einer gehörige Portion Spaß verbunden ist, stört mich weniger. Denn ich habe gelernt, auch wenn es für mich eine schmerzhafte Erfahrung war. Da Beziehungen, Macht und Geld die Welt regieren, ist das die einzige Möglichkeit für mich, etwas ändern zu können. Ich hoffe inständig mich hierbei nicht auch zu irren und mich auch dabei selbst zu belügen.


Leanora stockte der Atem, sie musste nach Luft schnappen, das Buch zur Seite legen. Tjark gebrauchte Frauen? Ihrer Macht wegen? Es stellten sich ihr die Haare zu Berge bei dem Gedanken er wollte sie auch nur „gebrauchen“. Doch nach einem Moment des Nachdenkens fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, daran konnte es nicht gelegen haben. Sie besaß keine Macht, keinen Einfluss und keine Beziehungen von denen Tjark wusste, er hätte nur gewinnen können wenn er sie auffliegen lassen hätte. Tat er aber nicht. War es doch etwas anderes, was er für sie empfand?
Für einen kurzen Moment war sie der Meinung, Tjark hätte wirklich etwas wie Liebe für sie empfunden, doch dieser Gedanke wurde rasch zerstört, als Leanora auf den nächsten Seiten von insgesamt elf Liebschaften las. Sie war nicht unbedingt verwundert darüber dass Tjark Frauen hatte, aber die Vorstellung dass auch Männer dabei
waren, fand sie immer noch ekelhaft. Welch Überwindung mag es ihn wohl gekostet haben? Oder hat er es trotz allem genossen? Noch während Leanora versuchte sich einzureden, er tat es des eigenen Nutzen wegen, stieß sie auf einen Namen der ihr das Blut in den Adern kochen ließ. Eshtá Gianauro, allein dieser Name machte sie wütend. Das war ein wenig viel für Leanora, sie beschloss, das Buch erst einmal zur Seite zu legen und Revue passieren zu lassen was sie bereits gelesen hatte. Vielleicht würde sie doch schlafen können, müde genug war sie.
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 3:58 pm

Vernita schreckte auf. Sofort sah sie Miandra vor sich auf dem Bauch liegen. Sie schien fest zu schlafen. Und bei diesem Anblick legte sich ein Lächeln auf das Gesicht der Elfe.
‚Gut so’ , dachte sie bei sich. ‚Ruh dich aus. Du brauchst das jetzt.’
Leise richtete sich Vernita auf und sah sich um. Ihr Lagerfeuer war fast komplett heruntergebrannt, die Kerze neben ihrer Liege bereits erloschen. Es musste also schon einige Zeit vergangen sein. Sie schätzte, dass es jetzt etwa mittags war.
Die Elfe stand auf und reckte sich vorsichtig. Die Schmerzen in ihrem Rücken waren bei weitem nicht mehr so schlimm wie am gestrigen Tag. Sie hatte schon immer gutes Heilfleisch gehabt, aber auch Sareths Arbeit an ihr fiel wohl besser aus, als sie es ihm gegenüber jemals zugeben würde. Vielleicht könnte sie heute Abend schon wieder eine Exkursion nach draußen starten, um dort nach dem Rechten zu sehen. Sie zog es zumindest in Erwägung.
Ein Blick in die Runde zeigte Vernita, dass die anderen noch alle schliefen, so beschloss sie das Feuer wieder anzufachen und die erloschenen Kerze durch neue zu ersetzen. Sie überlegte auch, ob sie etwas zu Essen zu kochen sollte, wollte dies dann aber doch lieber einen der anderen überlassen. Schließlich sollte ihr Essen nicht das schaffen, was die Klingen der Stadtwachen nicht geschafft hatten.
So setzte sie sich nach ihrer Arbeit wieder auf ihre Liege und wartete darauf, dass die anderen endlich aufwachten, damit sie mit ihnen das weitere Vorgehen planen konnte.


Glücklicherweise schlief Miandra die gesamte Nacht tief und fest. Wahrscheinlich war sie zu erschöpft gewesen um überhaupt etwas träumen zu können. Zumindest zu Beginn. Viele verschiedene Bruchstücke tauchten in ihren Träumen auf. Momente, welche sie bereits vergessen hatte. Sie träumte von dem Tag, an welchem sie das brennende Dorf vorfand. All die Leichen mit dessen leblosen Fratzen, die sich in ihr Gedächtnis gebrannt hatten. Der Gestank und das leise Geräusch von brennendem Holz, das über all die Toten zu hallen schien. Verzweiflung, ein so starkes Gefühl welches in Panik und Angst überging. Das Haus ihrer Nachbarn. Zwei Stöcke, ein Pferdestall umgeben von großen Weiden und Feldern. In der Mitte der brennende Kern, in welchem sie ihre Tochter guten Gewissens zurückgelassen hatte.
„Du hattest versprochen vor dem Essen wieder da zu sein!“, ertönte eine weinende Stimme aus dem riesigen Holzhaus. Sie riss die Türe auf, sodass ihr qualmender heißer Rauch, der ihre Lunge zu verätzen schien, entgegen strömte. Mit den Händen das Gesicht schützend lief sie einen scheinbar endlosen Flur entlang. Die Stimme schien von allen Seiten zu kommen, und sich mit einem schäbigen Lachen zu vermischen. Eine weitere Tür. Nichts, nur abgebrannte Möbelstücke. Noch eine Tür. Nichts, nur eine fauchende Katze die zwischen ihren Beinen hindurch lief und das Weite suchte. Wieder eine Tür.

Miandra begann zu blinzeln und sah eine kahle Steinmauer vor sich. Vorsichtig berührte sie diese. Der kalte Stein, welcher diesen sandigen Geruch abgab und wovon leichter Staub abging als sie diesen anfasste, war real. Sie war sich sicher. Eine weitere Bewegung bestätigte es - die Schmerzen waren nicht verschwunden.
Vorsichtig versuchte sie sich aufzusetzen. Sie musste wohl die gesamte Zeit in derselben Haltung geschlafen haben, da sie ein steifes Kreutz hatte. Nachdem sie es geschafft hatte sich in einer halbwegs angenehmen Position hinzusetzen blickte sie sich um.
Abgesehen von Vernita, die auf der Matte neben ihr saß, schienen alle zu schlafen. Kurz blieb ihr Blick bei Azoth hängen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass dieser seit dem sie hier waren ein einziges Mal bei Bewusstsein war... oder hatte sie es auch einfach nur nicht mitbekommen? Schließlich wandte sie den Blick wieder ab, dabei drängten zu viele scheußliche Bilder in ihren Kopf.
„Wie lange habe ich geschlafen?“ fragte sie Vernita mit noch ziemlich verschlafener Stimme und griff nach der Teetasse von gestern, worin sich noch immer kalter Kamillentee befand.


Vernita wandte den Kopf, als sie Miandras Stimme hörte. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie gar nicht mitbekommen hatte, dass die schwarzhaarige Frau erwacht war. Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, während sie sich auf der Liege umdrehte, damit sie Miandra ansehen konnte.
„Es dürfte jetzt etwa Mittag sein. Du hast also eine ganze Weile geschlafen“, erwiderte die Elfe schmunzelnd auf die Frage der schwarzhaarigen Frau. „Und, wie geht es dir? Hast du Hunger? Möchtest du was essen?“


„Mittag?“ wiederholte sie etwas überrascht, sie fühlte sich nicht gerade danach als hätte sie besonders lange geschlafen, aber sie wusste auch nicht die Zeit zu welcher sie eingeschlafen war, also war es vielleicht auch gar nicht so lange gewesen? Sie beschloss darüber nicht länger nachzudenken und nahm einen Schluck von dem kalten Tee. Wie es ihr ging? Sie dachte einige Sekunden nach, doch ihr fiel darauf keine wirkliche Antwort ein.
„Ich möchte nichts essen... und nein, es liegt nicht an Eurer Kochkunst“, erwiderte sie schließlich und warf Vernita ein leichtes Lächeln zu, bevor sie mit einem Seufzer fortfuhr. „Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee wäre...“
Nachdenklich nahm sie einen weiteren Schluck aus der Tasse, und merkte erst jetzt, dass ihre Hände zitterten. Das Fieber war wohl verschwunden, doch ihr war nicht kalt, es lag an etwas anderem. Hatte sie etwa Angst davor sich wieder übergeben zu müssen? Hatte sie vergessen wie es sich anfühlt, wenn man Hunger hat? Sie wollte nicht darüber nachdenken, sie wusste genau woran es lag.
„Habt Ihr geträumt?“ fragte sie, wusste nicht warum. Aus Interesse, Neugierde, oder doch einfach nur um von sich selbst abzulenken?


„Es ist nett von dir, dass du das sagst“
, meinte Vernita auf Miandras Bemerkung über die Kochkünste der Elfe. „Aber es ist nicht nötig, mir zu schmeicheln. Ich weiß, dass ich als Köchin eine absolute Versagerin bin, somit hätte ich das Kochen sowieso jemand anderen überlassen. Aber da du ja eh keinen Hunger hast, ist auch egal. Dann kann ich ruhig die anderen mit meinem Fraß vergiften.“
Vernita lachte kurz auf, bevor sie wieder ernst wurde.
„Träume? Ja, Träume habe ich eigentlich ständig. Und ich kann mich auch meistens verdammt gut an diese erinnern, da sie sehr oft mit Visionen gepaart sind“, meinte die Elfe nachdenklich. Sie lächelte Miandra fast schon entschuldigend an, als sie deren skeptischen Blick bemerkte. „Ja, Visionen. Das hat was mit meinem Grauen-Wächter-Dasein zu tun. Dementsprechend düster sind diese Visionen auch zumeist. Aber in der letzten Nacht war das anders.“
Sie rutschte näher an Miandra heran, nahm deren Hände in die ihren und blickte die Frau fest in die Augen.
„Ich habe von dir geträumt, Miandra. Von dir und von deiner Tochter. Wir hatten sie gefunden. Und sie lebte. Hast du verstanden? Sie lebte!“ sagte die Elfe eindringlich, wobei ihr Blick soviel Zuversicht ausstrahlte wie noch nie zuvor. „Ich sah, wie du sie in deinen Armen hieltest und ihr beiden weintet vor Freude, wie es schien. Elana sagte, wie sehr sie dich liebt und dass ihr alles so schrecklich Leid tut, was geschehen sei, woraufhin du sie beruhigtest und ihr versichert hast, dass sie jedes Opfer und jede Anstrengung wert ist, welche du aufbringen musstest, um sie zu finden. Und mehr als jemals zuvor, bin ich davon überzeugt, dass es sich dabei nicht um einen Traum, sondern um eine Vision gehandelt hat. Hast du gehört? Verlier also nicht die Hoffnung! Wir werden Elana finden und sie retten! Koste es, was es wolle!“


Tränen sammelten sich in Miandras Augen, als sie die Ausführung dieser angeblichen Vision hörte und dabei spürte, wie sehr die Elfe daran glaubte. Den Enthusiasmus von Vernita hätte sie nur zu gerne geteilt, doch sie sah das Ganze aus anderer Sicht. Eine Weile ließ sie die Worte auf sich wirken und blickte dabei auf Vernitas Hände, welche die ihren hielten.
„Ich habe mich mit ihr gestritten an dem Tag als... Ihr wisst schon“, begann sie urplötzlich mit zittriger Stimme, den Tränen nur ein Blinzeln nahe. „Sie wollte mit mir mitkommen in den Wald, aber ich... ich hab sie bei den Nachbarn und ihren Freunden gelassen… sie hätte sich doch nur gelangweilt und nicht verstanden warum ich das tue... und ich wollte nicht, dass sie von den anderen Kindern als anders, oder ich als verrückt bezeichnet werde , wenn sie ihnen erzählt, wo wir waren. Es ist nicht schön für ein Kind zu hören, wenn über die eigenen Eltern gelacht wird. Aber sie hat es nicht verstanden, fühlte sich wohl von mir abgeschoben…“
Einige Tränen liefen ihr bereits an den Wangen hinab, als sich ein nachdenkliches Lächeln auf ihr Gesicht legte. „Ich glaube ich habe sie was das Essen angeht etwas verzogen… sie hasste es bei den Nachbarn zu essen, da es ihr dort nicht schmeckte. Ich glaube Euer Essen würde sie sofort wieder ausspucken.“
Sie seufzte, hielt einen Moment inne, löste ihre Hände aus Vernitas und wischte die Tränen mit dem Handrücken von den Wangen. „Daher… habe ich ihr versprochen, dass ich sie vor dem Abendessen wieder abhole… sie hat mir nicht geglaubt… und behielt Recht… Ich vergaß die Zeit und war wütend über einige Dinge, die sie mir an den Kopf geworfen hatte… und als ich zurück kam, sah ich schon von weitem das Feuer und…“
Miandra beende den Satz nichts sondern winkte mit der Hand ab, bevor sie vorwurfsvoll und etwas wütend fortfuhr. „Wahrscheinlich will sie mich sowieso nicht sehen... und wenn doch... was dann? Ich habe ohnehin schon versagt und ihr Leben zu Nichte gemacht... wer weiß was sie inzwischen schon alles durchmachen musste? Wie soll sie mir so etwas überhaupt verzeihen? Hätte ich sie mitgenommen, wie sie es wollte, dann wäre alles in Ordnung gewesen, dann wäre ich nicht hier, wäre nicht in diesem blöden Fort gewesen und hätte wohl schon irgendwo einen Ort zum Leben gefunden. Aber das war wohl meine gerechte Strafe für diese Dummheit. Und wie könnt Ihr Euch so sicher sein, dass wir sie finden? Vielleicht war es keine Vision, sondern nur ein normaler Traum? Ach ist doch auch egal... Momentan können wir sowieso nichts tun, außer hier herumzusitzen.“
Nervös und nachdenklich spielte sie mit einer Haarsträhne herum, um irgendetwas zwischen die Finger zu haben, um nicht gleich wieder loszuheulen. Gedanklich beschimpfte sie sich selbst über das was passiert war, und darüber, dass sie sich schon wieder darüber Gedanken machte, es brachte doch sowieso nichts.


Leanora gähnte und rieb sich verschlafen die Augen. Anscheinend war sie doch über Tjarks Buch eingenickt, und hatte lange geschlafen. Sie hörte Miandra und Vernita miteinander reden, wenngleich sie nicht verstand, was gesprochen wurde. Leanora streckte sich ausgiebig, wobei ihr ein leichter Stich durch den Unterarm fuhr.
„Aua!“ grummelte sie und blickte auf den Arm. Die Kruste die sich über dem Schnitt gebildet hatte, hatte sich ein wenig gelöst, als sie sich reckte. Sie hatte die Wunde beinahe vergessen, erst recht im Angesicht, was ihren Gefährten passiert war.
Ihr Magen knurrte, Hunger machte sich bemerkbar. Leise stand sie auf und ging zu den Vorräten. Darunter war auch Milch und etwas Grieß. Davon konnte sie durchaus einen Brei zubereiten, Butter und ein Glas Honig waren auch unter den Nahrungsmitteln. Das war auch so ziemlich die einzige Mahlzeit, die sie zubereiten konnte. Zuhause gab es dafür eine Köchin. Aber Leanora liebte süßen Grießbrei, und deswegen wusste sie auch, wie dieser zubereitet wurde.
Sie machte sich ans Werk, kurze Zeit später war die Milch heiß genug, um den Grieß einzurühren. Sie ließ das ganze ein wenig vor sich hin köcheln, zum Glück war die Glut vom Feuer noch heiß genug. Lea legte einen Holzscheit nach und pustete sachte in die Glut, so dass das Holz bald Feuer fing. Es knisterte, und eine herrliche Wärme ging vom Feuer aus. Sie bemerkte erst jetzt, dass ihr eigentlich kalt war. Um so mehr freute sie sich auf den warmen Brei, der gleich darauf fertig war. Sie füllte diesen in kleine Schalen, ließ ein paar Butterstücke darauf schmelzen und ließ ein paar Tropfen Honig aus dem Glas darauf fallen.
Zwei der Schälchen brachte sie nebst Holzlöffeln zu Vernita und Miandra.
„Guten Appetit, ich hoffe, ihr mögt Grießbrei.“
Sie selber setzte sich wieder auf ihre Liege, wickelte sich wieder in ihre Decke und aß mit Genuss ihre Portion.


Vernita lauschte aufmerksam Miandras Ausführungen. Nachdem diese damit fertig war, stand die Elfe auf und setzte sich neben die Frau. Sie unterdrückte den Wunsch, die schwarzhaarige Frau in den Arm zu nehmen, um sie zu trösten. Zum einen aufgrund von Miandras Verletzungen und zum anderen war der Elfe bereits aufgefallen, dass sich die schwarzhaarige Frau unwohl zu fühlen schien, wenn Vernita ihr zu nahe kam. So saß sie einfach neben Miandra, wobei sich die Arme der Frauen leicht berührten. Miandra sollte wissen, dass die Elfe für sie da war, ohne sich bedrängt zu fühlen.
„Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, wegen dem, was geschehen ist, Miandra“, meinte Vernita mitfühlend. „Dich trifft keine Schuld. Schließlich wolltest du nur das Beste für deine Tochter. Du konntest unmöglich wissen, dass etwas Derartiges geschehen würde. Und natürlich will sie dich wieder sehen. Bestimmt mehr als jemals zuvor. Und alles, was sie dir vorgeworfen hat, wird dann vergessen sein. Kinder sagen solche Dinge sehr schnell, ohne weiter darüber nachzudenken. Nach ein paar Stunden tut es ihnen dann meist schon wieder leid. Du wirst schon sehen. Alles wird gut.“
In diesem Augenblick kam Leanora mit ihrem Grießbrei vorbei und überreichte diesen an Vernita und Miandra.
„Danke“, meinte die Elfe noch, doch da war die Frau auch schon wieder verschwunden.
„Und was meine Vision angeht, da bin ich mir ganz sicher, dass dies mehr als ein Traum war. Dazu sind die Bilder immer noch zu deutlich in meinem Kopf vorhanden. Das ist mehr als reines Wunschdenken, wart es nur ab“, lächelte Vernita die Frau neben sich zuversichtlich an. „Aber jetzt lass uns was essen. Ich hoffe, dir bekommt das hier besser als meine gepantschte Suppe.“
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 4:02 pm

Als Leanora ihre Portion gegessen hatte fühlte sie sich etwas wohler. Sie stand nochmal auf, schürte das Feuer damit es nicht ausging und ihrem Versteck etwas Wärme abgeben konnte. Ihr Blick wanderte über die Gruppe. Azoth lag noch immer da wie beinahe tot, Sareth schlief den Schlaf des Gerechten, Rowan zuckte unruhig hin und her.
Helfen konnte sie ohnehin nicht, so beschloss sie, Tjarks Tagebuch weiterzulesen. Sie wickelte sich wieder in ihre Decke, und ihre Hände zitterten leicht, als sie das Buch öffnete. Was würde sie wohl über ihn - und Eshtá erfahren?

Ich glaube ich hab es geschafft. Ich habe endlich jemand gefunden der mächtig genug ist, mich zum Kommandanten von Fort Drakon zu machen. Die Dame wurde mir bei der Feier des neuen Arls vorgestellt. Sie ist zwar nicht hübsch, aber das interessiert mich nun wirklich nicht. Sie dürfte genug Einfluss besitzen, mich dahin zu bringen, wo ich hin will. Ich weiß noch nicht genau welchen Preis ich dafür zahlen muss, aber ich bin immer noch davon überzeugt, dass es das wert sein wird. Ich hoffe, dass es wie immer bei den üblichen Gefallen bleiben wird, Frauen können so einfach gestrickt sein manchmal. Anscheinend habe ich auch Eindruck bei ihr hinterlassen, denn sie hat mich zum Abendessen eingeladen. Nach dem was ich bis jetzt von dieser Eshtá Gianauro gehört habe befürchte ich aber, einen höheren Preis zahlen zu müssen. Aber egal was es ist, sobald ich Kommandant bin, habe ich die Macht hier Vieles zu ändern, die Folterungen zu unterbinden, den Soldaten anständige Löhne zu zahlen, Gefangenen Essen zu geben. Ich hoffe es wirklich. Die Zustände, die hier herrschen, sind mit dem Wort menschenverachtend nicht ansatzweise beschrieben. So darf es nicht weiter gehen.

Eshtá Gianauro und ein damit verbundenes gutes Ziel? Irgendwie konnte sich Leanora diese Kombination schon nicht vorstellen. Was war wohl der Preis den Tjark zahlen musste um schlussendlich Kommandant zu werden? Und was hat ihn wohl daran gehindert seine noblen Vorsätze zu realisieren? Die Antworten darauf waren hoffentlich in den nächsten Einträgen zu finden.

Meine Güte, ich bin noch völlig durcheinander. Diese Eshtá … nun gut, ich glaube, ich fange lieber von vorne an, zu berichten. Natürlich war ich pünktlich in der Taverne zum Wilden Eber, und die Dame hat mich bereits erwartet. Wir haben uns über alles mögliche während des Essens unterhalten, aber sie hat mich keine Sekunde aus den Augen gelassen. Sie war charmant, was ich von ihr nicht erwartet hätte, aber ich konnte ihr Interesse in ihren Augen erkennen. Ihre Stimme geht einem unter die Haut, sie ist tief und leicht rauchig, und als sie ihr Steak blutig bestellte, schaute sie mir tief in die Augen und meinte, so wäre es doch am besten. Diese Frau ist mir da zum ersten Mal ein wenig unheimlich geworden, ich glaube, es wäre nicht gut, sie sich zum Feind zu machen. Wir hatten einen netten Abend, und dieses Weibsbild verträgt mehr Alkohol als eine halbe Kompanie. Weiß der Geier, lag es am Rotwein, am Whiskey, oder hat sie mir etwas ins Glas gemixt? Jedenfalls war ich nach dem Essen wirklich scharf auf sie, keine Ahnung, wie sie das hingekriegt hat. Später sind wir bei ihr gelandet, ohne dem Vorwand, einen Kaffee trinken zu wollen. Sie hat es gleich drauf angelegt und gemeint, sie wolle die Nacht mit mir verbringen, und verdammt, diese Frau... sie weiß was sie tut. Wer hätte gedacht, dass dieser Mund so göttlich sein kann? Ich gebe zu, es hat mir mehr Spaß gemacht, als mir gut tut, und ich fiebere unserer nächsten Nacht entgegen.

Leanora unterdrückte einen Aufschrei. Eigentlich wollte sie vielleicht doch nicht so genau wissen, was er mit Gianauro zu schaffen hatte, aber da mußte sie nun durch. Weitere Einträge folgten, wo er seine sexuellen Erlebnisse mit Eshtá beschrieb. Leanora fand dafür nur ein Wort: pervers. Sie wusste nicht, wie dieses Weib es geschafft hatte, aber Tjark war süchtig nach der körperlichen Vereinigung mit diesem Miststück.

Heute habe ich nach der bisher besten Nacht mit Eshtá den Gefallen erfahren, den sie von mir fordert, im Gegenzug für meine Beförderung. An sich nicht ansatzweise so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ich sollte eine Rolle bei einer Verschwörung spielen, jemand des Verrats zu beschuldigen, beziehungsweise den Deckmantel des Schweigens um den Arl legen. Angeblich stecken noch andere, hochgestellte Personen, hinter dieser Verschwörung. Namen habe ich keine erhalten, aber es ist mir auch einerlei. Eshtá versicherte mir, diese Familie habe dem Land bis dato nichts Gutes gebracht, und man sie nun endlich ruhig stellen möchte. Da ich den Namen Bardigiano bis jetzt noch nicht gehört habe, gehe ich von einer Privatfehde aus. Oder um strategisch günstigen Landbesitz. Ob ich mich daran nun beteilige oder nicht, diese Intrige wird es geben.
Also werde ich meinen Nutzen daraus ziehen, bald schon werde ich Kommandant sein. Und hoffentlich das wieder gut machen können was ich tun musste um dahin zu kommen. Das Problem dabei ist nur, dass Eshtá mir eine Hiobsbotschaft überbracht hat. Sie ist schwanger.


Sprachlos war kein Ausdruck um Leanora in diesem Moment zu beschreiben, geschockt hätte es auch noch nicht getroffen. Der Mann dem sie binnen weniger Minuten ihr Herz geschenkt hatte sollte an der Intrige gegen ihre Familie beteiligt gewesen sein? Und Eshtá geschwängert haben? Sie wusste nicht, was schlimmer war, der Verrat an ihrer Familie, wo er dabei war - wenn auch nicht in tragender Rolle, oder dass ihr Feindbild, Eshtá, ein Kind von ihrem Liebsten unter dem Herzen trug? Warum hatte Tjark sie letztlich nicht verraten? Hatte er Schuldgefühle ihretwegen? Auch wenn sie große Angst hatte vor dem was sie noch zu lesen bekommen würde, fasste Leanora ihren restlichen Mut zusammen und las weiter.

Ich habe es geschafft, endlich. Ich bin Kommandant seit heute. Die Amtseinführung war etwas anders als ich es mir vorgestellt hatte, keine Parade, nur eine kleine Feier. Man gab mir einen dicken Wälzer zum Lesen. Mit Regeln, Vorschriften. Und ich glaube, ich sollte es besser nicht lesen, steht sicher nur drin was ich eh schon weiß. Eshtá und ich haben eine heiße Nacht verbracht, sie war mit Handschellen gefesselt. Später hat sie mich noch um meine Besinnung gebracht, und ich denke, es war die letzte Nacht. Es gibt für mich keinen Grund mehr, mit ihr zu schlafen. Andererseits kann ich mich kaum um die Verantwortung um unser Kind drücken. Dennoch ist sie sicher nicht die Frau, die ich mir als Eheweib gewünscht hätte. Außer der Erotik verbindet uns höchstens noch das Streben nach Macht, aber das war es dann schon. Wenn ich jemals heiraten sollte, dann… müsste ihr Wesen ähnlich Madeleines sein. Unschuldig, unverbraucht, ehrlich. Liebevoll. Wäre Madeleine nicht meine Schwester, ich glaube, ich würde sie sofort heiraten.

Leanora schluckte. War das die Antwort auf ihre Fragen? Er wollte eine Frau, die den Charakter seiner Schwester hatte... und war nicht sie, Leanora, ihr so ähnlich? Die Hoffnung wollte in ihr aufkeimen, aber sie riss sich zusammen und las weiter. Immerhin war da immer noch eine Schwangerschaft, wo sie wissen wollte, was aus Tjarks Kind wurde.

Ich habe heute die Folterungen sofort stoppen lassen, ebenso erste Gefangene entlassen. Meine Soldaten reagierten mehr als entsetzt, fragten mich, ob ich zur Feier des Tages zu viel getrunken hatte. Ich habe Ihnen gesagt sie sollen keine dummen Fragen stellen sondern meine Befehle befolgen.


Das war schon eher etwas, was Leanora lesen wollte, doch wenn Tjark damit begonnen hatte Fort Drakon nach seinen Vorstellungen umzugestalten, was mochte wohl passiert sein, dass er damit nie fertig wurde? Denn das Gefängnis, welches sie sah, war sicher nicht das, was man als human bezeichnen konnte.

Ich wurde heute zum Arl bestellt, meine Berichte abgeben, sagte man mir. Nun, dem war nicht so. Ich wurde nach Strich und Faden zusammengeschissen, was ich mir denn einbilde, Gefangene zu entlassen, die Folterungen zu stoppen. Das alles widerspreche genau dem, was meine eigentliche Aufgabe ist. Für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen, dass die Folterungen funktionieren, die Gefangenen solange leben bis sie reden. Was habe ich mir nur dabei gedacht ? Kommandant werden und frei entscheiden zu können? Die Welt zu ändern? Sei es nur im kleinen?
Ich habe keine Wahl. Wenn ich auch nur die Möglichkeit haben möchte, irgendetwas zu ändern, muss ich seinen Befehlen folgen. Der Traum, im großen Sachen zu ändern, war, so leid es mir tut, nur ein Traum. Wenn überhaupt, habe ich nur die Chance einzelne, kleine, ja eventuell sogar unbedeutende Dinge zu ändern. Nur war es das ganze dann noch wert? Ich habe Leute benutzt, einen Teil meiner Ideale verkauft, sogar mich selbst. Nur für die Chance etwas zu bewegen?
Nun muss ich feststellen, dass mir Hörner aufgesetzt wurden, und ich mein restliches Leben an eine Frau moralisch gebunden bin, die ich nicht will. Wobei sich mir die Frage stellt, ob im Falle Eshtá nicht sie mich benutzt hatte, statt umgekehrt. Vor allem ist ihr Interesse an mir merklich abgekühlt. Und ich bin im Zwiespalt. Pflicht und Ehre? Oder scheiß drauf? Dennoch, es wird mein Kind sein, und dieses Weibsbild wird es sicher nicht allein aufziehen. Ich will, dass es in einem guten Zuhause aufwächst, voller Liebe. Und nicht mit Intrigen und Kälte groß wird. Eshtá mag eine gute Kriegerin sein, eine Hure im Bett, aber eine liebevolle Mutter? Nie im Leben.


Leanoras Herz zog sich vor Mitgefühl zusammen. Tjark war innerlich doch der strahlende Held, den sie sich gewünscht hatte, aber das Umfeld hatte ihn, nach außen hin zumindest, zu einem völlig anderen Menschen werden lassen. Dennoch erkannte sie in seinen Einträgen, dass er sich diese damalige kindliche Unbeschwertheit erhalten wollte. Leider war es ihm nicht wirklich gelungen. Dass Gianauro ihn benutzt hatte statt umgekehrt hätte sie nicht verwundert. Leise seufzte sie auf. Was war mit dem Kind geworden?

Heute hab ich den Beweis erhalten, welch gutgläubiger Narr ich doch bin. Eshtá hat mir ins Gesicht gelacht, als ich sie darauf ansprach, wie sie sich unser zukünftiges Zusammenleben vorstellt. Sie meinte, es gab nie ein Ungeborenes, sie hatte es nur gesagt, um mich noch ein wenig zu halten, und um sicher zu gehen, dass ich nicht kneife bei der Verschwörung. Und ich sollte endlich lernen, mich wie ein erwachsener Mann zu benehmen, nicht wie ein Weichei. Diese Schlampe!
Aber ich kann nichts, rein gar nichts, gegen sie machen. Sie hat zu viel Macht. Am liebsten würde ich sie dafür grün und blau schlagen, und ihr den Rücken mit der Peitsche zerfetzen. Dann würde sie schon sehen, ob ich ein Weichei bin. Manchmal kann ich die Folterknechte verstehen, wenn sie Spaß an ihrer Arbeit empfinden.
Würde es sich um Eshtá handeln, würde ich mir die Folterung nicht aus der Hand nehmen lassen. Ich könnte mich gerade aufregen ohne Ende, von daher geh‘ ich nun lieber ins Wirtshaus und betrinke mich.


Leanora verschlug es die Sprache. Ihre Augen verengten sich und weiterer Hass auf dieses Miststück blitzte hervor. Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen, am liebsten hätte sie Eshtá auf der Stelle zur Rede gestellt. Wütend klappte sie das Buch zu und dachte über das Gelesene nach. Sollte sie Vernita näher über dieses Weib ausfragen?


Zuletzt von Allie am Fr 19 Aug 2011, 4:08 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 4:07 pm

Lydia zog kalte Luft ein. Sie lag dick unter Decken eingekuschelt in ihrem Lager. Behaglichkeit machte sich in ihr breit. Sie roch... Grießbrei. Grießbrei und Honig. Was sie daran erinnerte, dass sie seit Ewigkeiten nichts gegessen hatte. Verschlafen setzte sie sich auf und wickelte sich in ihre Decken ein.
„Ich rieche Grießbrei...“ brummelte sie verschlafen und lächelte.


Rowan erwachte, als sie Stimmen hörte und das Klappern von Geschirr. Sogleich stieg ihr ein Duft in die Nase und ihr Magen krampfte sich unangenehm zusammen. Ihr wurde bewusst, dass sie schon länger nichts mehr gegessen hatte und sie setzte sich vorsichtig auf und schaute sich um. Neben ihr regte sich Sareth und schlug ebenfalls die Augen auf. Als er Rowan ansah, zog sich sogleich ein Lächeln über sein Gesicht. Rowan errötete und wandte schnell den Blick ab.
Mit etwas wackeligen Beinen stand sie von der Liege auf und streckte sich. Die Wunden an ihrem Rücken und ihrem Oberschenkel spannten schmerzhaft, aber unangenehmer waren ihre steif gewordenen Glieder und Muskeln. Sie hatte zu lange gelegen. Zwar brauchte ihr Körper die Ruhe, aber lange hielt sie es nicht in ein und der selben Position aus.
Der Schmerz, den ihr die Wunden bereiteten, war nichts gegen die Unruhe, die sich in ihrem Inneren breit zu machen begann. Es zog sie weiter. Zu lange schon, war sie hier in dieser Stadt und der Keller, in dem sie sich nun versteckten, brachte ein beklemmendes Gefühl in Rowans Brust.
Sie folgte dem Geruch, der sich in ihrer Nase festgesetzt hatte und entdeckte einen Kessel, in dem scheinbar Grießbrei bereit stand. Sie schaute sich um und begegnete dem aufmunternden Blick von Leanora, die bereits dabei war, genüsslich eine Portion zu verspeisen. Neben dem Kessel standen weitere Schalen bereit und Rowan griff sich zwei davon. Sie trug sie zurück zu ihrer Liege und genoss das Gefühl, ihre Beine wieder zu bewegen. Eine Schale reichte sie Sareth und setzte sich dann auf die Kante, um ihre Portion zu essen. Der Grießbrei schmeckte süß und es war ein wundervolles Gefühl, etwas Warmes in den Bauch zu bekommen.
Wohlig seufzte sie, nachdem sie den letzten Löffel vertilgt hatte. Auch Sareth hatte sein Mahl beendet und stellte die Schale neben sich auf den Boden. Eine Hand schob er um Rowans Hüfte herum halb unter ihr Hemd, so dass seine warmen Finger ihre Haut berührten. Rowan erzitterte kurz und war überrascht, welch angenehme Gefühle die Berührung in ihr hervor riefen. Sie hielt einen Moment inne bevor sie sich sanft von ihm löste. So viel Nähe war sie nicht gewöhnt und auch wenn sie sie genoss, blieb sie doch vorsichtig.
Sie brachte sie Schalen zurück an die Kochstelle und schaute sich kurz um. Leanora, Miandra und Vernita waren ebenfalls wach und mit Essen beschäftigt. Die Schwarzhaarige sah sehr mitgenommen aus, aber sie lebte. Das kleine Mädel schien noch zu schlafen und der komische Elf war immer noch bewusstlos. Seine Wunden waren verbunden, doch auch er schien viel Blut verloren zu haben. Sein Gesicht war bleich und unbeweglich.
Rowan ging zu dem Wassertrog und nahm einige Schlucke daraus, bevor sie einen Becher mit Wasser füllte. Dann trat sie an den Elf heran und setzte sich neben ihn auf die Liege. Mit der Linken hob sie seinen Kopf an und legte ihn sich in die Armbeuge. Die Hand griff um seinen Kopf herum an das Kinn und öffnete mit den Fingern im Mundwinkel den Kiefer ein kleines Stück. Sie führte den Becher an seine Lippen und kippte vorsichtig etwas Wasser in seinen Mund. Ein leises Gluckern war die Reaktion des Mannes, der wohl etwas von dem Wasser in die Lunge bekommen hatte, doch schnell setzte der Schluckreflex ein und er trank ein bisschen von dem Wasser.
Zufrieden legte Rowan ihn auf sein Lager zurück und stellte den halb leeren Becher auf den Boden daneben. Dann begann sie langsam im Keller auf und ab zu gehen um ihre Muskeln etwas aufzuwärmen und zu dehnen.


Wortlos nahm Miandra die Schale mit dem Brei entgegen. Eigentlich wollte sie doch nichts essen und starrte daher auch einige Augenblicke nachdenklich in die Schale und rührte das Essen mit dem Löffel nur desinteressiert um. Wie sollte sie sich keine Vorwürfe darüber machen? Wem sollte sie denn sonst die Schuld geben? Ihren Nachbarn, weil sich diese nicht rechtzeitig irgendwo versteckt hatten? Ihrem Mann, der vielleicht in die Sache verwickelt war? Vielleicht dem Erbauer selbst?
Im Prinzip war es egal, wer daran schuld war, es würde nichts an der Sache ändern.
Sie versuchte das Thema zu vergessen und sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren, was ihr nicht wirklich gelang. Sie würde das alles wohl immer irgendwie im Hinterkopf haben. Eher automatisch ohne nachzudenken begann sie damit den Grießbrei zu essen, welcher durchaus genießbar war, und beobachtete die anderen. Rowan welche unruhig auf und ab ging, doch sie verstand das Verhalten nur zu gut, diese Wände waren erdrückend, auch ihr schliefen die Beine bereits ein und schienen komplett verspannt zu sein. Sie blickte sich weiter um und bemerkte erst jetzt, dass sie einer weniger waren.
„War denn der alte Magier als Einziger klug genug um nicht bei dieser Selbstmordaktion mitzuhelfen?“ sagte sie so als sei es eher eine Feststellung, als eine Frage, und blickte kurz zu Vernita bevor sie sich wieder dem Essen zuwandte.
Hennrik war doch ein mächtiger Magier und Miandra schloss es aus, dass gerade dieser fallen würde. Wahrscheinlich weigerte er sich dabei mitzuhelfen, was sie immerhin nachvollziehen konnte. Warum sollte er sich in den Tod stürzten? Er war doch, wie Vernita ihr berichtete, viel zu sehr an diesen Seelensplittern interessiert gewesen. Wahrscheinlich standen ihm die anderen nur im Weg, und er sonderte sich von der Gruppe ab. Das war zumindest die einzig logische Schlussfolgerung für Miandra.
Sie nahm einen weiteres Löffel von dem Grießbrei, welcher ihr inzwischen richtig zu schmecken schien, sodass die Schale bereits zur Hälfte geleert war.


Vernita hielt mit dem Essen einen Moment inne, als Miandra den alten Magier erwähnte. Den hatte sie schon gänzlich aus ihrem Gedächtnis gestrichen. Er war nichts gewesen, nur ein Bauernopfer, welches sie aufbringen mussten, um die schwarzhaarige Frau zu befreien. Sein Tod konnte ihnen eigentlich nur zum Vorteil gereichen. Nun würde er zumindest kein Problem mehr darstellen, wenn sie hinter das Geheimnis der Seelensplitter kamen.
Auf der anderen Seite fragte sich die Elfe, wie sie Miandra begreiflich machen sollte, dass Hennrik ihretwegen gefallen war. Die schwarzhaarige Frau machte sich schon genug Vorwürfe. Sie sollte sich nicht noch die Verantwortung für den Tod dieses alten Narren aufbürden. Sie könnte Miandra natürlich belügen, aber das brachte Vernita auch nicht übers Herz. Dafür mochte sie die Frau inzwischen viel zu sehr.
„Hast du schon mal einen klugen Mann gesehen?“ versuchte sie stattdessen einen Witz, doch sie merkte schnell, dass Miandra dafür im Moment nicht zu begeistern war, weswegen sie auch gleich wieder ernst wurde. „Nein, er ist tot. Er fiel in den Katakomben einer Falle zum Opfer. Denk nicht mehr daran. Wir dürfen jetzt nur nach vorne sehen und Vergangenes hinter uns lassen. Und deshalb sollten wir jetzt auch unsere nächsten Schritte planen.“
Die Elfe stellte ihr Schälchen zur Seite und hob den Kopf. „Leanora! Rowan! Sareth! Kommt bitte her! Ich habe mit Euch zu reden!“
Mehr oder weniger begeistert kamen die drei näher, wobei vor allem Sareth irgendetwas vor sich hin grummelte. Ihm passte es am Allerwenigsten, dass Vernita hier ganz offensichtlich das Kommando übernehmen wollte. Trotzdem gesellte er sich schließlich zusammen mit den anderen zu Miandra und der Elfe.
„Ich werde heute Abend eine kleine Exkursion nach draußen wagen, um die Lage zu erkundschaften“, verkündete Vernita, als sie alle beisammen waren. „Und einer von Euch soll mich begleiten. Meldet sich jemand freiwillig?“


Leanora riss die Augen auf. Freiwillig? Nach draußen? Allein der Gedanke ließ sie vor Angst beinahe erstarren. Aber Rowan war noch zu schwer verwundet, um Vernita zu begleiten. Und ob Sareth Rowan aus den Augen lassen würde, war zu bezweifeln. Außerdem würden sich die Elfe und der Kerl sonst zerfleischen.
Zaghaft trat sie vor.
„Ich komme mit. Unter der Bedingung, dass Ihr mir alles erzählt, was Ihr über Eshtá Gianauro wisst. Ich bin über ihren Namen des Öfteren gestolpert, und sie ist auf jeden Fall mit verwickelt, was die Intrige mit meiner Familie betrifft. Ich denke, ich habe mehr als ein Hühnchen mit dieser Dame zu rupfen.“


„Nun, da werdet Ihr Euch wohl hinten anstellen müssen, Leanora“, grinste Vernita böse. „Sie führte den Trupp an, der die anderen und mich umbringen wollte, also habe ich ein großes Interesse daran, sie einen Kopf kürzer zu machen. Ferner versuchte sie Rowan im direkten Zweikampf zu töten und als Krönung des ganzen dürfte sie mitverantwortlich für die Entführung von Miandras Tochter sein. Wie Ihr seht, ist die gute Eshtá bei uns allen ausgesprochen beliebt.“
Das Grinsen der Elfe verschwand, als sie nüchtern weiterredete. „Leider weiß ich nicht soviel über dieses Weib, wie ich es mir wünsche. Sie ist die rechte Hand des Arls von Denerim und beaufsichtigte die verbrecherischen Aktivitäten der Krähenanführerin Raswenjá in Lothering. Außerdem geht sie für die Durchsetzung ihrer Ziele über Leichen. Dummerweise hatte sie in dieser Stadt noch nichts zu sagen gehabt, als ich das letzte Mal hier zu tun hatte, sonst hätte ich sicher mehr Informationen. Ihr Aufstieg muss erst nach der Verderbnis erfolgt sein. Aber wenn Ihr noch etwas über sie wisst, dann wird es Zeit, uns dies mitzuteilen. Und lasst nichts aus. Alles kann wichtig sein, Leanora.“


Leanoras Gesichtsfarbe wechselte von bleich auf rot und dann wieder auf bleich. War denn das, was sie erfahren hatte, wichtig? Konnte es wichtig sein? Sie fühlte sich, als würde sie Tjark nun vollends verraten, wenn sie etwas davon erzählen würde.
„Sie... nun...“ Leanora schluckte. Sie konnte es unmöglich sagen. Schnell huschte sie zurück zu ihrem Lagerplatz, nahm das Buch, schlug die Seite auf, wo die Geschichte mit Eshtá los ging. Außerdem nahm sie noch die beiden Briefe in die Hand und überreichte dies Vernita.
„Hier, lest selber. Es geht über meine Kraft, das zu erzählen. Weiter bin ich aber noch nicht, ich weiß also nicht, ob da noch etwas Relevantes drin steht. Insofern wäre ich auch froh, wenn ich das Buch bis zu unserem Ausflug fertig lesen könnte.“
Sie reichte Vernita die beiden Briefe und Tjarks Tagebuch und zeigte auf den Absatz, wo Eshtá das erste Mal erwähnt wurde.
Mit klopfendem Herzen wartete sie, ob Vernita etwas dazu sagen würde. Außer, dass sie Tjark wohl in der Luft zerreißen würde.


Vernita überflog das Tagebuch und die Briefe nur, die ihr Leanora gegeben hatte, da sie im Grunde nicht davon ausging, dass sie Tjarks Tagebuch irgendwie weiterbringen würde. Er wäre ja auch ein Narr gewesen, wenn er belastendes Material in dieses Buch geschrieben hätte. Aber da er ja ein Mann war, konnte man so etwas Dummes natürlich niemals ausschließen.
„Nun, viel weiter bringt uns das auch nicht“, meinte die Elfe nach einer Weile. „Dass die gute Eshtá ein Miststück ist, wussten wir ja schon vorher. Würde sie nicht für die andere Seite arbeiten, könnte mir dieses Weib durchaus sympathisch werden.“
Ein Grinsen legte sich bei ihren Worten auf Vernitas Lippen. „Leider wird hier nicht explizit auf die Verschwörung gegen Eure Familie eingegangen, Leanora. Aber so wie ich das sehe, sollte der Oberst wohl nur als Opferlamm dienen, falls etwas bei der ganzen Sache schief gegangen wäre. Er muss wirklich ein Narr gewesen sein, dass er sich auf diese Spielchen eingelassen hat, nur um Kommandant auf Fort Drakon zu werden. Allerdings wenn ich so den Rest hier lese, so hätte ich von diesem idealistischen Träumer ohne Rückgrat auch nichts anderes erwartet, als den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen.“
Der Tonfall der Elfe wurde immer abfälliger, während sie weiter sprach. „Der traute sich nicht einmal zu für seine naiven Ideale zu kämpfen. Hatte wohl Angst davor, dass er das bisschen Macht, welches er sich ervögelt hat, wieder verlieren könnte, was? Na ja, was anderes würde ich von einem Kerl auch nicht erwarten.“
Vernita versuchte sich zu beruhigen, als sie das Tagebuch und die Briefe an Leanora zurückgab. „Und danke dafür, dass Ihr mich begleiten wollt. Mir wäre es zwar lieber gewesen wenn es jemand gewesen wäre, der mehr Erfahrung im Schleichen hat, aber wenn Ihr Euch an mich haltet, so dürfte da eigentlich nichts schief gehen.“
Bei ihrem letzten Satz warf sie Sareth einen vorwurfsvollen Blick zu.


Miandra dachte, dass sie nicht recht hören würde, als sie erfuhr, dass Hennrik durch eine Falle gestorben war. Im Prinzip war es ihr egal, da er schließlich selbst daran schuld war. Er ging auf seine eigene Verantwortung in diese Katakomben, sie hatte weder ihn noch einen der anderen darum gebeten sie aus dem Fort zu befreien. Miandra selbst hielt ihr Leben nicht für so wertvoll, dass man dieses retten musste. War sie überhaupt froh darüber, dass man sie gerettet hat? Nun hatte sie zwar die Möglichkeit ihre Tochter wieder zu finden... aber das wieder zu haben, was einem wohl alles im Leben bedeutet, bedeutet auch, dass man es erneut verlieren kann, wenn nicht sogar für immer. Wäre es nicht ein beruhigender Tod gewesen, ohne dem Wissen zu sterben, was genau dem Mädchen widerfuhr, als weiterzuleben, mit dem Gedanken daran...
Ja der Tod wäre definitiv eine Erlösung gewesen, davon war Miandra schon seit Jahren überzeugt, doch noch nie kam sie diesem auch wirklich so nahe. Es wäre ein einfacher Weg... all die Schmerzen und Sorgen wären dahin, es wäre endlich vorbei... wenn nicht dieses eine Gefühl da wäre, das sie am Leben hielt. Das Gefühl, es Elana schuldig zu sein sie zu finden... das Gefühl zu wissen, dass es ihr gut ging. Das war alles, worum es ging, und der Rest war unwichtig.
Es war unwichtig, dass der alte Mann sein Leben ließ, sie kannte ihn kaum. Natürlich war sie überrascht, da sie es nicht erwartet hätte, aber wahrscheinlich hätte er ohnehin nur noch ein paar Jahre gehabt, in denen er nur umhergeirrt wäre. Er hatte sein Leben schon gelebt... wie, das würde sie wohl nie erfahren. Natürlich war es schade, da ein Magier eine starke Waffe war...
Miandra kam irgendwie von ihren Gedanken ab, als Vernita und Leanora sich über Eshtá zu unterhalten begannen. Sie erinnerte sich wieder... die Frau die aus Lothering entkommen war... zu schade. Sie verstand zwar nicht ganz, was es mit all diesen Briefen und dem dicken Tagebuch auf sich hatte, doch es schien wohl dem Kommandanten, welcher wohl auch nur irgendein dummer notgeiler Mann zu sein schien, gehören - was sie nicht wirklich beeindruckte. Viel mehr faszinierte Miandra die Gesichtsfarbe von Leanora, sie musste wohl zu lange an dem kleinen Kamin verbracht haben - zumindest dachte Miandra, es würde daran liegen -, so rote Backen wie diese hatte. Es passte richtig gut zu ihren wohl gefärbten roten Haaren, wie ihr erst jetzt auffiel, und sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.


„Ich werde mit Euch gehen.“ Rowan hatte sich zu Vernita gedreht.
„Ich denke, ich bin von allen hier am besten geeignet für diese Aufgabe... neben Euch natürlich.“
Noch während sie zu der Elfe sprach, schaute sie sich bereits nach ihrer Rüstung um. Dabei stieß sie gegen Sareth, der sich ihr in den Weg gestellt hatte. Sein Blick verriet ihr, dass er sie nicht gehen lassen würde. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und die Stirn in Falten gelegt.
Rowan stieß einen Seufzer aus und ließ resigniert den Kopf hängen.
„In Ordnung, ich geb mich schon geschlagen.“
Mürrisch drehte sie sich weg und setzte ihren Streifzug durch den Keller fort. Doch lange hielt sie es nicht durch und musste sich wieder auf ihre Liege zurück setzen. Sie hasste es, wenn sie dazu gezwungen war, zu warten und untätig herumzusitzen.
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 4:12 pm

Leanora nahm Briefe und Buch wieder an sich. Eigentlich hätte sie es sich denken können, dass nichts von Belang war, was über Eshtá und Tjark im Buch stand, aber sie wollte auf Nummer sicher gehen. Mit hochrotem Kopf ging sie zurück zu ihrem Lager. Die Standpauke von Vernita hatte sie doch ziemlich verlegen gemacht, eigentlich wollte sie Tjark verteidigen, aber was hätte es gebracht? Rein gar nichts.
Sie setzte sich wieder und nahm ihre Gedanken wieder auf. Wie konnte Eshtá nur Tjark in dem Glauben lassen, Vater zu werden? War ihr nicht bewusst, dass er ein liebevoller Papa sein würde? Sie schlug die Seite auf und las weiter. Sie musste schmunzeln, als sie den nächsten Satz las:

Bin grad heim, hab wirklich zu viel intus. Nette Bekanntschaft gemacht, keine Ahnung, wie der Kerl hieß. Anonym, schnell und befreiend.. muss nun schlafen, der Erbauer möge mir keine zu großen Kopfschmerzen bereiten.

Ob es sich dabei um diesen William handelte? Andererseits wollte Leanora das nicht wissen. Dass Männer Sex mit Männern hatten, war einfach unvorstellbar, ekelhaft und pervers. Zumindest in ihren Augen.
Die nächsten Seiten füllten mehrere Abenteuer aus, Frauen wie Männer. Tjarks Kommentar dazu war folgender:

Ich weiß, es ist eigentlich nicht richtig, was ich derzeit mache. Aber es gibt mir ein gewisses Triumpfgefühl, wenn ich mich hier quer durch Denerim vögle, egal ob männlich oder weiblich. Vor allem das Weibsvolk will es doch nicht anders. Sie betteln geradezu danach, vernascht zu werden. Mir soll's recht sein.


Im Fort konnte ich immerhin durchsetzen, dass die Gefangenen eine vernünftige Mahlzeit am Tag erhalten, wenngleich ich das Zeug nicht essen würde, was sie vorgesetzt kriegen. Aber wenigstens müssen sie nicht mehr Hunger leiden, und auch Wasser können sie jederzeit haben.

Die Folterungen sind mir mittlerweile fast einerlei, auch wenn dabei schon der eine oder andere sein Leben gelassen hat. Zumeist – und glücklicherweise – haben sie zuvor doch noch gestanden oder die Wahrheit ans Licht gebracht. Ich sehe bei jedem der gefolterten Eshtá vor mir, und schalte das Gefühl aus, dass es vielleicht Menschen sind, die nichts verbrochen haben. SIE hat nichts anderes verdient. Aber sie hat zu viel Macht. Sie kennt Leute, von denen man nur träumen kann – nützliche und skrupellose Mörder zum Beispiel. Ob der Arl davon weiß? Sie versteht sich wohl recht gut mit einem Leutnant aus der Kaserne, der die neuen Rekruten ausbildet.
Er ist ein Riese, kahlköpfig, mit einer Narbe, furchteinflößend.
Ich habe versucht, ein wenig ihr Umfeld zu erforschen. Dabei bin ich auf diesen Brangroth gestoßen. Vorsichtige Erkundigungen ergaben, dass dieser wiederum einige Leute kennt die, nennen wir es beim Namen, nichts anderes als die besten Kopfgeldjäger sind, die ganz Thedas zu bieten hat. Gemunkelt wird von einer Zwergin, einem Qunari, und einem mächtigen Magus. Ich weiß nicht, ob das alle sind, aber mehr konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen. Dennoch reicht dieses, um mir immer bewusster zu werden, dass ich an Eshtá nicht soweit herankomme, um Rache zu nehmen. Mir wird nichts anderes übrig bleiben als eine gute Miene zur Schau zu stellen, zumindest, wenn ich Kommandant bleiben will.


Leanora überkam eine leichte Gänsehaut. Wie sehr hatte ihn dieses Weib verletzt, dass er sich so verändert hatte? Auf der Suche nach Bestätigung seiner selbst – der Siegeszug durch die Betten Denerims. Bei den Grausamkeiten, die er ursprünglich verabscheut hatte, sah er Eshtá vor sich und genoss es? Sie schüttelte den Kopf, und war gespannt, ob er diesen Schlag doch noch irgendwo verkraftet hatte. Außerdem hoffte sie immer noch, dass sie etwas über sich erfahren würde.
Doch bevor sie eine Antwort auf diese doch brennende Frage zu finden vermochte, stolperte sie über ein ihr durchaus bekanntes Thema.

Ich kann es einfach nicht glauben, ich hab heute den Brief meiner Mutter gelesen, nachdem der meiner geliebten Schwester doch eher nichtssagend war. Ich könnte mich ohrfeigen, ich hätte bereits seit zwei Tagen auf dem Weg zu ihr sein müssen, doch tat ich den Brief als reine Übertreibung ab, ohne zu ahnen, wie wichtig es wirklich ist. Sollte ihr währenddessen etwas zustoßen könnte ich es mir nie verzeihen. Ich bin bereits auf dem Weg nach Hause, die einzigen Gedanken die ich im Stande bin zu denken sind Hass, Wut und Abscheu. Ich fühle mich wie genau jener Offiziere der ich , meinen Ausbildern zu folge, hätte werden sollen. Hoffentlich komme ich rechtzeitig an, und dann Gnade ihm der Erbauer, ich werde es nicht tun. Verdammt, können diese Pferde nicht schneller laufen?

Leanora wusste bereits, was Tjark mit dem Verlobten seiner Schwester tun würde, trotzdem war sie gespannt wie es Tjark empfand. Als gerecht? Eventuell als Spaß?

Nach ein paar Tagen bei meiner Familie bin ich nun wieder auf dem Weg nach Fort Drakon. Ich konnte meiner Schwester helfen, jedenfalls glaube ich das. Nach einer durchaus einseitigen Unterhaltung, so nannte man das während der Offiziersschule, habe ich den Verbrecher der Justiz übergeben und dank meiner Beziehungen ein schnelles Urteil samt Vollstreckung erwirkt. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich ihn selbst getötet, langsam und schmerzvoll versteht sich. Aber ich weiß nicht, ob Madeleine oder Mutter das verkraftet hätten. Sie halte mich ja immer noch für einen grundguten Menschen. Es tut mir in der Seele weh, die beiden zurück zu lassen, aber sie wollen nicht mit nach Denerim kommen. Mutter meint, den Tod Vaters verarbeitet zu haben, den Eindruck kann sie mit Mühe und Not nach außen erwecken, aber in ihr tobt bestimmt alles. Madeleine … sie wurde übel zugerichtet, und ich könnte heulen vor Wut, was dieses Schwein ihr angetan hat. Auch darüber, dass ich ihr nicht stärker helfen kann. Das Schlimmste daran ist einfach der Vorwurf, den ich mir selber mache: Ich versuchte die Welt im Großen zu ändern, dabei zerfällt die Welt im Kleinen, bei mir zu Hause.


Leanora unterdrückte die Tränen, die ihr kommen wollten, was ihr schwer fiel, aber sie las weiter. Anscheinend war Tjark von Selbstzweifeln geplagt.

Seit ich wieder in Denerim bin fühle ich mich leer, wie eine Marionette. Ich fühle mich schuldig gegenüber meiner Familie. Ich hätte für sie da sein müssen, ganz so, wie mich Vater in seinem Brief gebeten hat. Aber nein, ich musste ja unbedingt Oberst werden. Mir mein Leben zu verbauen hätte ich sicher auch anders haben können. Ein kleiner Lichtblick kam heute durch einen Brief von Madeleine. Sie hat mir verziehen, beziehungsweise mich nie für schuldig gehalten. Das wiederum erleichtert mein Gewissen erheblich. Trotzdem glaube ich, dass ich nicht mehr so weitermachen kann, wie die letzte Zeit. Es wird wohl immer Menschen geben, denen man die Pest an den Hals wünscht. Madeleine konnte ich von Kjeld befreien, wie ich mir Eshtá vom Leib schaffen kann, weiß ich jedoch nicht. Ich werde in den sauren Apfel beißen müssen und wenigstens beruflich höflich mit ihr umgehen. Leider kann ich nicht auf sie verzichten. Sie ist die rechte Hand des neuen Arls. Welcher übrigens auch unter die Kategorie menschlicher Abschaum einzugliedern ist. Für ihn zählt wirklich nur Macht und Geld. Ob Königin Anora davon weiß?


Während Leanora sich mit Tjarks Gedanken auseinander setzte, bemerkte sie, dass dies so ziemlich der letzte Eintrag war, aber ihr innigster Wunsch wurde erhört. Sie fand einen Tagebuch Eintrag der scheinbar geschrieben wurde während sie im Badezimmer von Tjark war.

Ich... ich bin verwirrt. Ich habe noch nie so etwas gespürt, nur davon gelesen. In den Büchern nannte man es Liebe auf den ersten Blick, daran geglaubt hab ich nie. Doch als vorhin diese Sophia durch meine Tür kam, war es, als ginge die Sonne auf. Dieses Weib machte einen lasterhaften Eindruck, gut genug, um sie ins Bett zu kriegen. Aber diese Unsicherheit, als ich mich ihr näherte... ich konnte spüren, wir aufgeregt ihr Herz schlug. Ich könnte meinen Kopf verwetten, dass sie noch nie einen Mann gehabt hat, allein der Kuss war unschuldig, unerfahren. Ich hatte das Gefühl, die Zeit würde still stehen. Und sie ist wunderschön. Ihre Augen, olivgrün, honigfarbene Einsprengsel, ihr Haar weich, duftig, engelsgleich. Ihre Figur ein Traum. Ich glaube, ich habe mich tatsächlich verliebt. Nicht nur in ihre Unschuld. Sie erinnert mich in ihrer Art an.. Madeleine. Ob sie wirklich so ist? Ich werde es herausfinden, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Sollte sie ein ähnlich liebevolles Gemüt wie meine Schwester haben, dann werde ich sie heiraten. Sie, oder keine andere. Ich muss aufhören, sie kommt gerade aus dem Bad.

Leanora purzelten die Tränen nun wirklich aus den Augen. Vorsichtig schloss sie das Buch, drückte es an ihre Brust. Sie legte sich auf den Bauch und vergrub ihr Gesicht im Kopfkissen, worin ihre Tränen lautlos versickerten. Sie trauerte um Tjark, und es war, als würde ihr Körper vor Schmerz von innen heraus zerrissen werden.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 7:41 pm

„Seid Ihr sicher, dass dies das richtige Haus ist, Schätzchen“, meinte der Orlaisianer grinsend zu der Elfe gewandt.
„Natürlich bin ich mir sicher“; entgegnete diese leicht gereizt. „Und nennt mich nicht noch einmal so, falls Ihr nicht demnächst als Frau herumlaufen wollt.“
Die Zwergin kicherte albern, als sie die Worte der Elfe vernahm, während der Magus überhaupt nicht belustigt zu sein schien. „Schluss mit den Spielchen!“ kam er schnaubend dazwischen.
„Sieht so aus, als hätten die beiden schon eine Zeitlang hier mit dem Rumhängen verbracht“, witzelte die Zwergin mit einem Blick auf die beiden Leichen, die von der Decke des Zimmers hingen. Unzählige Fliegen kreisten ständig um die Kadaver herum, die schon langsam anfingen zu stinken.
„Wundert mich nur, dass die Nachbarn dieser beiden der Stadtwache noch nichts gemeldet haben“, meinte die Elfe nachdenklich. „Diesen Gestank hätten sie doch eigentlich bemerken müssen.“
„Nicht unbedingt. Schließlich stinkt das ganze Viertel doch so widerwärtig“, bemerkte der Orlaisianer grinsend und gab der toten Frau einen leichten Stoß, woraufhin diese hin- und herbaumelte. „Ob die beiden tatsächlich Selbstmord begannen haben?“
„Sieht so aus“, vermutete die Zwergin. „Hier liegt ja auch ein Brief von einem Mann, der anscheinend der Geliebte dieser Frau war. Wahrscheinlich hat der Mann diesen Brief gefunden und anschließend seine Frau und danach sich selbst umgebracht.“
„Klar. Sicher. Natürlich“, entgegnete die Elfe spöttisch. „Die Zeugin eines Mordes begeht einen Tag, bevor die Leute, die sie verpfiffen hat, aus dem Knast befreit werden, Selbstmord. Das kann man vielleicht der Stadtwache erzählen, der das alles am Arsch vorbeigeht oder solch einfältigen Gnomen wie Euch, aber mir bestimmt nicht.“
„Ihr wollt wohl unbedingt mit meiner Axt Bekanntschaft machen, was?“
drohte die Angesprochene wütend und funkelte die Elfe mit ihren dunklen Augen böse an. Sie hatte den Griff ihrer Waffe bereits in der Hand.
„Ich sagte, es reicht!“ mischte sich der Magus erneut ein. Die beiden Streithähne verstummten sogleich. „Die Elfe hat recht“, fuhr der Magier fort. „Das war das Werk eines Profis. Wahrscheinlich wollte die Elfe, die wir suchen, oder einer ihrer Komplizen nur diese lästigen Zeugen loswerden.“
„Das sehe ich genauso“, kommentierte die Elfe. „Und hier werden wir auch keine anderen Anhaltspunkte finden. Suchen wir woanders weiter und überlassen es der Stadtwache, hier aufzuräumen.“
„Genauso werden wir es machen. Sagen wir Brangroth Bescheid, dass hier Arbeit für seine Männer herumliegt. Los geht’s!“ befahl der Magus und verließ das Zimmer wieder. Die anderen folgten ihm nach und nach.
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BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 7:48 pm

Lydia quälte sich unter Schmerzen auf. Das erste Mal, seitdem sie wieder hier waren, dass sie aufgestanden war. Sie humpelte hinüber zu Leanora und ließ sich zu ihr fallen. Kraftlos legte sie ihr die Arme um die Schultern und lehnte ihren Kopf an sie. Sie wusste in dem Moment nicht wirklich was sie sagen sollte, zumal ihr die Schmerzen sowieso fast den Atem raubten.


Azoth lag noch immer auf der Liege. Während er einem tiefen langem Schlaf verfallen war, spielten sich in seinem Kopf immer wieder die selben Momente ab. Was hatte er damals falsch gemacht, dass ihn seine Eltern so behandelten, und er sie dafür umbringen MUSSTE. Eigentlich hätte alles anders laufen können, wenn das sich nicht so lange hingezogen hätte. Er hatte sich nie gewehrt, auch nicht ein Wort gesagt, die Prügel und Demütigungen hingenommen. Aus Angst. Angst, noch mehr zu erhalten, und irgendwann zu sterben.
Als er seine Eltern umgebracht hatte, überkam ihn das Gefühl der Freiheit, der Erlösung, und er war sogar glücklich in diesem Moment. Er hatte sich zur Wehr gesetzt, wenn auch auf eine Weise, die nicht hätte sein müssen.
Die Bilder änderten sich, und er erinnerte sich daran in einem Käfig zu sitzen. Zusammen mit Miandra. Sie wurden wieder hinausgezogen, und gefoltert. Er sah, wie man ihren Kopf untertauchte, immer und immer wieder, und sie es langsam über sich ergehen ließ. Er dachte schon sie hätte aufgegeben. Plötzlich kamen seine Begleiter, und alles ging recht schnell, ehe er bewusstlos wurde.
Doch eine Frage blieb offen. Was war mit Miandra? Und, war er etwa tot?
Plötzlich schreckte er hoch, tief Luft holend, und wild am Atmen. Die Augen die er aufriss, schloss er sofort wieder schmerzvoll. In seinem Kopf wie an seinem ganzem Körper pochte es. Überall hatte er schmerzen, und er stöhnte schmerzvoll.
Übereilig drehte er sich zur Seite, mit geschlossenen Augen um aufzustehen. Doch er konnte sich nicht an seinen Armen aufstützen, und somit nicht aufstehen. Warum war er überhaupt wieder aufgewacht? Kurz kniff er sein Nasenbein mit den Fingern zusammen, und öffnete dann langsam die Augen.
Es war nicht sehr hell, nur ein paar Kerzen erfüllten den Raum mit Licht. Er wusste nicht einmal wo er war. Verwirrt schaute er sich um, sah wie Leanora weinte, und von dem kleinen Mädchen getröstet wurde. Sofort fragte er sich was los war. War etwa was mit Miandra geschehen? Er schaute sich weiter um, sah Rowan, die er überhaupt nicht leiden konnte, auf ihrer Liege sitzen. Lange blickte er nicht zu ihr, für ihn war sie uninteressant.
Er schaute weiter, und sah Miandra – endlich – neben Vernita sitzen. Und vor ihnen stand Sareth. Azoth ließ den Blick auf ihnen haften.
„Miandra?“ fragte er schließlich, und war froh, dass es ihr soweit gut ging.


Miandra beobachtete Leanora eine Weile. Fast schon wie besessen von diesem Buch des Kommandanten blättere sie dieses durch, was Miandra überhaupt nicht nachvollziehen konnte, vor allem da diese anschließend auch noch zu heulen begann. Wie konnte man wegen eines Buches, wo hauptsächlich Sexgeschichten aufgezählt wurden, zu weinen beginnen? ‚Diese Adeligen... komplett verweichlicht‘, ging ihr nur durch den Kopf, als sie plötzlich ihren Namen hörte, den Blick von Leanora abwandte und das schmerzverzerrte Gesicht von Azoth vor sich sah.
Einen Moment vergaß sie zu atmen, da sie bei dem Anblick all die Bilder der Folter vor sich sah. Schnell wandte sie den Blick von ihm ab, und hatte das Gefühl als würden sie diese kalten Steinwände erdrücken. Ihr Puls schien zu rasen, und ihr Körper signalisierte nur noch, dass sie von diesem Ort weg musste.
Ohne auf die Wunden zu achten stand sie schwerfällig auf, und stützte sich dabei in gebückter Haltung an der Steinwand ab. Kurz drehte sich alles vor ihr, und ihre Beine fühlten sich fast zu schwach an um sie tragen zu können, doch das Gefühl zu verschwinden war stärker, sodass sie die Wand los ließ und langsam, weiterhin in gebückter Haltung, in die Richtung des Ausgangs ging. Davor blieb sie schwer atmend stehen, und stützte sich erneut an einer Wand ab. ‚Nur eine kurze Pause‘, dachte sie sich dabei. Jede Bewegung schmerzte und sie fühlte sich zu schwach um weiter zu gehen, so sehr sie es auch wollte.


Vernita beobachtete Lydia, die zu der weinenden Leanora hinüber humpelte und sich zu ihr legte. Was hatte die Frau bloß? Trauerte sie etwa um diesen perversen Lüstling von Oberst? Weshalb? Was hatte sie mit diesem Kerl zu schaffen? Manchmal begriff sie die Menschen und ihr Verhalten einfach nicht. Oder es lag einfach daran, dass sie nur eine verweichlichte Adelige war?
Dann hörte sie auf einmal jemanden Miandras Namen rufen. Sie wandte den Kopf und sah direkt auf Azoth, der zum ersten Mal seit sie aus dem Kerker entkommen waren die Augen geöffnet hatte. Sie hatten ihn also doch nicht umsonst durch die halbe Stadt geschleppt. Der Elf fixierte die schwarzhaarige Frau, welche sofort ihren Blick von ihm abwandte. Dann rappelte sich diese schwerfällig auf die Füße. Vernita sah sie mehr als überrascht an.
„Was hast du vor?“ fragte die Elfe erstaunt, doch sie erhielt keine Antwort. Stattdessen bewegte sich Miandra langsam durch den Raum und zwar Richtung Ausgang. „Wo willst du denn hin?“
Vernita sprang ruckartig auf, wodurch sie erneut einen schmerzhaften Stich in ihrem Rücken spürte. Sie hielt einen Moment inne, wobei sie mit verkniffener Miene in Sareths Richtung blickte, der sie wütend anstarrte. Offenbar war ihm nicht entgangen, dass sie ihn vorhin indirekt einen Feigling genannt hatte. Und jetzt rang er wohl mit seiner Fassung, bevor er ihr eine passende Antwort geben wollte. Doch darauf wartete die Elfe nicht. Stattdessen lief sie hinter Miandra her. Als diese am Ausgang schwer atmend stehen blieb, holte Vernita sie ein.
„Hey, was soll denn das?“ fragte die Elfe sanft und legte ihr ganz vorsichtig ihre Hände auf die Schultern. „Du kannst jetzt nicht einfach gehen. Das ist viel zu gefährlich. Und außerdem bist du dafür noch zu schwach. Komm schon. Ich bringe dich zurück zu deiner Liege. Dort kannst du dich ausruhen und dich beruhigen. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Hier kann dir nichts geschehen. Ich bin ja bei dir.“


„Ich muss hier raus“, brachte Miandra panisch hervor und schnappte anschließend ein paar Mal nach Luft. Sie wollte nicht zurück auf die Liege und egal wie sicher dieser Ort auch war, er erinnerte sie in jenem Moment nur an die Zelle - eingepfercht in kahlem Stein, gefangen unter der Erde, wie lebendig begraben, ohne Ausweg. Doch ihr Körper schien ihren Willen nicht zu teilen, fühlte sich schwach, unbeweglich und jede Bewegung zog schmerzhaft, und hätte Vernita sie nicht an den Schultern festgehalten, wäre sie wahrscheinlich schon längst zusammengebrochen.


„Na gut, Miandra“, meinte Vernita sanft. „Wir gehen für einen Moment nach oben. Dort kannst du dich an ein Fenster setzen und etwas frische Luft schnappen, in Ordnung? Komm, ich helfe dir.“
Die Elfe legte vorsichtig einen Arm um Miandras Hüfte, während sie einen der Frau auf ihre Schulter legte.
„Halt dich an mir fest“, sagte sie, wobei sie mit der freien Hand den Öffnungsmechanismus betätigte. „Ich stütze dich.“
Vernita führte die schwarzhaarige Frau durch den Ausgang, während sie sich an die anderen wandte. „Schließt die Tür hinter uns. Wir sind gleich zurück.“
‚Oder nie mehr...’ vollendete sie den Satz in Gedanken, da sie es als großes Risiko betrachtete ihr Versteck zu verlassen, doch für Miandras Wohlergehen war sie bereit, dieses Risiko einzugehen.
Sie dachte eigentlich daran, die Frau die Treppe hinaufzutragen, doch die Elfe wusste auch, dass Miandra dies sicherlich abgelehnt hätte. Dazu war die schwarzhaarige Frau zu stolz. Und außerdem würde ihr etwas Bewegung sicher nicht schaden. Zumindest hoffte Vernita das.
Langsam aber sicher geleitete sie Miandra die Treppe hinauf. Sie sah deutlich, wie sehr sich die Frau bemühen musste, doch ihr eiserner Wille hielt sie zusammen mit dem unterstützenden Griff der Elfe auf den Füßen. Aber die Anstrengung konnte man leicht auf dem schweißbedeckten Gesicht Miandras ablesen.
Sie führte die Frau in den Wohnbereich der Schmiede und setzte sie auf einer Bank ab, die vor einem Fenster stand. Nachdem sich Miandra stöhnend niedergelassen hatte, öffnete die Elfe die Läden des Fensters und sah hinaus. Draußen sah sie die menschenleere Straße, sowie den Regen, der in Strömen goss. Eine angenehm frische Luft drang durch das Fenster in den Raum. Genau das, was Miandra jetzt brauchte.
„Ich hoffe, die Luft wird dir gut tun“, bemerkte die Elfe fürsorglich, während sie sich neben der Frau auf die Bank setzte. Dabei fiel ihr auf, dass sie sich immer noch nichts übergezogen hatte. Sollte der Schmied ins Zimmer kommen, würde ihm sicher wieder die Kinnlade auf den Boden fallen. Vernita schmunzelte leicht bei diesem Gedanken, wobei sie zufrieden Miandra beobachtete, welche die frische Luft genussvoll einatmete.


Langsam verebbten Leanoras Tränen, auch dank des Trostes, den das Mädchen spendete. Trotzdem fühlte sie sich leer, seelenlos, und schuldig. Sie hatte Tjark verraten. Alles lamentieren half nichts, lebendig wurde er nicht mehr, und sie musste sich wohl oder übel damit abfinden, ihre Liebe, auf die sie gewartet hatte, verloren zu haben. Aber sie schwor sich, dass dieses Tagebuch irgendwann den Weg zu seiner Familie finden würde. Schließlich war es ein Teil der Familienchronik.
Vorsichtig richtete sie sich auf und blickte Lydia mit verheulten Augen an.
„Danke Kleines. Es ... es geht schon wieder. Wie fühlst du dich? Ist alles in Ordnung?“
Sie blickte sich im Raum um und bemerkte, dass Azoth erwacht war. Schnell sprang sie von ihrem Lager auf und ging zu ihm.
„Azoth! Andraste sei Dank, endlich habt Ihr die Augen aufgeschlagen! Habt Ihr Hunger oder Durst?“ Sie holte ihm einen Becher mit Wasser und führte es ihm an den Mund.
„Hier, trinkt ein wenig, und wenn Ihr nur die Lippen damit befeuchtet. Ihr müsst wieder zu Kräften kommen!“
Zu Kräften kommen? Bei diesen Worten fiel es ihr wie Schuppen vor die Augen.
„Wo ist Vernita? Ich glaube, ich muss ihr noch etwas erzählen, was vielleicht wichtig ist.“


Als Leanora aufsprang stieß sie Lydia rückwärts um, welche flach auf dem Steinboden aufschlug. Sie rang nach Luft und versuchte die Schmerzen zu ertragen welche mit einem Knacken in ihrer Brust aufflammten. „So... weit würde... ich sa...gen... ich le-be... noch... so“, stöhnte sie und versuchte zu grinsen.
Mit zittrigen Armen stützte sie sich ab und stemmte sich auf die Knie, doch weiter kam sie nicht. Als sie versuchte aufzustehen, versagten Arme und Beine den Dienst und sie wäre fast mit der gesamten Brust auf dem Stein aufgeschlagen. Mit Mühe hielt sie sich auf den Knien und versuchte mehr schlecht als recht zurück zu ihrem Lager zu kommen. Es war nicht allzu warm im Versteck und sie hatte - gelinde gesagt - einen Hauch von nichts an - eigentlich nicht viel mehr als einen Verband, welcher ihre gesamte Brust verdeckte und ein paar Wollhosen, was nicht wirklich gegen die kühle Luft des Kellers isolierte.


Leanora ging zurück zu Lydia, um ihr zu helfen auf ihr Lager zurückzukommen. Dann deckte sie das Mädchen fürsorglich zu und holte ihre eigene Decke, die sie zusätzlich darüber legte.
„Magst du etwas trinken? Tee vielleicht? Dann brühe ich dir danach kurz welchen auf.“
Dann wandte sie sich wieder ab und begab sich zum Kessel, um Tee für Lydia aufzubrühen.


„Danke Lea“, flüsterte Lydia heiser. Sie fühlte sich... ja wie? Nicht unbedingt schwach oder hilflos, nur unendlich müde, obwohl sie sehr lange geschlafen hatte. Die Schmerzen in der Brust waren einigermaßen verschwunden und ihre Rippen würden wohl relativ bald wieder zusammengewachsen sein.
Sie seufzte und setzte sich ein bisschen auf, gestützt von einem kleinen bauschigen Kissenberg. Sie blicke an sich herunter - zumindest soweit die Decke den Blick freigab.
„Irgendwie hat dieser Kleidungsstil... Stil. Modisch, wenn auch etwas frisch um die Arme.“
Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und grinste Leanora an.
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 7:56 pm

Es dauerte eine Weile bis sich Miandras Puls und ihre Atmung normalisierten, doch die frische Luft und das Geräusch des Regens beruhigten sie ungemein. Einige Zeit saß sie nur regungslos da, blickte durch das geöffnete Fenster und lauschte dem Prasseln des Wassers. Für einen Moment vergaß sie all die Schmerzen und die frische Luft schien ihr ein Gefühl von Freiheit und der Ruhe zu geben.
„Habt Ihr schon mal mit dem Gedanken gespielt Euch selbst umzubringen, da Ihr nichts lebenswertes in Eurem Leben seht?“ fragte sie Vernita ohne diese anzusehen sondern starrte weiterhin durch das Fenster.


Vernita war etwas überrascht, als sie Miandras Frage hörte. Deshalb antwortete sie auch nicht sofort, sondern grübelte erst einige Augenblick vor sich hin.
„Nein“, erwiderte sich schließlich fest. „Ich habe noch nie an Selbstmord gedacht. Nur einmal hatte ich mit dem Gedanken gespielt, mich einfach töten zu lassen, da ich keinen Sinn mehr darin sah, weiterzuleben. Das war der Moment, nachdem ich das Schwein getötet hatte, welches mir alles genommen hatte, was ich besaß. Meine Familie, meinen Stolz, meine Würde... mein Kind.“
Die Worte der Elfe wurden immer leiser, und sie schloss die Augen, da sie merkte, wie ihr die Erinnerung an ihren kleinen Sohn, welcher in seinem Bettchen abgeschlachtet worden war, Tränen in die Augen trieb. Sie atmete einige Male tief durch, um sich wieder zu fangen, was ihr aber nur halbwegs gelang.
„Doch ich habe diesen Gedanken schnell wieder verworfen“, erzählte Vernita weiter. „Mir wurde klar, dass mein Peiniger selbst nach seinem Ende noch gewonnen hätte, wenn ich aufgeben und den Freitod wählen würde. So beschloss ich, alles zu tun, was nötig war, um am Leben zu bleiben. Ich wurde ein Grauer Wächter, nicht weil ich von der Sache dieses Ordens überzeugt war, sondern nur, weil mir der Beitritt ein Ende an einem Strick erspart hatte. Genauso verhielt es sich mit der Verderbnis. Ich kämpfte nicht für diese Welt, sondern nur für mich selbst. Denn an jedem Tag, den ich mir erkämpfte und an dem ich nicht gestorben bin, besiegte ich dieses kranke Stück Scheiße. Und für lange Zeit, war dies mein einziger Lebensinhalt. Doch nun...“
Sie legte sanft ihre Hand auf Miandras Schulter und überlegte. Sollte sie es ihr sagen? Sollte sie es ihr offenbaren, was doch so offensichtlich war? Tat sie damit das Richtige? Oder würde sie nur alles zerstören? Doch schließlich konnte sie ihre Gefühle nicht ewig für sich behalten. Irgendwann müsste sie darüber reden oder daran ersticken. Und wer wusste schon, ob sie später noch einmal eine Gelegenheit dazu bekam, sie Miandra offen darzulegen.
„...nun habe ich dich“, fuhr sie mit leiser Stimme fort. „Und ich werde alles tun, was in meiner Macht liegt, um dir und deiner Tochter zu helfen, weil...nun...weil ich dich liebe, Miandra.“
Nach diesen Worten schwieg die Elfe, und für den Moment hörten die beiden Frauen nur das Plätschern des Regens und das Schlagen ihrer eigenen Herzen.


Miandra beobachtete weiterhin den herabfallenden Regen. Während Vernita ihre Frage beantwortete, musste sie zurückdenken, an vergangene Tage. Momente, an denen sie ebenfalls den Regen beobachtete. Miandra mochte den Regen, und verstand es eigentlich nicht, warum er als schlechtes Wetter definiert wurde. Der Regen tränkte die durstigen Pflanzen und spülte Blut und Schmutz vom Boden. Gäbe es keinen Regen, gäbe es auch kein Leben. Es waren vielleicht solche einfachen Dinge, wie der Regen, ein Windstoß oder der Sonnenschein, die es durch ihren einmaligen Anblick verhinderten, dass sie sich schon einst das Leben nahm. Aber waren solch kleine Dinge nicht ein unrechter Tausch gegen all die Qualen, die das Leben mit sich brachte? War sie vielleicht auch immer nur zu feige gewesen, es einfach zu tun, oder sah sie im Leben doch noch mehr? Die Frage wurde wohl beantwortet, als sie die Folter über sich ergehen lassen musste. Nun war sie davon überzeugt, dass der Tod eine Erlösung von diesem sinnlosen Leben, das zum größten Teil aus Schmerz und Leid bestand, war. Es war nicht so, dass sie sich selbst bemitleidete, das tat sie noch nie, aber manchmal wenn sie andere sah die lachen konnten... einfach so... dann fragte sie sich... warum?
Vielleicht verstand sie die Denkweise von Vernita. Am Leben bleiben, um denjenigen nicht gewinnen zu lassen, der ihr so viel Leid zufügte und um Abschaum abzuschlachten, der es nicht verdiente am Leben zu sein. Aber sie selbst... es gab niemanden, der sich dafür interessierte, ob sie nun tot war, oder weiterhin unbedeutend vor sich hin vegetierte. Es wäre egal gewesen. Vielleicht hätte sie sogar mit ihrem Tod einigen eins auswischen können, aber mit ihrem Leben? Eher nicht.
Doch dann wurde sie aus ihren Gedanken gerissen und in ein vollkommen anderes Thema katapultiert, womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte. Erst dachte sie, sie hätte sich verhört, doch die nachfolgende Stille bestätigte ihr insgeheim, dass dem nicht so war. Miandra verstand noch nicht einmal das Wort Freundschaft so wirklich, wie sollte sie dann erst so etwas wie Liebe verstehen? Für sie waren das beides Dinge, an die sie nicht glaubte... Oder redete sie sich das nur selbst ein, um ihnen aus dem Weg zu gehen? Wollte sie vielleicht gar nicht so sein, wie die Leute die lachen konnten?
Miandra versuchte all die Fragen, die durch ihren Kopf drängten, zu ignorieren, um sich auf die Situation zu konzentrieren, doch sie war noch nie in einer solchen, und wusste nicht wie sie damit umgehen sollte. Konnte sie das Gesagte überhaupt ernst nehmen? Gab es sowas Liebe überhaupt? Und selbst wenn... was sollte sie darauf antworten?
Miandra sah Vernita als eine Art Freundin an, als so etwas was sie nie hatte, jemanden der wusste, dass das Leben nicht aus Lachen und Glück bestand, jemand, bei dem sie wusste, dass er sie verstehen würde, das in gewisser Weise nachvollziehen konnte, was ihr selbst widerfahren war. Vernita verstand sie, und sie verstand Vernita. Das war das, was Miandra als Freundschaft definierte. Aber ab wann sah die Elfe mehr darin? War Miandra das nicht aufgefallen? War sie so blind?
Nein, sie war nicht blind. Sie wusste es, seit dem Vorfall mit ihren Eltern. Ab da hatte sich Vernita verändert, wurde immer fürsorglicher und schien nach ihrer Nähe zu suchen. Miandra wusste es die gesamte Zeit über, bei jedem Gespräch mit der Elfe spürte sie diese sorgenhaften Blicke - und ignorierte es. Aber warum? Warum blockte sie immer wieder ab und wollte das Offensichtliche nicht wahr haben? Hatte sie vielleicht Angst? Und selbst wenn, wovor?
Ja, sie hatte Angst, genau vor diesem Moment, wo sich das Vermutete bestätigte, und nach Bestätigung suchte.
Miandra wusste keine Antwort. Sie war mit der Situation komplett überfordert. Welchen Schaden könnte sie mit ein paar Worten anrichten? Sie wollte Vernita nicht weh tun, diese hatte ohnehin schon genug in ihrem Leben durchgemacht... aber sie konnte doch auch nicht lügen… Aber sie musste irgendetwas sagen...
„Warum sagst du mir das?“ Miandra wandte den Blick von dem Fenster ab und drehte den Kopf zur Seite, riskierte es Vernita direkt anzusehen, obwohl sie es eigentlich lieber nicht getan hätte.
„Du solltest doch wissen, dass ich dir die Antwort, die du gerne hättest, nicht geben kann... Du weißt doch, dass ich so etwas nicht kann...“ Vorsichtig nahm sie Vernitas Hand von ihrer Schulter und legte diese auf der Bank ab, bevor sie den Blick wieder auf das Fenster richtete.
„Es tut mir leid... Du hättest was Besseres verdient...“, fügte sie bedrückt hinzu, wusste nicht, was sie sonst hätte sagen sollen.


„Ich...ich verstehe“, erwiderte Vernita mit zittriger Stimme nach einem endlos scheinenden Moment des Schweigens, in dem nur das Plätschern des Regens zu hören war. Sie wandte sich ab, als die Tränen langsam über ihr Gesicht liefen. Sie schloss die Augen und versuchte ein Schluchzen zu unterdrücken.
Sie war enttäuscht. Mehr als jemals zuvor in ihrem Leben. Sie hatte soviel für diese Frau getan, und doch liebte diese sie nicht dafür. Was sollte sie denn noch alles vollbringen, damit Miandra klar wurde, dass die Elfe nicht mehr ohne sie sein wollte? Sollte sie die ganze Welt abschlachten? Um Miandra zu gefallen, würde sie das sogar tun.
Sie war enttäuscht, ja. Enttäuscht, aber nicht überrascht. Was hatte sie denn eigentlich erwartet? Hatte sie tatsächlich geglaubt, Miandra würde ihr vor Glück um den Hals fallen, nur weil sie ihr ihre Liebe gestanden hatte? Sie kannte die schwarzhaarige Frau doch inzwischen gut genug. Sie wusste genau, dass alle Gefühle in der Frau gestorben waren, und sie rein gar nichts mehr empfand. Und das würde sich auch so schnell nicht ändern. Warum sollte es sie also interessieren, dass so eine dumme, naive Elfe wie sie, ihr Herz an sie verloren hatte?
Wut kam in Vernita hoch und versuchte von ihr Besitz zu ergreifen und sie zu übermannen. Doch Miandra war nicht der Grund dafür. Nein, Vernita gab sich selbst die Schuld. Sie hatte nach dem Tod ihrer Familie eine Art Schutzpanzer um ihr Herz gelegt. Hatte jede Gefühlsregung außer Wut und Hass von sich gewiesen. Niemanden hatte sie je an sich herangelassen, um niemals wieder diesen Schmerz spüren zu müssen, der jetzt durch ihre Brust jagte und der schlimmer war, als alles, was sie in der Folterkammer ertragen musste.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. Sie kämpfte gegen den unwiderstehlichen Wunsch an, die Einrichtung des Schmiedes kurz und klein zu schlagen. Nur mit Mühe unterdrückte sie dieses Bedürfnis, um Miandra keine Angst einzujagen. Das hätte sie sicherlich nicht verstanden.
Sie wischte sich mit einer schnellen Bewegung die Tränen aus dem Gesicht und rieb sich über die Augen. Sie schämte sich dafür geweint zu haben. Es ließ so schwach und hilflos aussehen, wie ein kleines Kind, das sich im Wald verlaufen hatte und nach seiner Mama schrie, weil es nicht mehr nach Hause zurückfand. Und dabei wollte sie nie wieder schwach sein. Sie musste doch stark sein, für die Aufgabe und für Miandra. Was anderes würde die Frau doch nicht von ihr erwarten, und die Elfe wollte sie auf keinen Fall enttäuschen.
Vernita nahm sich zusammen, bevor sie weitersprach. Sie hatte nicht viel Erfahrung damit, jemanden ihre Gefühle zu offenbaren oder überhaupt mit Situationen wie dieser hier umzugehen.
„Es muss dir nicht leid tun“, sagte sie so ruhig und sachlich wie sie nur konnte, doch schon bildeten sich erneut Tränen in ihren Augen und dafür verfluchte sie sich selbst. „Ich weiß, dass du im Moment nicht imstande bist, für jemanden etwas zu empfinden, was über schlichte Toleranz hinausgeht. Ich habe dir das auch nur gesagt, weil ich nicht will, dass es zwischen uns noch irgendwelche Geheimnisse gibt. Und dass du weißt, dass ich bis zum Ende bei dir bleiben werde, ganz gleich, was da auch noch auf uns zukommen mag. Ich erwartete nicht von dir, dass du mich liebst, so wie ich dich liebe. Ich hoffe nur, dass du dich von nun an nicht unwohl in meiner Nähe fühlen wirst, jetzt wo du weißt, was ich für dich empfinde. Alles, was ich will ist, dir dabei zu helfen, deine Tochter zu finden. Und wer weiß, vielleicht erlaubst du mir auch, dass ich bei dir bleiben darf, nachdem wir sie aus den Klauen dieser Scheusale befreit haben. Aber das sollten wir nicht heute entscheiden. Nicht, wo noch soviel Arbeit vor uns liegt.“
Die Elfe stand auf und ging auf den breiten Tisch zu, der in der Mitte des Raumes stand, wobei sie sich abermals über die Augen rieb. Danach stützte sie sich mit beiden Händen auf dem Möbelstück ab und starrte ausdruckslos auf die Tischplatte.


Miandra starrte weiterhin aus dem Fenster, wagte es nicht Vernita anzusehen. Sie spürte an dem zittrigen Klang ihrer Stimme, wie viel Kummer darin innewohnte, und ohne hinzusehen merkte sie, wie sich Vernita neben ihr verkrampfte und mit ihren Tränen kämpfte.
Wäre die Stimmung in jenem Moment nicht so drückend gewesen, hätte Miandra beinahe zu lachen begonnen. Nicht über Vernita, sondern einfach über das Leben. Als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war, hätte sie sich wohl nichts sehnlicher gewünscht, als von irgendjemanden solche Worte zu hören. Ja, sogar als sie geheiratet hatte, glaubte sie noch daran, dass es so etwas wie Glück und Freude im Leben gab. Aber jetzt?
Jetzt?
Nach so vielen Jahren?
Jetzt, wo sie sich bereits damit abgefunden hatte, dass es für sie so etwas nicht gab?
Jetzt, wo sie nicht mehr dazu fähig war, wie ein kleines Mädchen zu denken?
Jetzt, wo sie nicht mehr daran glaubte?
Jetzt, wo es zu spät war?
Jetzt kamen diese Worte?

Ja, das Leben war lächerlich. Miandra konnte nicht nachvollziehen, was gerade in der Elfe vor sich ging, aber sie fühlte sich schuldig dafür, auch wenn sie nicht wusste wieso... was hätte sie denn dagegen machen sollen, dass diese so für sie empfand? Oder hatte sie etwas falsch gemacht? Was war der Auslöser dafür?
Natürlich waren das Fragen, die sie sich selbst nicht beantworten konnte, denn so einfach schienen solche Gefühle nicht zu funktionieren. Miandra musste sich zwar schon oft in eine solche Rolle hineinversetzen, wenn man nur so tun musste als ob... aber das war auch nicht schwierig für sie, da es sich dabei immer um irgendwelche Männer, ihren eigenen Mann oder dumme Tratschweiber handelte, die sie nicht leiden konnte.
Aber hier? Sie konnte hier nicht einfach so tun als ob... das war etwas komplett anderes. Damals diente das alles nur einem einfachen Zweck, aber hier? Sie würde Vernita nur belügen - was sie nicht konnte und womit sie ihr ohnehin nur noch mehr weh tun würde.
Miandra musste einige Male schlucken, als sie erneut die Stimme hörte, welche voller Enttäuschung war, und erst als Vernita aufstand und sich wegsetzte, blickte sie ihr nach. Sie konnte sich an den Moment erinnern, als diese ihr das mit der Folter und ihrem Kind erzählt hatte, konnte sich an all die Trauer, den Schmerz und das Leid erinnern, welches sie in Vernita gesehen hatte, wenn sie diese anblickte. Nie hätte sie gedacht, diese noch niedergeschlagener zu sehen als damals, als sie an dem Feuer saßen.
Sie hatte sich geirrt, denn gerade eben sah sie es... und es war nur wegen ihr. Noch nie sah sie wie jemand weinte wegen ihr als würde die Welt untergehen... und Vernita nahm es ihr nicht einmal übel? Wollte ihr noch immer helfen?
Miandra war mit ihrer Weisheit am Ende und wäre am liebsten an einem anderen Ort gewesen, doch sie wusste, dass das nicht ging, aber der Anblick machte sie wahnsinnig. Noch nie ertrug sie es die Elfe weinen zu sehen. Das war ein Bild das einfach nicht passte und sich in ihre Seele grub - so wie damals am Feuer - so wie damals in der Taverne.
All das ging über Miandras Verstand hinaus und sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Nichts, was sie sagen würde, würde etwas an der Situation ändern. Aber vielleicht ging es auch gar nicht darum? Immer wieder schien sie sich im Kreis zu drehen - aber es gab nur eine Lösung, und die konnte sie ihr nicht geben. Vernita wollte von ihr geliebt werden, auch wenn sie es gerade nicht zugab - wieso sollte sie denn sonst weinen? Bestimmt nicht, weil es ihr egal war. Aber zu so etwas war Miandra einfach nicht im Stande. Das Einzige, was sie empfand, war Mitleid - genau das was Vernita wohl am wenigsten von ihr brauchte und wollte... aber mehr konnte sie ihr einfach nicht geben.
Nachdem sich Vernita an den großen Tisch niedergelassen hatte, kehrte ein langer Moment der Stille ein, in dem man nur das Plätschern des Regens hören konnte. Miandra ließ die Situation mehrmals auf sich wirken, überlegte, was sie tun oder sagen sollte, aber es half nichts. Sie konnte hier nichts schönreden.
„Wir sollten wieder nach unten gehen...“ sagte sie heiser und begann sich bereits von der Bank aufzurappeln - was ihr sichtlich schwer fiel, da all die Wunden höllisch spannten. Eigentlich wäre sie lieber hier geblieben, wo man sich nicht wie in einem Gefängnis fühlte, aber sie hielt es nicht länger aus Vernita anzuschweigen, wusste aber auch nicht, was sie ihr sagen, oder worüber sie mit ihr reden sollte.


Miandras Worte rissen Vernita aus ihren Gedanken. Sie schreckte hoch und sah für einen Moment die gegenüberliegende Wand an. Dann fuhr sie sich noch einmal über das Gesicht, bevor sie sich wieder zu der schwarzhaarigen Frau hin umdrehte.
„Du hast recht“, sagte sie und versuchte zu Lächeln, was ihr allerdings nicht wirklich gelang. Der Elfe fiel auf, wie Miandra sich mit dem Laufen schwer tat und trat sogleich zu ihr. „Warte, ich helfe dir. Und keine Widerrede. Ich werde dich auch nicht beißen, in Ordnung?“
Vernita schlang einen Arm um Miandras Körper, die ihrerseits einen ihrer Arme wie schon zuvor über die Schulter der Elfe legte. Diese merkte sofort, dass es der schwarzhaarigen Frau sichtlich unangenehm war, dass Vernita ihr so nah kam, da sich deren ganzer Körper schlagartig versteife. Doch sie ließ sich trotzdem von der Elfe helfen, da sie ja auch nicht wirklich eine Wahl hatte. Alleine wäre sie die Treppe niemals unbeschadet hinunter gekommen.
Schweigend gingen die beiden Frauen wieder zurück in den Keller und in das Versteck. Vernita führte Miandra zu deren Liege, auf der sie diese sich vorsichtig hinsetzen ließ. Sie selbst setzte sich direkt neben sie und sah die schwarzhaarige Frau mit leeren Augen an.
„Hast du vielleicht Durst? Möchtest du etwas trinken?“ fragte die Elfe schließlich, nur um dieses bedrückende Schweigen zu brechen. Ein verlorenes Lächeln legte sich dabei auf ihre Lippen.


„Nein es geht schon...“, erwiderte sie bedrückt.
Vernita wollte nicht, dass sie sich in ihrer Umgebung unwohl fühlte, aber das Wissen darüber zu haben, welche Gefühle diese tatsächlich für sie hegte, schien dieses Verhalten nur noch zu verstärken. Wie sollte sie sich denn sonst fühlen? Würde sie in Vernita denn nicht mit jedem anderen Gefühl eine Art von Hoffnung wecken? Wo es doch nichts zu hoffen gab...
Miandra fühlte sich nun so, als würde jede Antwort auf eine Frage, oder jede Aussage, die sie tätigte, von großem Wert sein, als könnte sie jederzeit irgendetwas damit zerstören oder aufflackern lassen, als würde sie vor einem Richter sitzen, der sie genauestens unter die Lupe nahm, als würde man sie von allen Seiten anstarren. Ja, sie fühlte sich einfach unwohl. Doch Miandra fragte sich dennoch, wie lange die Elfe es aushalten würde, so viel zu tun, ohne etwas dafür in Anspruch zu nehmen... oder eher ohne irgendjemand anderen dafür zu köpfen… Miandra kannte Vernita gut genug, um zu wissen, dass Geduld oder eher ein Weg ohne Gewalt nicht wirklich zu den Stärken der Elfe zählten. Oder hatte sie sich in ihr vielleicht geirrt? Zumindest fühlte sie sich gerade eher so, als hätte sie einen dünnen Faden in der Hand, der nur bei der kleinsten Bewegung reißen könnte.
Man konnte das Gefühl nicht als ‚Macht über einen anderen haben‘ definieren, da sie diese nicht hatte. Sie konnte Vernita aus ihrer Sicht nur in eine Richtung lenken - in eine falsche.
Etwas abwesend griff Miandra nach einer Decke, lehnte sich vorsichtig an die kühle Wand und wickelte sich förmlich in dem Stoff ein - als würde dieses unwohle Gefühl dadurch verschwinden.
„Wolltet Ihr nicht mit einem der anderen nach draußen gehen?“ fragte sie Vernita vorsichtig, damit es nicht so klang, als würde sie diese loswerden wollen.


Entsetzt musste Vernita feststellen, dass Miandra sie wieder mit einem sehr förmlichen ‚Ihr‘ angesprochen hatte, statt sie wie vorhin noch zu duzen. Das wog für die Elfe schlimmer, als alles, was die schwarzhaarige Frau hätte sagen können, selbst schwerer als der Eindruck, dass Miandra im Moment nur versuchte, sie loszuwerden. Es zeigte ihr deutlich, dass die Frau sie nicht liebte und es auch niemals tun würde und dass sie offenbar nicht einmal ihre Freundschaft anstrebte. Ein Stich schien Vernitas Herz in diesem Augenblick zu durchbohren. Sie hatte alles verloren, was sie sich so sehr gewünscht hatte und hätte am liebsten gleich wieder angefangen zu weinen. Doch dieses Mal riss sich die Elfe zusammen. Sie wollte kein Zeichen von Schwäche mehr aufkommen lassen.
„Das hat noch etwas Zeit. Es muss draußen erst einmal dunkel werden, ansonsten ist es zu riskant“, erwiderte sie nur tonlos. „Aber ich habe trotzdem noch etwas zu tun. Ich muss mich vorbereiten… etwas trainieren, um wieder in Form zu kommen. Dieses ganze Herumlungern hier lässt mich sonst noch einrosten. Wenn du mich brauchst, dann findest du mich dort hinten in der Ecke.“
Das war natürlich eine glatte Lüge, da sich die Elfe in Topform befand, trotz der Verletzung, die sie erlitten hatte. Doch sie wusste genau, dass die Enttäuschung, welche sie soeben erlitten hatte bei ihr in Aggression umschwenken würde. Und diese wollte sie nicht an Miandra auslassen, vor allem deshalb nicht, weil sie der Frau nicht einmal die Schuld für dies alles hier gab.
Die Elfe stand auf und ging zu der Stelle hinüber, an der sie das Lagerfeuer angezündet hatte. Während sie dorthin unterwegs war, ballte sie ihre rechte Hand zur Faust und schlug mit der anderen Handinnenfläche immer wieder auf diese Faust ein. Dabei verzog sich ihr Gesicht zu einer Maske des Zorns. Ihre Augen funkelten bedrohlich im Schein des Feuers.
Kaum hatte sie ihr Ziel erreicht, ließ sich Vernita gleich nach vorne fallen. Kurz bevor sie auf dem Boden aufschlug fing sie sich mit beiden Handflächen ab. Dann drückte sie ihren gestreckten Körper nach oben, stemmte sich ab, klatschte in der Luft in die Hände und fing sich anschließend wieder auf, um nicht mit dem Gesicht auf den Stein zu krachen. Anschließend wiederholte sie den Vorgang. Wieder und wieder. Doch es half nichts. Sie spürte zwar den stechenden Schmerz, der ihren Rücken durchfuhr, doch der Schmerz in ihrem Herzen überwiegte diesen bei Weitem. Und das Bedürfnis Miandra liebevoll in den Arm zu nehmen, schwächte diese Übung auch nicht im Geringsten ab. Sie brauchte etwas Anderes.
Die Elfe unterbrach ihre Liegestützen und kniete sich auf den Steinboden hin, während ihre Augen über das Lagergut des Schmiedes fuhren. Hatte dieser nicht etwas, was sie im Moment verwenden konnte, um die Wut abzubauen, die sie auf sich selbst hatte? Es sah nicht so aus. Oder etwa doch? Da war doch was.
Sie stand auf und ging auf die Ecke des Raumes zu, wo eine alte Übungspuppe stand, die aus hartem Holz bestand und ziemlich schwer aussah. Genau das konnte Vernita jetzt gebrauchen. Sie zog die Puppe aus der Ecke und platzierte sie neben das Lagerfeuer. Dann gab sie der Konstruktion einen leichten Schlag, um dessen Standfestigkeit zu prüfen, doch das Ding bewegte sich nicht einen Millimeter vom Fleck. Perfekt.
Die Elfe positionierte sich vor die Puppe, welche die Silhouette eines Menschen darstellte und hob ihre Fäuste. Sie tänzelte locker vor dem Gestell herum, bevor sie den ersten Schlag ausführte. „WHAM!“ machte es, als ihre Faust auf das harte Holz traf. Und schon folgte der nächste Schlag. WHAM!
Ihre Gedanken schweiften ab. Wut stieg in ihr auf. Wut auf sich selbst. Sie war eine solche Närrin! Miandra fing gerade an, ihr zu vertrauen und dann machte sie diesen dummen Fehler. Nun hatte sie mit ihrer Ungeduld alles zerstört. WHAM!
Dabei ging es ihr ja nicht einmal um Sex. Sie hatte in ihrem Leben schon oft genug Sex gehabt, mit Männern wie auch mit Frauen, um zu wissen, dass dies nicht die Erfüllung für sie bedeutete. WHAM!
Nein, alles was sie wollte, war etwas Geborgenheit. Die zarte Berührung einer Hand auf ihrer Haut. Die Umarmung und die Wärme einer anderen Person, der sie blind vertrauen konnte und die sie so liebte, wie sie eben war. WHAM!
Wie konnte sie nur auf die dumme Idee kommen, dass irgendjemand sie überhaupt lieben könnte? Das war doch absurd. Wut, Hass und Verachtung. Das waren die einzigen Dinge, die man ihr bisher entgegen gebracht hatte. Und somit auch die einzigen Dinge, die sie anderen entgegenbringen konnte. Sie war wirklich naiv zu glauben, dass sich daran jemals was ändern würde. WHAM!
Schweiß lag auf der Stirn der Elfe, während ihre Schläge immer heftiger wurden. An einer Stelle splitterte schon das Holz der Figur. Vernitas Faustknöchel waren bereits aufgeschlagen. Hautfetzen hingen von ihnen herunter, Blut lief in dünnen Rinnsalen zwischen ihren Fingern herab. Doch diese Schmerzen bedeuteten ihr nichts. Sie machte unvermindert weiter. WHAM!
Sie dachte, zwischen Miandra und ihr würde es anders laufen. Sie dachte, dass sich die beiden so ähnlich wären, da sie ja auch ähnlich traumatische Vergangenheiten zu bewältigen hatten. Doch die schwarzhaarige Frau suchte nicht wie sie selbst nach der Geborgenheit einer anderen Person. Ihre Gefühlswelt war kalt, leer, aus ihrer Seele entrissen. Und Vernita kannte dafür auch den Grund. WHAM!
Das waren natürlich wieder einmal die Männer. Zum einen ihr abartiger Vater, der sich an ihr vergangen und sie verprügelt hatte. Und zum anderen ihr nichtsnutziger, versoffener Ehemann, der diesem Bastard in nichts nachstand. Beide hatten der jungen Frau jedweder Gefühle beraubt, sie ausgesaugt, bis nur noch eine große Leere in ihr übrig geblieben war. Und Vernita konnte diese Leere mit Sicherheit nicht füllen. Dies vermochte wohl nur eine einzige Person auf dieser Welt: Elana. Schon aus diesem Grund musste die Elfe sie finden. Und zwar lebend. WHAM!
Vor ihrem geistigen Auge nahm der simple Holzkopf der Übungspuppe vor ihr eine neue Gestalt an. Sie sah plötzlich das Gesicht von Miandras Vater, dem Urheber dieser ganzen Misere. Der Hass in Vernita wurde immer größer. Und ihr nächster Schlag dementsprechend heftiger. WHAM! KRACKS!
Durch Vernitas letzten Treffer brach ein Stück des harten Holzes von der Kopfsilhouette der Puppe heraus. Einige Splitter bohrten sich in die Hand der Elfe und rissen kleinere Wunden. Doch auch das war ihr vollkommen egal. Sie prügelte weiterhin wie eine Besessene auf die Holzfigur ein. Der nächste Gegner, der sich ihr in den Weg stellen würde, konnte einem wirklich nur Leid tun.


Azoth nahm das Wasser entgegen welches Leanora ihm gab, und trank alles auf einmal aus. Seine Kehle brannte noch immer, von diesem Gift was in dem Kellerraum verteilt wurde. Er hatte noch ausgesprochen starke Schmerzen, ignorierte es aber so gut wie es ihm möglich war.
Nachdem er ausgetrunken hatte versuchte er aufzustehen. Er hatte schon bemerkt, dass Vernita und Miandra kurz weg waren, und dass Vernita alles andere als gut aufgelegt war, als sie wieder zurück waren. Er schenkte keinem Weiteren mehr einem Blick und stand auf. Er hielt sich an den Wänden fest, da er es nur so schaffte sich fortzubewegen, und drehte sich nochmal um.
„Keine Sorge ich haue nicht ab, ich muss nur schnell...“ Er hielt sich mit einer Hand an der Schulter fest. Die Schmerzen durchzuckten ihn höllisch. „…nur schnell was fragen.“
Dann ging er weiter, schaffte es irgendwie die Treppe zu überwinden, bis er schließlich am Tresen ankam. Der Schmied stand dort, und schaute Azoth an.
„Ahh Ihr seid endlich erwacht. Kylar hatte sich schon Sorgen gemacht!“
Er eilte auf Azoth zu, um ihn zu stützen, und setzte ihn auf einen Hocker der sich hinter dem Tresen befand.
„Danke.“ Azoth schaute zum Schmied auf. Ihm gefiel es gar nicht, dass dieser ihn anfasste, und hätte sich am liebsten losgerissen. Doch die Schmerzen machten ihn eher unbeweglich, und er wäre womöglich gestürzt hätte er das getan.
„Sagt mal, wo ist Kylar eigentlich? Ich brauche... etwas von ihm.“
Der Schmied zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich kann aber meinen Lehrling nach ihm schicken. Er soll Kylar berichten, dass Ihr erwacht seid, und nach ihm fragt.“
Azoth nickte. „Ja tut das...“
Der Schmied ging in den hinteren Teil der Schmiede, und beauftragte den Lehrling, Kylar zu holen. Dieser machte sich sofort auf den Weg, und verließ die Schmiede. Azoth blieb noch immer auf dem Hocker sitzen und verfiel dabei in schlimme Gedanken. Er zuckte immer wieder, so als würde er erneut spüren, wie sein Körper mit Nägeln durchbohrt wurde.


Leanora wandte sich Vernita zu, die wütend auf die Holzstatue eindrosch. Sie zuckte bei jedem Schlag zusammen, aber was sie erfahren hatte, duldete keinen Aufschub.
„Vernita? Ich muss Euch hier kurz unterbrechen, tut mir leid. Aber ich glaube, Ihr solltet noch etwas erfahren, was ich gelesen habe. Gianauro ist wohl mit einigen skrupellosen Kopfgeldjägern bekannt. Darunter eine Zwergin, ein Magier und ein Qunari, aber Tjark wusste nicht, ob das alle sind. Ich finde, Ihr solltet das wissen.“
Dann wandte sie sich wieder ab und setzte sich zurück auf ihre Schlafmatte.


Vernita blickte Leanora nicht mal an, als diese sie ansprach. Stattdessen drosch sie weiter wie ein Berserker auf die Übungspuppe ein. Der nächste Treffer zerlegte den Rest des Kopfes, der krachend zu Boden fiel. Sie schüttelte kurz die Hände, um die Gelenke zu lockern, bevor sie damit begann auf den Brustkorb der Holzpuppe einzuschlagen. Nach den ersten Treffern sah man schon Blutspuren an der Figur, die von Vernitas verletzten Fäusten herrührten.
„Es wundert mich absolut nicht, dass jemand wie Eshtá Kopfgeldjäger anheuert, um ihre Drecksarbeit verrichten zu lassen“, bemerkte die Elfe eher beiläufig und nicht wirklich interessiert klingend, während sie nicht aufhörte, auf die Übungspuppe einzuprügeln. „Wahrscheinlich stände ich ebenfalls auf ihrer Lohliste, wenn wir nicht auf unterschiedlichen Seiten stehen würden. Aber sie soll ihre Häscher ruhig schicken. Wenn ich mit denen fertig bin, dann werde ich diese Schlampe mit deren Eingeweiden füttern, bis sie daran erstickt!“
Mehr hatte Vernita dazu nicht zu sagen. Stattdessen bearbeitete sie weiter ihren neuen ‚Freund‘.


Weiterhin an die Wand gelehnt starrte Miandra ins Leere, zuckte jedoch bei jedem Schlag, den Vernita an der Holzpuppe tätigte, zusammen.
Sie wusste, dass diese wohl oder übel so reagieren würde, zumindest früher oder später. Miandra fühlte sich mehr als nur schuldig deswegen. Noch nie hatte sie sich wegen irgendeiner Entscheidung so schlecht gefühlt als gerade eben. Miandra wollte ihr nicht weh tun, und dennoch hatte sie es getan. Sie sah keinen anderen Weg. Sie musste das tun... Sie musste ihrer ersten und einzigen Freundin, welche so viel für sie getan hatte und noch immer tun wollte, weh tun, und konnte ihr nichts anderes geben außer Abweisung? Sollte sie nicht eigentlich froh darüber sein, so jemanden nach so langer Zeit gefunden zu haben?
Natürlich sollte sie das, aber sie konnte es einfach nicht, so sehr sie sich auch darum bemühen würde. Dieses unwohle Gefühl, diese Angst davor berührt zu werden und die wenige Lust an ihrem Leben waren so stark, wie kaum andere Gefühle in ihr.
Natürlich abgesehen von dem Schuldgefühl welches sie gerade quälte.
Wieder drehte sie sich im Kreis.
Miandra hörte einen weiteren Schlag und ein Krachen, spürte diesen beinahe so, als hätte Vernita direkt auf sie eingeschlagen. Aber wahrscheinlich hätte sie die Schläge auch verdient.
Schlagartig huschten ihre Gedanken an einen anderen Ort. Sie winkelte die Beine so weit es ihr möglich war an und zog die Decke, in welche sie sich gehüllt hatte, zittrig enger. Eine Art Schauer lief ihr den Rücken hinab und sie kniff die Augen zusammen. Der vermeidliche Lagerraum, welcher einst Katakomben bildete, die nun verschüttet waren, ließ durch seine hallenartige Form und hohen Steinwände, all die wütenden Schläge in sich widerhallen. Dieser kalte Stein und das Geräusch schienen sie an die Zelle Fort Drakons zu erinnern. ‚Hör auf daran zu denken, du bist nicht mehr dort... hier ist es sicher‘, redete sie sich in Gedanken selbst immer wieder ein, was sie nur eher weniger zu beruhigen schien. Eher unbewusst hielt sie sich anschließend die Ohren mit den Handflächen zu und begann mit weiterhin krampfhaft geschlossenen Augen ein Lied zu summen - in der Hoffnung, dass sie das ablenken und beruhigen würde, wippte jedoch dabei immer wieder leicht auf und ab.


Vernitas nächster Schlag trieb ein tiefes Loch in die Holzpuppe. Splitter zerkratzten der Elfe den Arm, als dieser durch den Brustbereich der Figur stieß. Das war es dann wohl. Dieses Ding war fertig, nicht mehr zu gebrauchen.
Wütend über diese schlechte Konstruktion warf Vernita die Puppe einfach um, direkt in das Lagerfeuer hinein. Asche und Funken stoben in die Luft, die wie Schnee zu Boden rieselten, und das Kochgestell fiel zur Seite, bevor es klirrend auf den harten Stein landete. Die Puppe selbst blieb in den Flammen liegen und fing kurz darauf selbst Feuer.
Die anderen sahen überrascht oder auch erschrocken in Vernitas Richtung, doch niemand sagte etwas. Ein Blick in die funkelnden Augen der Elfe reichte aus, um ihnen klar zu machen, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt dazu war. Schnaubend wandte sie sich ab und ging zu ihrer Liege zurück. Auf ihrem Weg dahin warf sie einen kurzen Blick auf Miandra, die in einer Decke eingewickelt an der Wand angelehnt saß und ins Leere starrte.
Doch im Moment konnte und wollte die Elfe nicht mit der Frau sprechen. Sie wusste auch nicht, was sie ihr hätte noch sagen sollen. Außerdem bestand immer noch die Gefahr, dass sie ihre Wut trotz alledem noch an Miandra auslassen würde. Und das wollte sie eigentlich vermeiden.
So setzte sie sich auf ihre eigene Liege, wobei sie der schwarzhaarigen Frau ihren Rücken zuwandte. Sie untersuchte ihre Hände, doch waren die Verletzungen nur minimal, zumindest ihrer Ansicht nach. So fing sie an, mit den Fingern und Handgelenken zu knacken, während sie auf die Kerze starrte, die vor ihr stand und an der sie ablesen konnte, wann es draußen dunkel wurde. Sie sehnte diesen Augenblick herbei, damit sie endlich etwas zu tun bekam, was sie von ihrer Bedrücktheit und den Selbstvorwürfen, die sie momentan beschäftigten, abzulenken vermag.


Rowan lauschte noch eine Weile den Gesprächen der Gefährten, bevor sie einnickte. Erst als die Geräusche von gesplittertem Holz an ihre Ohren drangen, öffnete sie verschlafen wieder ihre Augen. Sareth hatte sich wieder neben sie gelegt und lächelte sie an, während er ihr mit einer Hand über das Haar fuhr. Ihre Glieder fühlten sich mittlerweile nicht mehr so steif und schmerzend an, wie beim letzten Mal, als sie erwacht war.
Als sie sich umsah, bemerkte sie die Elfe, die voller Wut auf eine Übungspuppe eindrosch und diese dabei langsam aber sicher zerstörte. Dabei schnitten ihr Splitter des Holzes in die Haut und rissen diese auf. Rowan konnte über dieses kindische Verhalten nur verwundert den Kopf schütteln. Hatten sie nicht genug Verletzungen erlitten? Als Vernita die Puppe dann in das Feuer stieß und Glut und Asche im Keller verteilte, schnaufte Rowan ärgerlich. Hier befanden sich viele leicht brennbare Gegenstände, die Feuer fangen konnten. So ein gedankenloses Verhalten hätte sie von der Elfe nicht erwartet.
Doch diese schien sich nicht darum zu kümmern. Sie warf sich auf ihre Liege und starrte vor sich hin. Als sie sie beobachtete, fiel ihr auf, dass der Elf fehlte. Sie ging davon aus, dass er aufgewacht war und den Keller verlassen hatte.
Rowan schob sanft Sareths Hand zu Seite und erhob sich von ihrer Liege. Sie fing an, weiter Dehnübungen zu machen. Erst leicht, dann etwas mehr, als sie merkte, dass sie nicht allzu große Schmerzen hatte.


Lydia stellte den Tee welchen ihr Leanora zuvor gebracht hatte auf eine Kiste, welche sie sich als Nachttisch geangelt hatte und griff bei dieser Gelegenheit gleich nach ihren Haarnadeln. Sie strich sich die Haare hinter ihren spitzen Ohren zusammen - da fiel ihr ein, dass keiner ihrer Gefährten wusste dass sie eigentlich eine Elfe war. Jetzt würden sie es zwar erfahren, aber ihr war das gleich. Sie setzte sich auf und steckte sich mit einigen flinken Handgriffen die Haare hoch und griff wieder nach ihrem Tee. Der Dampf stieg ihr in die Nase und sie nahm einen großen Schluck während sie die Holzpuppe im Feuer betrachtete.
„Sie ist eine echte Masochistin“, sagte sie halblaut zu sich selbst, als sie zu Vernita hinüberblickte. „Mehr als sich selbst zu verletzen hat sie auch nicht zu tun...“


Zuletzt von Allie am Fr 10 Aug 2012, 2:28 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten   Kapitel XVII - Das Tagebuch eines Kommandanten EmptyFr 19 Aug 2011, 8:17 pm

Als der Lehrling des Schmieds in die Schneiderei platzte, brachte Kylar ihn sofort in einen hinteren Raum.
„Was ist?“ fragte er, worauf der Lehrling, völlig außer Puste, antwortete:
„Euer Freund ist erwacht. Er verlangt nach Euch und noch etwas. Er hat auf jeden Fall starke Schmerzen genau wie die anderen.“
Kylar nickte, und der Junge verließ wieder die Schneiderei. Er wusste was Azoth wollte. Damals, als sie auf dem Weg nach Denerim waren, begegnete ihnen nach einem Zwischenfall ein äußerst begabter Magier. Der zudem Kräuterkundiger war. Mit einigen Kräutern braute er schließlich ein Schmerzmittel zusammen, was die Schmerzen im Nu wegblies. Die Kräuter dazu waren eher selten, deshalb sammelten sie unterwegs einige, falls sie diese nochmal brauchen würden. Kylar hatte sie noch, und er machte sich sofort an die Arbeit.
Er machte eine Kanne voll von dem Schmerzmittel, und verließ damit ruhig die Schneiderei. Schließlich durfte er ja keine Aufmerksamkeit erregen, auch wenn es normal war, dass ein Schneider ab und zu eine Schmiede besuchte.
Er ging hinein und grüßte seinen Freund Harold sofort, und ging dann auf Azoth zu.
„Azoth!!! Endlich bist du erwacht!!“
Azoth schaute auf und nickte, zuckte jedoch immer noch, aufgrund der Schmerzen. „Ich sehe du hast was dabei. Bitte... lass es das Schmerzmittel sein.“
Kylar lächelte und nahm einen Becher.
„Ja, das ist es, gleich wird es dir besser gehen“, erwiderte Kylar, während er einschenkte und Azoth dann den Becher überreichte. Azoth nahm den Becher entgegen, mit zittriger Hand, und begann dann das Schmerzmittel auszutrinken. Es fühlte sich gut an, wie es seinen Hals hinunterglitt, und auch dort die Schmerzen und Trockenheit linderte.
„Danke Kylar. Ich hoffe es ist noch genug für die anderen da?“
Kylar nickte. „Ja es müsste für jeden von euch reichen.“


Die Zeit verging sehr langsam, zumindest kam es Vernita so vor. Sie saß da und starrte gebannt auf die Kerze vor ihr, während sie unaufhörlich mit den Fingern knackte. Doch wirklich wahrnehmen tat sie die kleine Flamme nicht, zu weit entfernt waren dafür ihre Gedanken.
Sie dachte wieder einmal an Miandra, die Frau, welche direkt hinter ihr saß, in eine Decke gehüllt und leise vor sich hin summend. Sie schien ihr so nah zu sein, sie konnte die schwarzhaarige Frau förmlich hinter sich spüren. Und doch war sie weiter von ihr entfernt als jemals zuvor. Und alles nur wegen Vernitas eigener Dummheit.
Die Elfe fühlte sich, als würde eine kalte Hand ihr Herz umklammern und fest zudrücken, ihr allen Lebens und aller Hoffnung berauben, bis sie schließlich genau so hohl und leer sein würde wie Miandra es anscheinend war.
‚Verdammt, das werde ich nicht zulassen’, ging es Vernita durch den Kopf. ‚Ich werde diesen Schmerz ertragen, und die Hoffnung nicht aufgeben. Sie ist alles, was ich noch habe. Und warum geht diese elende Zeit nicht schneller um?’
So hockte sie da. Die Stunden, die vergingen, kamen ihr wie Tage wenn nicht gar Wochen vor. Doch schließlich stand sie auf. Sie wandte den Kopf in Miandras Richtung, wobei sich ein dünnes Lächeln auf ihre Lippen legte.
„Ich werde mal nachsehen, wie es draußen aussieht“, meinte die Elfe nüchtern. „Und Sorge dich nicht um mich. Ich werde zurückkommen.“
Die letzte Worte waren eher an sie selbst anstatt an die schwarzhaarige Frau gerichtet. Die Elfe wandte sich ab und zog ihr blutrotes Hemd an. Außer ihrem Messer nahm sie keine Waffen mit. Schließlich wollte sie keine Aufmerksamkeit erregen. Anschließend ging sie zu Leanora.
„Kommt. Es wird Zeit. Lasst uns gehen“, meinte Vernita knapp, woraufhin die Angesprochene nur nickte. Gemeinsam verließen die beiden Frauen das Versteck und gingen die Treppe nach oben. Als sie zusammen in den Verkaufsraum des Schmiedes kamen, sahen sie ihn und Azoth an dessen Tresen sitzen. Und außerdem erblickten sie auch noch diesen Schneider Kylar, der dem verletzten Elf irgendetwas zu trinken gab.
„Was im Namen aller Erzdämonen tut Ihr hier?!?“ fluchte die Elfe an Kylar gewandt, wobei sie merkte, wie ihre Wut sie allmählich zu übermannen drohte. „Wollt Ihr etwa, dass die ganze Stadtwache auf uns aufmerksam wird und uns hier drinnen niedermetzelt?!?“


Kylar drehte sich um, und stellte die Kanne auf dem Tresen ab. Er runzelte die Stirn und schaute die erzürnte Elfe an.
„Hallo auch. Denkt Ihr etwa ich bin blöd? Es ist nicht ungewöhnlich, dass ich diese Schmiede hier besuche. Also beruhigt Euch erstmal.“
Er schüttelte genervt den Kopf und Azoth starrte Vernita nur an. Die Augen leicht zusammen gekniffen, und eher mit einem gefährlichen Blick.
Kylar nahm noch einen Becher und schenkte etwas von dem Mittel ein. „Hier. Das ist Schmerzmittel. Azoth hat es auch getrunken, und es ist für alle noch was da.“


„Ich brauche kein Schmerzmittel, Kylar. Mir geht es gut“, winkte Vernita ab. „Außerdem will ich draußen nach dem Rechten sehen. Da dürfen meine Sinne und meine Reflexe nicht durch so ein Mittel benebelt sein. Und ob ich Euch für blöd halte? Nun, ja, das tue ich oder zumindest für verdammt leichtsinnig. Außer Ihr beabsichtigt, die Stadtwache auf uns aufmerksam zu machen. Vergesst nicht, dass Euch Gianauros Leute schon einmal im Visier hatten. Es kann also durchaus sein, dass sie Euch beobachten. Und wenn die nur halb so gut sind wie ich, dann werdet Ihr nicht einmal merken, dass sie da sind. Also solltet Ihr Eure Besuche hier besser unterlassen, wie nett sie auch gemeint sein mögen.“
Die Elfe wandte sich von dem Elf ab und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit stattdessen auf Azoth, welchen sie wütend mit ihrem Blick fixierte.
„Aber ich kann mir schon denken, wem wir das hier zu verdanken haben, nicht wahr?“ meinte sie verärgert. „Kaum aus dem Knast raus und wieder auf den Beinen, sorgt Ihr gleich dafür, dass wir wieder auf dem schnellsten Weg dort hineinkommen, was? Hat es Euch so gut in Fort Drakon gefallen, dass Ihr es gleich noch einmal besuchen wollt? Hättet Ihr mir das nicht vorher sagen können, dann hätten wir Euch gleich da gelassen. Wann werdet Ihr es endlich lernen, Vorsicht walten zu lassen, hm? Ich fürchte, mir bleibt nichts anderes übrig, als Euch auf meinem Rundgang nach draußen mitzunehmen, damit Ihr in meiner Abwesenheit nicht noch mehr Schaden anrichten könnt. Natürlich nur, falls Euch dieses Schmerzmittel wieder einsatzbereit gemacht hat und Ihr für mich nicht nur eine Belastung darstellt. Also, seid Ihr bereit, mit mir zu kommen?!?“
Sie machte eine kurze Pause, doch der Angesprochene erwiderte nichts abgesehen von einem verblüfftem Blick.
„Was ist los mit Euch? Hat Euch das Zeug die Sprache verschlagen, oder was?“ schnauzte Vernita Azoth an, der sie nur schweigend anstierte. „Seid wohl schon total zugedröhnt von dem Gesöff Eures Freundes, wie ich das sehe! Gut, dass ich nichts davon genommen habe.“
Sie wartete noch einen Moment, wobei sie unruhig mit dem rechten Fuß wippte, einen genervten Ausdruck auf ihren Gesichtszügen. Doch Azoth machte weder Anstalten aufzustehen, noch sagte er etwas.
„Dafür habe ich keine Zeit!“ tobte die Elfe weiter. „Bleibt ruhig hier sitzen, bis Ihr verrottet seid! Und Ihr macht, dass Ihr in Eure Schneiderei zurückkommt, Kylar, bevor Eure Anwesenheit uns noch verrät! Wenn ich wiederkomme, will ich Euch hier nicht mehr sehen! Und haltet Euch von uns fern! Es ist nur zu Eurer eigenen Sicherheit! Kommt Leanora, wir verschwinden!“
Vernita verließ wütend die Schmiede, während die Angesprochene ihr sogleich folgte. Leanora sah Azoth noch einmal kurz an, wobei sie leicht mit Schultern zuckte. Als ihr Blick zu Kylar weiterwanderte, wurde sie leicht rot und schenkte dem Elfen ein warmes Lächeln. Dann war der Augenblick auch schon vorbei, und sie trat zusammen mit der Elfe auf die Straße.
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