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 Kapitel XX - Die Kirche von Denerim

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Allie
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BeitragThema: Kapitel XX - Die Kirche von Denerim   Kapitel XX - Die Kirche von Denerim EmptyFr 26 Aug 2011, 2:11 am

Denerim

Kapitel XX - Die Kirche von Denerim

Aktive Charaktere: Azoth, Leanora, Lydia, Miandra, Neria, Rowan, (Sareth), Vernita

Ehrfürchtig stand Leanora in der großen Kirche und schaute sich um. Über ihr war die Empore mit der Orgel, vor ihr das riesige Mittelschiff, welches im vorderen Drittel von einem Kreuzgang unterbrochen war. Hinter dem Altar war ein halbkreisförmiger Gang, dahinter eine Art Bank, wo jedoch einzelne Sitzplätze herausgearbeitet waren, die Rückenlehne aus Holz war hoch und mit zahlreichen Schnitzereien versehen.
Eine alte Frau kniete in einer der Bänke, im stillen Gebet versunken. Sonst war nur eine Ordensschwester zu sehen, die sich darum kümmerte, dass die Kerzen brannten. Die Schwester sah Leanora an, als sie nach vorne ging und eine kleine Kerze nahm, diese an den anderen entzündete und zu den anderen dazu stellte, die bereits die Form eines Scheiterhaufens angenommen hatten, das Symbol für Andrastes Verbrennung. Leanora kniete nieder und dachte an ihre Eltern, den Bruder und die Schwägerin.
Vernita hatte recht, verstellen musste sie sich nicht. Allein die Erinnerung an das, was passiert war, ließen ihr die Tränen in die Augen steigen. Sie ließ ihre Gedanken schweifen, was seither passiert war, die Reise nach Denerim, die Gefährten. Bilder von der Folterung Miandras und Azoths stiegen in ihr hoch, aber auch Tjarks Gesicht sah sie vor sich, als würde er leibhaftig vor ihr stehen, und die Trauer überrannte sie vollends.
Tief holte sie Luft. Jetzt wäre sie bereit, der ehrwürdigen Mutter ihre Geschichte zu erzählen. Langsam richtete sie sich auf und erwiderte den Blick, den die Ordensschwester noch immer auf ihr hielt. Dann ging sie darauf zu und
sagte: „Verzeiht Schwester. Könntet Ihr mich bitte zur Vorsteherin dieses Ordens bringen? Ich würde gerne mein Dasein Andraste und dem Erbauer widmen.“
Ein überraschter Ausdruck war in den Augen der Schwester zu sehen, aber sie nickte und verließ zusammen mit Leanora die Kirche über einen Seitenausgang. Sie überquerten einen Innenhof, der wie ein Quadrat angeordnet war, in der Mitte war ein Springbrunnen und üppige Grünpflanzen, außen herum ein Gang, durch Rippenbögen vom Garten abgetrennt.
Um diese Vierung herum schlossen sich wiederum an drei Seiten Gebäude an. Eines davon betraten sie, liefen den Gang entlang, eine Treppe hoch und dann standen sie vor der Tür, hinter der die ehrwürdige Mutter ihre Räume hatte.
„Hier sind wir. Möge der Erbauer Euch segnen“, meinte die Schwester und nickte Leanora noch einmal zu, bevor sie wieder zurück in die Kirche ging.
„Vielen Dank, Schwester.“
Dann klopfte sie an, und nach einem forschen „Herein“ trat Leanora ein.


Der Raum war mit Regalen und Lesepulten vollgestellt, auf den denen unzählige Bücher und Schriftrollen zu finden waren. Lange Holzleitern waren auf Schienen an diesen Regalen befestigt, sodass man auch problemlos an die oberen Schriftstücke herankommen konnte. Neben diesen Möbelstücken standen auf Gestellen goldfarbene Schalen, in denen Ölfeuer brannten. Sie waren neben dem Kronleuchter an der Decke die einzige Lichtquelle des Raumes, an dessen Ende ein großer Schreibtisch stand, hinter dem eine alte Frau saß und etwas auf ein Stück Pergament kritzelte.
Das Gesicht der Alten war von unzähligen Falten zerfurcht. Sie hatte ihre grauen Haare zu einem Knoten zusammengebunden. Und an ihrer rechten Halsseite konnte man deutlich einige Brandnarben sehen. Die knorrigen Hände der Frau legten die Feder und das Pergament zur Seite, während ihre graugrünen Augen die soeben eingetretene Leanora von oben bis unten mit einem kritischen Blick begutachteten.
„Kommt näher, mein Kind, damit ich Euch genauer ansehen kann. Meine Augen sind nicht mehr die Allerbesten. Und dann könnt Ihr mir auch sagen, was ich für Euch tun kann?“ fragte die Alte mit kratziger Stimme, wobei sie ihre Hände ineinander faltete. Dabei sah sie die Frau vor sich mit einem durchdringenden Blick an, welcher ihre Worte Lügen strafen ließ.


Unsicher trat Leanora näher an das Pult. Sie war überrascht über die ehrwürdige Mutter, auch wenn sie nicht sagen hätte können, wie sie sich diese eigentlich vorgestellt hatte. Als sie am Schreibtisch ankam, knickste sie unbeholfen. Siedendheiß fiel ihr ein, dass sie nicht wusste, ob sie ihren richtigen Namen nennen sollte.
„Ehrwürdige Mutter“, begann sie mit stockender Stimme, der Schmerz saß ihr noch in der Kehle, den sie zuvor in der Kirche übermannt hatte.
„Dieser Orden hier ist meine letzte Hoffnung, meinem Leben einen Sinn zu geben. Wenn Ihr erlaubt, würde ich gerne erzählen, was mich hierher geführt hat?“
Ein musternder Blick traf Leanora, aber das Nicken der alten Frau ließ sie fortfahren.
„Ich habe alles verloren, was ich einst besaß. Und ich rede nicht unbedingt von weltlichen Gütern, Land, Besitz, das ist mir einerlei. Ich wuchs in einem liebevollen zuhause auf, im Glauben an den Erbauer und Andraste, seine Braut. Meine Eltern erzogen mich sittlich, mein Bruder schützte mich vor allen Gefahren, und meine Schwägerin war wie eine Schwester zu mir.“ Wieder begannen die Tränen zu fließen, als sie die Gesichter ihrer Familie vor sich sah, und sie brauchte eine Weile, bis sie weitersprechen konnte.
„Bis zu jenem schrecklichen Tag, wo Banditen auf unseren Hof kamen. Die Knechte und Mägde wurden wie Nutzvieh abgeschlachtet, die Tiere auf dem Hof in Käfige gesteckt, die Stallungen in Brand gesetzt. Und als ob das nicht reichen würde, haben diese Kerle auch noch meine Mutter und meine Schwägerin geschändet und…“
Ein weiteres Schluchzen entwich ihrer Kehle. Darüber zu reden kostete sie mehr Kraft, als sie gedacht hätte, und die Bilder des grauenvollen Tages waren so stark, als würde sie das alles gerade noch einmal erleben. Leanoras knie begannen zu zittern, und unter Schluchzern erzählte sie weiter: „Sie haben alle getötet. Ich habe nur überlebt, weil mich mein Vater im Schrank versteckt hat, aber ich musste alles mit anhören. Und ich sehe nur noch einen Sinn in meinem Leben: Andraste und dem Erbauer zu dienen. Sonst habe ich keine Hoffnung mehr, Frieden zu finden. Ich bitte Euch, nehmt mich auf.“
Flehend blickte sie die Ehrwürdige Mutter an, in ihren großen Augen glitzerten die Tränen, die sich noch immer ihren Weg über ihre Wangen suchten.


Die Ehrwürdige Mutter lauschte aufmerksam Leanoras Ausführungen, wobei sie diese genau beobachtete. Ihre erstaunliche Menschenkenntnis verriet ihr, dass die Trauer und die Tränen ihres Gegenübers echt waren. Sie hatte es schon mit unzähligen Bittstellern zu tun gehabt, die in der Kirche nur eine Futterstelle und ein billiges Dach über den Kopf sahen. Schnell sind diese Gestalten dann wieder verschwunden, als sie feststellen mussten, dass sie die Mildtätigkeit der Kirche mit harter Arbeit zu bezahlen hatten. Doch diese junge Frau schien es ehrlich zu meinen, so dass das Gewissen der Ehrwürdigen Mutter dieser befahl, dieser armen, verlorenen Seele zu helfen.
„Ihr braucht keine Angst mehr zu haben, mein Kind“, meinte die Alte, als sie aufstand und um den Schreibtisch herumging. Sie war ziemlich groß, mindestens eins fünfundachtzig. Sie trat vor Leanora und sah dieser von oben herab in die tränennassen Augen, wobei ein warmes Lächeln ihre Lippen umspielte. Im Blick der Ehrwürdigen Mutter lag all die Güte, die diese Frau imstande war, einem anderen Menschen zu geben. „Lasst die Trauer und den Schmerz hinter Euch. Hier erwartet Euch ein ruhiges und friedliches Leben. Ihr müsst nur von Eurer Vergangenheit loslassen. In harter Arbeit und festem Glauben werdet Ihr eine Glückseligkeit erfahren, die Ihr nie zuvor gefühlt habt. Verlasst Euch darauf. Der Erbauer und Andraste, seine Braut und Prophetin werden Eure Aufopferung zu würdigen wissen. Und wenn nicht in diesem Leben, dann im nächsten an ihrer Seite.“
Die Ehrwürdige Mutter legte eine Hand sanft auf die Wange Leanoras und fing damit deren Tränen auf. „Bald werdet Ihr keinen Grund mehr haben zu weinen, denn hier in diesen Mauern werdet Ihr alles finden, wonach Euer Körper und Eure Seele dürsten… nach Frieden. Geht jetzt zurück in die Kirche und meldet Euch bei Bruder Castillá. Er ist der Verwalter dieses Gotteshauses und wird Euch eine Unterkunft und eine Arbeit aufgeben, die Euren Fertigkeiten gerecht wird. Richtet Euch danach, was er sagt, und Ihr werdet Euch sehr schnell hier einleben. Aber bevor Ihr geht, habt doch bitte die Güte und verratet mir noch Euren Namen, denn dieser ist das Einzige, was von Eurer Vergangenheit hier noch von Bedeutung ist.“


Leanora hatte den Worten der Ehrwürdigen Mutter zugehört, und sie konnte kaum glauben, dass diese sich ihrer tatsächlich annahm. Die Hand auf ihrer Wange tröstete sie ein wenig.
Dennoch war ihr Blick traurig, und ihre Stimme leise als sie die letzte Frage beantwortete:
„Nein, er hat keine Bedeutung mehr. Die Menschen, die ihn mir gaben, sind tot. Aber wenn Ihr unbedingt einen Namen haben wollt... nennt mich Sophia. Habt Dank Ehrwürdige Mutter, ich werde dann gleich Bruder Castillá aufsuchen, wenn es Euch recht ist.“
Abwartend blieb sie stehen, ob die alte gütige Frau noch etwas zu sagen hatte.


„Vielleicht hat dieser Name für Euch keinerlei Bedeutung mehr, Sophia, weil Ihr in Eurer Existenz keinerlei Bedeutung mehr seht“
, erwiderte die Ehrwürdige Mutter mit tröstender Stimme. „Ihr habt alles verloren, was Euch wichtig war, mein Kind, doch solange Ihr Euren Glauben an den Erbauer bewahrt, solange wird Euer Leben einen Sinn haben. Denn er sieht alles, und er hört alles. Und Ihr werdet feststellen, dass Ihr niemals wieder allein sein werdet, solange Ihr Euer Leben in seine Dienste stellt. Und wenn Eure Zeit gekommen ist, wird er Euch zu sich holen. Dann werdet Ihr wieder mit Eurer Familie zusammen im Nichts sein, an der Seite des Erbauers, und er wird Euch seine Dankbarkeit zeigen, für all das, was Ihr in dieser Welt für ihn getan habt.“
Die Alte ließ von Leanora ab und ging wieder zurück zu ihrem Stuhl hinter dem Schreibtisch. „Aber ich habe Euch schon lange genug aufgehalten. Geht jetzt zu Bruder Castillá, damit er Eure Aufnahme in die Wege leiten kann. Gehabt Euch wohl.“
Die Ehrwürdige Mutter setzte sich wieder hin, nahm erneut das Pergament und die Feder zur Hand, tauchte diese in ihr Tintenfass und schrieb wie zuvor weiter, wobei sie Leanora keines weiteren Blickes würdigte.


Leanora lauschte den letzten Worten der Ehrwürdigen Mutter.
„Danke“, erwiderte sie leise und verließ mit gesenktem Kopf den Raum, wobei sie die Tür möglichst leise schloss.
Auf dem Flur wischte sie mit dem Handrücken über ihre Augen und versuchte die Tränen zu trocknen. Es hatte sie mehr mitgenommen, als sie dachte, jenen Tag wieder lebendig werden zu lassen. Ein weiterer Gedanke schoss ihr durch den Kopf, und sie sah Tjark vor sich, wie er sie zu sich zog und so unendlich zart küsste, und ein tiefer Seufzer der Wehmut entwich ihrer Kehle.
Dann riss sie sich zusammen und ging zurück in die Kirche, wobei sie sich allerdings zuerst verlief. Zum Glück war eine Schwester unterwegs, die sie nach dem Weg fragte.
Mit krächzender hoher Stimme erklärte diese Leanora, wie sie gehen musste, und tatsächlich fand sie nach einigen Umwegen den Innenhof und dann die Seitentür zur Kirche.
Sie betrat diese und blickte sich suchend um.


Zuletzt von Allie am Fr 26 Aug 2011, 2:36 am bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Kapitel XX - Die Kirche von Denerim   Kapitel XX - Die Kirche von Denerim EmptyFr 26 Aug 2011, 2:16 am

Nachdem Miandra weder Anstalten machte vom Schmied Nachschub zu holen, noch Gefallen am Rotwein zu haben schien, füllte Neria auch den Becher den sie Miandra abgenommen hatte, und schickte sich an auch diese beiden Becher zu leeren. Da Azoth anscheinend auch kein Interesse hatte, mit ihr trinken zu wollen, und nur verdattert in der Gegend herum stand, füllte Neria abermals die vor ihr stehenden Becher und warf die leere Flasche achtlos in den Kamin, wo sie mit einem lauten Klirren zerbrach. „Na wenn keiner mit mir trinken will, dann trink ich halt für alle mit, Prost“ und der Inhalt der nächsten beiden Becher fand in berauschender Geschwindigkeit den Weg in Nerias Rachen.
Etwas umständlich versuchte sie die nächste Flasche zu öffnen, und fluchte weil sich die nicht sofort öffnen ließ. Sie ging zu ihrer Liege, holte ihren Zauberstab, hielt die Flasche mit einer Hand, sprach einen Zauber und der Flaschenkopf fiel wie von einer Faust getroffen auf den Boden. „Na geht doch“, sagte sie sichtlich erleichtert, und füllte ein weiteres Mal mit der beschädigten Flasche beide Becher.
Noch einmal versuchte Neria Azoth zum Mittrinken zu bewegen, wusste aber nicht, wen sie von den beiden Azoths ansprechen sollte. Schnaufend setzte sie sich wieder auf ihren Sessel und musterte belustigt die beiden Becher vor ihr. „Naa ihr zwei, wollt ihr zu mir?“ und sie ergriff den nächsten Becher.


Lydia beobachtete Neria belustigt. Sie ließ sich gerade hemmungslos volllaufen. Lachend setzte sie sich zu ihr auf den Schoß, legte die Beine lasziv über die Lehne des Sessels und ihren Arm um Nerias Schultern.
„Neria! Nun ist aber gut, du kannst ja nicht mehr geradeaus laufen geschweige denn blicken!“ sie lachte los, Nerias Anblick war einfach gesagt ein Bild für die Götter. Sie umfasste Nerias Kopf mit beiden Händen und zog ihn zu sich heran, worauf sie diese lang und innig küsste. Der Geruch von Wein stieg ihr dabei in die Nase.


Vernita betrat die Schmiede durch den Hintereingang und stürmte auch sogleich die Treppe hinunter und in das Versteck. Dort bot sich ihr das gewöhnliche Bild, zumindest beinahe. Rowan saß immer noch auf dem Boden und reparierte ihre Rüstung, während Sareth nach wie vor schlief. Azoth hockte auf seiner Matte, während sich Miandra und Neria am Tisch niedergelassen hatten. Und Lydia hatte es sich auf dem Schoß der Magierin bequem gemacht und war gerade dabei, diese zu küssen. Außerdem fiel Vernitas Blick auf die angefangene Flasche Rotwein. Das könnte einiges erklären. Mit einem breitem Grinsen auf den Lippen trat sie hinter Neria und schlug ihr kräftig auf die Schulter.
„Na, meine Liebe, das nenne ich mal Wein, Weib und Gesang. Schade, das Leanora nicht hier ist, denn die könnte für den Gesang sorgen. Dann wäre es perfekt“, spöttelte sie bissig. „Können wir bald los? Oder wollt Ihr Euch noch in aller Ruhe von der Kleinen verabschieden? Wir können auch solange draußen warten, wenn Ihr nicht auf Zuschauer steht.“


Gerade als Neria dem nächsten Becher den Garaus machen wollte, fühlte sie irgendetwas Kaltes, Nasses auf den Lippen. ‚Der Wein hatte doch irgendwie anders geschmeckt‘, versuchte sie sich angestrengt zu erinnern. Da bemerkte sie erst, dass sich die Klette Lydia zwischen den Becher und ihren Mund gedrängt hatte. Nachdem Lydia endlich ihre Lippen freigab, versuchte Neria dieses Hindernis zu umgehen, indem sie sich bei Lydia vorbei, in Richtung Weinbecher, vorbei winden wollte.
Der plötzliche Schlag auf die Schulter, den Vernita, die gerade von Neria unbemerkt ins Versteck zurückgekommen war, Neria versetzte, brachte sie aus dem Gleichgewicht, und sie stürzte mit dem Zauberstab in der einen, und mit dem Becher in der anderen Hand unsanft zu Boden. Lydia die auf ihr saß flog auf sie drauf. Neria hatte den vollen Becher ins Gesicht bekommen, und der Wein rann ihr über das Gesicht in ihren Ausschnitt hinein.
Fluchend rappelte sie sich auf, schulterte ihren Zauberstab, und drehte sich in Richtung des Tisches, um wenigstens den zweiten Becher zu ergattern. Lydia, die ebenso gerade aufstehen wollte, wurde durch die Drehung, die Neria mit dem Zauberstab vollzog getroffen und zu Boden geschleudert, was jedoch Neria nicht bemerkte weil sie gierig den Becher ansteuerte, und schließlich das Opfer ihrer Begierde in sich rein schüttete.
Sogleich füllte Neria nochmals beide Becher und wollte die letzte Flasche wie die vorhergehende öffnen. Sie kniff die Augen zusammen, zielte mit dem Zauberstab, Wämm, und das Kochgeschirr über dem Feuer flog scheppernd durch den ganzen Keller.
„Ups“, sagte Neria verlegen, und wollte den Zauberstab hinter sich an den Sessel lehnen. Doch sie übersah wiederum Lydia, die sich gerade von ihrem Niederschlag erholt hatte und aufrichten wollte, und rammte ihr diesen unabsichtlich in den Magen, sodass Lydia wieder stöhnend zusammensackte. Dann nahm Neria die Weinflasche, visierte zielsicher die Tischkante an, und wollte den Flaschenhals auf diese Weise köpfen.
Doch irgendwie schien die Tischkante ausgewichen zu sein. Neria die schwungvoll dorthin schlagen wollte, wo sie vorher die Tischkante vermutete, fuhr ins Leere, und sie fiel unter den Tisch. Sie konnte gerade noch die Weinflasche umklammern und retten. Unter dem Tisch hockend, gelang es ihr dann doch noch die Weinflasche auf herkömmliche Weise zu öffnen. Glücklich über ihren Erfolg wollte sie aufstehen, doch sie hatte die Rechnung ohne den Tisch gemacht, schlug sich den Kopf an, hatte aber dermaßen viel Schwung, dass es den Tisch aufhob der dann auf Lydia kippte, die noch immer gekrümmt vor Schmerzen auf dem Boden kauerte.
Neria stieg auf den Tisch und suchte verzweifelt die Becher, die im Keller verstreut herum kugelten. Sie wunderte sich, dass der Tisch so seltsam unter ihr schwankte, führte dies aber auf ihr Schwindelgefühl, nicht aber auf die darunter liegende Lydia, zurück. Nachdem ihr die Bechersuche zu mühsam wurde, beschloss Neria den Wein einfach aus der Flasche zu trinken, und machte einen langen, kräftigen Zug aus der Flasche. Doch leider waren ihre Hände vom vorangegangenen Sturz vom Rotwein noch etwas glitschig, sodass ihr die halbgefüllte Flasche entglitt, und zu Boden fiel.
Doch sie fiel nicht ganz zu Boden, da Lydia die gerade ächzend unter dem Tisch hervor kroch, sie mit ihrem Kopf vor dem Zerbrechen bewahrte. Neria war überglücklich, dass die Flasche heil geblieben war, und kroch der Flasche, die davon rollte, auf allen Vieren nach um dessen kostbaren Inhalt zu retten. Endlich bekam sie die Flasche zu fassen, und kippte sich den letzten Rest, der noch verblieben war, hinter die Binde.
Plötzlich sah Neria ein paar Schuhe vor sich, zu dem auch Füße gehörten. Sie zog sich mühsam an den Füßen hoch, und blickte überrascht in die Augen des verdutzten Azoth, der die ganze Zeit Nerias Treiben beobachtet hatte. Neria griff nach Azoths Schultern, ließ ihre Hände auf seinen Hals gleiten und umklammerte ihn liebevoll.
„Na du? Bist du auch noch Jungfrau“, lispelte sie ihn verführerisch an. Und ehe Azoth reagieren konnte, küsste sie diesen leidenschaftlich, verlor dabei abermals ihr Gleichgewicht, und sie stürzten beide rücklings auf die dahinter stehende Liege.
Neria landete unsanft auf Azoth der vor Schmerz aufschrie. Es machte den Anschein als hätte ihn Nerias Knie an seiner Schwachstelle getroffen. Neria schwankte unsicher auf Azoth, und sie versuchte krampfhaft, eine der drei Knopfreihen seines Hemdes aufzuknöpfen, während sie ihn abermals innig küsste.


Unsicher und völlig überrascht ließ sich Azoth küssen. Er merkte den Geschmack vom Wein. Er selbst mochte Alkohol eigentlich nicht. Vor allem nachdem er Miandra trinken sah, und die Flasche aus dem Fenster werfen musste. Für ein paar kurze Momente, wusste er nicht was er tun sollte und ließ es einfach geschehen. Immerhin küsste ihn gerade eine attraktive Frau... Ein Gefühl, welches er seit Verenas Tod nicht mehr spürte.
Seine Augen wanderten von Nerias Gesicht, nach unten zu ihren Händen, wo sie gerade dabei war sein Hemd aufzuknöpfen. Er spürte die Wärme, und die Hitze die ihn plötzlich umgab, aber leider auch wie sein Körper reagierte.
Eigentlich wollte er das alles nicht, es war nur ein schönes Gefühl, welches so unglaublicher war, einfach intensiv, als würde er es zum ersten Mal in seinem Leben spüren durch die lange Pause.
Plötzlich blickte er mit seinen Augen zu Miandra, versuchte es zumindest, und spürte sofort einen Stich in seinem Herzen. Der Schmerz drang bis in seinen Kopf und er kniff seine Augen zusammen.
Nachdem Neria es geschafft hatte sein Hemd aufzuknöpfen, löste er sich unsanft von ihren Lippen, stand ruckartig auf und warf sie auf die Liege. Dabei schaute er sie an und schüttelte den Kopf.
„Nicht noch einmal... schlaft lieber Euren Rausch aus!“
Geschockt und noch immer neben der Rolle stand er da, Neria auf der Matte, und sein Blick blieb auf ihr haften. Azoth konnte das einfach nicht...


Vernitas Schlag war zwar kräftig, doch sie hätte nie gedacht, was daraus alles erwachsen würde. Die Magierin stürzte zu Boden, und dann überschlugen sich die Ereignisse. Mit einem schnellen Satz sprang die Elfe einen Schritt zurück in sichere Entfernung und beobachtete das Schauspiel, welches ihr Neria dort bot, als diese krampfhaft versuchte, etwas Wein zu trinken. Zuerst grinste Vernita nur schelmisch, aber je länger das Ganze andauerte, desto mehr wurde aus dem Grinsen ein Lachen, welches in einen regelrechten Anfall ausartete. Der Elfe kamen die Tränen, während sie der Magierin dabei zusah, wie sie den Tisch umwarf und sich schließlich und endlich auf Azoth stürzte.
„Ja, schnappt Euch den Kleinen, Neria. Er kann es gebrauchen“, lachte sie, wobei sie sich auf die Schenkel klopfte. Als dieser sich letzten Endes von Neria losriss, amüsierte das die Elfe nur noch mehr. „Was ist denn los mit Euch, Azoth? Mögt Ihr etwa keine Frauen? Sollen wir vielleicht Sareth wecken, damit er sich etwas um Euch kümmern kann?“


Lydia schleuderte es unsanft zu Boden. Krachend landete sie auf den Steinfliesen und ein Schmerz durchzuckte sie. Sie lag rücklings auf dem Boden und betrachtete sich das Chaos, das Neria gerade anrichtete. Sie wollte aufstehen und in Deckung gehen, als von hinten etwas großes Schweres das Licht verdunkelte.
Watsch!
Schwarz war es. Und Es schmerzte. Sie war offenbar unter dem Tisch gelandet, und alles was vormals auf dem Tisch drauf lag, lag jetzt auf und unter ihr. Sie zerrte sich unter der Holzplatte hervor, was vorsichtig gesagt mehr als schwer war, rieb sich Wein und Brot aus dem Gesicht und blinzelte verdattert. Ein Schmerz durchfuhr sie vom Bein aufwärts. Als sie nachsah, stellte sie fest, dass ein Messer, was vormals auf dem Tisch gelegen hatte, ihr ins nackte Bein geschnitten hatte. Tief war der Schnitt nicht, aber er war unerwartet - und schmerzte. Sie stieg vollends auf und besah sich das Chaos.
Kopfschüttelns sagte sie: „Sonst... geht’s euch... aber allen.... noch ganz... gut...? Oder soll ich mir Gedanken machen?“


Während sie ihre Rüstung flickte, beobachtete Rowan ihre Gefährten. Die Magierin fing an, Wein auszuschenken und die Schwarzhaarige hatte sich zu ihr gesetzt. Jedoch schien ihr der Wein nicht zu schmecken, während Neria einen Becker nach dem anderen in sich hinein kippte.
Hinzu kam, dass sich das Mädchen auf ihren Schoß gesetzt hatte und sich an ihren Lippen fest gesaugt hatte. Rowan stutzte bei dem Anblick. Doch im Grunde gingen sie diese Sachen nichts an, das war Privatsache ihrer Gefährten und solange sie damit ihr Vorhaben nicht gefährdeten, war es Rowan egal.
Doch als Vernita zurück erschien, geriet die Situation außer Kontrolle. Die Magierin hatte eindeutig zu viel Alkohol getrunken und richtete ein Chaos in dem Keller an. Während das Mädchen vor Schmerzen zu Boden ging und Neria sich auf den Elfen stürzte, sprang Rowan auf und war mit wenigen schnellen Schritten bei der Magierin. Der Elf hatte sie gerade weg gestoßen. Rowan packte sich im Vorbeigehen einen Becher Wasser und schüttete ihn der Frau ins Gesicht.
„Der Elf hat recht. Ihr habt Euch unverantwortlich verhalten und solltet Euren Rausch ausschlafen.“ Abschätzig betrachtete Rowan die Frau von oben herab.
Wie sich jemand so gehen lassen konnte, war ihr unbegreiflich. Gerade eine Magiern sollte stets darauf bedacht sein, die Kontrolle zu behalten, sonst konnte es für alle Beteiligten gefährlich werden.
Der lachenden Elfe warf Rowan einen bösen Blick zu, bevor sie sich abwandte und zu ihrer Liege zurück kehrte. Sareth war von dem Lärm erwacht und streckte sich verschlafen. Er schaute sich verwirrt um und warf Rowan einen fragenden Blick zu. Sie winkte ab und packte sich ihre Rüstung, die sie schnell anlegte. Ihre Messer nahm sie nicht mit, nur ihre Dolche, die sie verborgen hielt. Den schwarzen Umhang warf sie sich über und zog die Kapuze tief ins Gesicht.
Sareth war vor sie getreten, doch ihr zorniger Blick ließ ihn schweigen. Stattdessen strich er ihr einmal sanft mit der Hand über die Wange, bevor er den Weg zum Ausgang frei gab.
Rowan nickte ihm dankbar zu und machte sich auf, dass Versteck zu verlassen.


Neria wurde unsanft von Azoth auf die Liege geworfen, und sie versuchte sich gerade vergeblich auf ihren Ellbogen aufzustützen, als sie von Rowan mit kaltem Wasser angeschüttet wurde. Sie beachtete Rowans Moralpredigt in keinster Weise und blickte nur Azoth verdutzt an.
„Was heißt da noch einmal? Wir haben doch noch gar nicht oder? Los ziert Euch nicht so“, Neria griff nach Azoths Hand, und zog ihn ruckartig wieder zu sich auf die Liege hinunter, wo sie ihn sogleich mit ihren Händen fest umklammerte, und ihn abermals, diesmal aber zärtlicher küsste.
Obwohl er sich anfänglich wehrte, ließ er es nach kurzer Gegenwehr abermals geschehen, sodass Neria ihre Umklammerung lockerte, ihre Hände seinen Rücken hinauf zum Hals glitten, wo sie ihn dann sanft über Nacken und Haare streifte, während sie ihn liebevoll mit ihren grünen Augen anblickte.


Ohne recht zu wissen was sie davon halten sollte, betrachtete Miandra das Schauspiel, das sich an der gegenüberliegenden Seite des Tisches abspielte, als plötzlich Lydia auf den Schoß von Neria hopste und dieser den innigsten Kuss gab, den Miandra wohl jemals zu Gesicht bekam. Sie war darüber mehr als nur erschüttert, was wohl daran lag, dass Lydia in ihren Augen ein Kind war, sie dabei an ihre eigene Kindheit denken musste, und das so gar nicht in ihr Weltbild passte. Ebenso passte es noch weniger in ihr Weltbild, dass es sich dabei um zwei Frauen handelte. Nicht weil sie eine Abneigung gegen das eigene Geschlecht hatte, eher weil sie so etwas noch nie zuvor gesehen hatte und auch noch nie in Erwägung zog, da sie gar keine Vorstellung darüber hatte wie so etwas funktionieren könnte und welchen Sinn so etwas allgemein hatte.
Ehe sie sich weitere Gedanken über das sich ihr gebotene Schauspiel machen konnte, vernahm sie Vernitas Stimme woraufhin die Magierin, welche bereits nicht mehr zurechnungsfähig war, aufstand und Lydia damit zu Boden schmiss. Anschließend überschlugen sich die Ereignisse regelrecht, und Miandra fühlte sich als wäre sie völlig fehl am Platz, und beobachtete all das eher schockiert als darüber belustigt. Auch das Lachen welches sie aus dem Hintergrund vernehmen konnte, veränderte ihre Meinung darüber nicht.
Sie sah ja schon viele Betrunkene, doch das hier war die Krönung. Sie wusste nicht was sie mehr aus der Fassung brachte: Das arme Mädchen welches unter der Holzplatte lag, oder diese Halbelfe, die sich über Azoth her machte aufgrund ihrer Sinnesverwirrung.
Erst als sich Lydia und Rowan zu Wort meldeten, erwachte sie langsam aus ihrer Starre, sah nur noch wie sich Neria ein zweites Mal auf den Elfen stürzte, als sie plötzlich eine Art von Wut überkam. Eigentlich konnte es ihr egal sein, doch nach diesen vielen Tagen in denen sie nichts tun konnte außer über all das nachzudenken, was in ihrem Leben nicht falsch gelaufen war, und diese nervenden Personen um sich ertragen musste, von denen sie auch noch abhängig war, hatte sie es endgültig satt.
Sie hatte es satt sich die gesamte Zeit über Gedanken zu machen. Miandra wollte nur ihre Tochter wieder finden und diese an einen sicheren Ort bringen, doch dass all das so kompliziert werden würde, hatte sie nicht erwartet. Beinahe stufte sie all diese Leute hier schon schlimmer ein als ihr ehemaliges zu Hause, was sie wohl als einen der schlimmsten Orte definieren würde, direkt nach Fort Drakon.
Ohne wirklich über ihr Handeln nachzudenken, stand sie von dem Stuhl auf, ging zu der Liege, auf welcher sich Neria niedergelassen hatte und sich an Azoth festklammerte, packte diesen an der Schulter und zog ihn von ihr weg, sodass er etwas abseits der Liege auf seinem Allerwertesten landete. Erst noch ohne ihm weitere Beachtung zu schenken, packte sie Neria am Ausschnitt deren Robe, zog sie hoch und gab ihr eine kräftige Ohrfeige, sodass gleich daraufhin Blut von der Lippe der Halbelfe tropfte.
„Verdammt noch mal!“ schrie sie diese dabei an. „Ihr seid eine Frau und Magierin also benehmt Euch gefälligst wie eine!“
Achtlos ließ sie Neria wieder los, sodass diese unsanft auf der Liege landete, bevor sie sich an Azoth wandte. „Und Ihr seid auch nur ein Kerl.“
Mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung, die man aus ihrem Gesicht lesen konnte, wandte sie sich von ihm ab, und ging zurück zu dem umgefallenen Tisch, neben welchem Lydia stand und das Schauspiel noch immer entgeistert beobachtete. Neben dieser kniete sie sich hin und musterte deren Verletzung, die sie am Bein erlitten hatte.
„Keine Sorge, das haben wir gleich“, sagte Miandra zu dieser ohne sie anzusehen und versuchte den Zorn ihrer Stimme zu unterdrücken, da er ja nicht dem Mädchen galt, wobei die Worte fast mehr zu ihrer eigenen Beruhigung dienten. Anschließend stand sie wieder auf um in dem Chaos irgendwo Verbandszeug zu finden, auch wenn sie gerade lieber an einem anderen Ort gewesen wäre, doch sie wusste, dass das nicht möglich war.


Vernita fand die ganze Sache geradezu urkomisch. Der ansonsten so vorlaute Elf, der wie ein verängstigtes Huhn vor der liebestollen Magierin zurückwich, welche aber nicht so leicht locker ließ. Und dann noch Rowan, die sich furchtbar über Neria aufregte, obwohl sie ja selbst in den letzten Tagen nichts Besseres zu tun hatte, als mit ihrem Sareth Ausflüge in die Stadt zu machen. Nicht zu vergessen Lydia, deren Aufdringlichkeit in dem ganzen Chaos mit einem Tisch belohnt wurde, den die Magierin wohl unbeabsichtigt auf sie fallen ließ. Erst als Miandra sich einmischte und Neria und Azoth zurechtwies, konnte die Elfe schließlich aufhören zu lachen.
„Beruhige dich wieder, Miandra“, meinte sie noch nach Luft schnappend, während sie sich die Tränen aus den Augen wischte. Dieser Lachanfall hatte ihr wirklich den Atem geraubt. „Das war doch halb so schlimm. Kein Grund zur Aufregung. Nur werden wir die Gute wohl heute Nacht nicht mitnehmen können, fürchte ich.“
Die Elfe trat zu Neria hinüber, welche noch etwas benommen auf Azoths Liege hockte, ging vor ihr in die Hocke und hielt zwei Finger ihrer rechten Hand vor den Augen der Magierin hoch, welche sie langsam hin- und her bewegte. Nerias benebelter Blick folgte eher schwerfällig Vernitas Handbewegungen.
„Tja“, kommentierte die Elfe diese Reaktion. „So wie es aussieht, werden wir allein unterwegs sein, Miandra. Unsere Magierin scheint heute zu nichts mehr zu gebrauchen zu sein. Also lassen wir sie besser hier. Lydia und Azoth können sich ja ein wenig um sie kümmern.“
Bei ihren letzten Worten lag ein dreckiges Grinsen auf Vernitas Gesicht.


Neria wollte gerade Azoth nochmals küssen, als er wie von Geisterhand ergriffen plötzlich verschwunden war, und Neria ein dumpfes brennen im Gesicht verspürte. Nur schemenhaft konnte sie Miandra erkennen, die ihr offenbar ins Gesicht geschlagen hatte, da ihr sogar etwas Blut von den Lippen tropfte. Offenbar dürften die beiden was miteinander haben, denn anders konnte sie sich Miandras Reaktion nicht erklären. Doch ehe Neria zum Stammeln ansetzte, war Miandra auch schon wieder weg.
Neria erschrak als plötzlich drei Vernitas vor ihr hockten und mit mindestens zwanzig Fingern vor ihrem Gesicht herumfummelten. Doch als sie das Wort ‚gehen‘ aufschnappte, sprang sie wie von einer Tarantel gestochen auf, und torkelte zu ihrem Zauberstab, der inmitten des Raumes lag. Am Weg dorthin flog sie über Azoth, der von Miandra zuvor auf den Boden bugsiert worden war und Neria landete unsanft direkt auf ihrem Zauberstab, den sie sogleich liebevoll umklammerte, sich wieder langsam aufrappelte und wankenden Schrittes Richtung Tür ging.
Doch die Tür mit dem quer gestellten Zauberstab durchschreiten zu wollen war keine gute Idee, da Neria auf den Zauberstab auflief, und rücklings auf den Boden krachte. Irgendwie sah sie nun ein, dass es keine gute Idee war heute Abend mit den anderen mitzugehen.
Sie kroch auf allen Vieren an Vernita vorbei zu Azoths Liege zurück, und legte sich schwer atmend darauf. „Schhhuldige Vaanita, geht lieber ohne misch“, lallte sie nahezu unverständlich in den Raum hinein.
Danach legte sie sich auf den Rücken, und der Raum um sie herum begann sich zu drehen.


„Ist wohl auch besser so…“, murmelte Miandra nur unverständlich vor sich her als gerade eine Tasche durchwühlte in der Hoffnung Verbandszeug zu finden. Schließlich wurde sie fündig und begab sich damit zurück zu Lydia um deren Bein verbinden zu können. Es war kein tiefer Schnitt, dennoch blutete die Wunde stark, sodass sie den Verband dementsprechend fest binden musste.
Währenddessen torkelte Neria erneut durch den Raum und faselte wirres Zeug, kam jedoch nur nach kurzer Zeit erneut auf der Liege zum Stillstand. Miandra fiel es recht schwer sie zu ignorieren, da sie noch immer recht wütend war und schaffte es wohl nur, da sie mit dem Verbinden des Beines von Lydia abgelenkt war.


Lydia verstand den Witz in Vernitas Aussage. „So gern ich ihr Gesellschaft leisten würde, ich will raus aus dem Loch hier. Ich brauche wieder frische Luft und Himmel über mir. Sagt, was Ihr wollt, ich komme mit... auch wenn ich mir sicher angenehmere Zeitgenossen als Euch vorstellen kann...“
Sie dankte Miandra und suchte ihre Sachen zusammen. Ihre Waffen verstaute sie sorgfältig, den Umhang warf sie sich um die Schultern ebenso wie den Köcher mit Bogen.
Erwartungsvoll blickte sie in die Runde.
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Kapitel XX - Die Kirche von Denerim Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XX - Die Kirche von Denerim   Kapitel XX - Die Kirche von Denerim EmptyFr 26 Aug 2011, 2:24 am

Leanora ging gerade etwas unsicher durch die große und prächtige Kirchenhalle, in der sie sich suchend umsah, als sich plötzlich zwei kräftige Hände auf ihre Schultern legten. Sie schrak sofort zusammen, während hinter ihr eine säuselnde Stimme zu sprechen begann.
„Hallo, wen haben wir denn hier? Hast du dich verlaufen, mein hübsches Kind?“ fragte die Stimme eindringlich, wobei ihr Besitzer langsam um die Frau herum ging. Dabei ließ er seine Hände sanft über Leanoras Schultern und Rücken wandern. Erst als dieser Mann vor sie trat, konnte sie ihn sich genau ansehen.
Er war etwa eins fünfundachtzig groß, hatte schwarze nackenlange Haare und mandelbraune Augen, mit welchen er die Frau von oben bis unten begutachtete, so als wolle er sie bereits mit seinen Blicken ausziehen. Dabei lag ein vorwitziges Grinsen auf seinen dünnen Lippen.
„Du siehst aus, als suchtest du nach irgendjemandem“, sprach er mit leiser Stimme weiter. „Vielleicht nach einem Führer durch dieses Gebäude? Das könnte ich dann übernehmen, wenn du magst. Ich kenne dieses Gemäuer ganz genau, auch die dunklen, abgelegenen Orte, an denen wir ganz ungestört sein können. Dort kann ich dir dann zeigen, welche Erfüllung der Glaube an den Erbauer einem Menschen doch bringen kann. Aber verrate mir vorher doch bitte noch deinen Namen, ja? Ich weiß immer gern, wie die Frau heißt, der ich den Himmel auf Erden bereite, du verstehst, was ich meine?“
Der Mann trat ganz dicht an Leanora heran, bis sich ihre Gesichter beinahe berührten, und sie schon seinen heißen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Noch ein paar Zentimeter weiter, und ihre Lippen würden sich zu einem Kuss vereinigen.


Leanora zuckte zusammen, als sie Hände auf ihren Schultern spürte, und sie hätte in dem Moment wohl keinen Tropfen Blut gegeben vor Schreck. Als der Mann um sie herum ging konnte sie ihn sehen. Er war unverschämt hübsch, aber die Art, wie er mit ihr umging, behagte ihr gar nicht. Für was hielt er sie eigentlich? Zorn kam in ihr hoch, und sie ging ruckartig einen Schritt zurück. Sein Mund war dem ihren definitiv zu nahe.
Ihr Herz schlug wie ein eingesperrter Vogel, und sie musste sich beherrschen, ihm nicht ein paar Ohrfeigen für seine Dreistigkeit zu verpassen. So sagte sie nur mit eiskalter Stimme: „Was erlaubt Ihr Euch? Und um Eure Frage zu beantworten, ich bin auf der Suche nach Bruder Castillá, die Ehrwürdige Mutter sagte, ich sollte mich an ihn wenden. Und wer seid Ihr?“
Sie kochte vor Wut, ihre sonst so warmen Augen hatten die Farbe kühlen Bernsteins angenommen, und ihre Brust hob und senkte sich vor Entrüstung.


„Du bist wunderschön, wenn du wütend bist, meine kleine Rosenblüte“, meinte der dunkelhaarige Mann grinsend, wobei er einen Satz auf Leanora zu machte, so dass er wieder dicht vor ihr stand. Gleichzeitig ergriff er ihre Schultern und zog sie näher zu sich heran. „Wenn die Ehrwürdige Mutter dich geschickt hat, dann bist du bei mir viel besser aufgehoben als bei diesem alten Tattergreis. Ich werde schon das Feuer deiner Leidenschaft entfachen und dein Herz und deine Lenden zum Glühen bringen.“
Wieder näherte er sich der blondhaarigen Frau, um ihr einen Kuss auf den Mund zu geben. Doch bevor Leanora hätte reagieren können unterbrach eine scharfe Stimme die Handlungen des Mannes.
„Bruder Renaldo! Das reicht jetzt!“ Ein etwa fünfzig Jahre alter Mann mit grauschwarzen Haaren und einem Spitzbart trat aus einem der Nebenräume und bewegte sich auf die beiden zu. Die wasserblauen Augen des ungefähr eins siebzig großen Mannes funkelten den Angesprochenen wütend an. „Lasst die gute Frau los, und kümmert Euch um Eure Pflichten, so gering sie auch seien mögen!“
Der Gemeinte erwiderte nichts darauf. Stattdessen ließ er Leanora los und ging an ihr vorbei. Dabei streifte er absichtlich ihre Schulter, drehte den Kopf zu ihr herum und flüsterte ihr lüstern ins Ohr. „Wir sehen uns noch, meine Schöne.“ Dann wandte er sich ab und zog offenbar beleidigt von dannen.
Der Alte sah ihm noch einen Moment nach, bevor sein Gesicht aufhellte, und er sich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen Leanora näherte. Vor ihr blieb er schließlich stehen und verbeugte sich leicht vor ihr.
„Ich muss mich für das Verhalten meines Bruders entschuldigen“, bemerkte er aufrichtig betroffen. „Ihm fehlt es an der Reife und der Sitte, die für einen Mann seines Standes angemessen wäre. Er ist sich nicht darüber im Klaren, dass er sich selbst und auch seine Brüder mit seinem schlechten Benehmen zutiefst beschämt. Ich hoffe, Ihr bekommt dadurch nicht einen zu schlechten Eindruck von unserer Gemeinde. Abgesehen von ihm sind hier alle sehr höflich und zuvorkommend. Aber wo sind nur meine Manieren? Mein Name ist Bruder Castillá. Ich bin der Verwalter dieser Kirche. Und wenn Ihr irgendwelche Hilfe benötigten solltet, so stehe ich Euch jederzeit zur Verfügung, werte Dame.“
Der alte Mann faltete seine Hände und blickte Leanora mit seinen warmen, gütig blickenden, Augen an.


Leanora seufzte erleichtert auf, als dieser Unhold verschwand, und entspannte sich wieder etwas.
„Dem Erbauer sei Dank, Bruder Castillá, Ihr seid zur rechten Zeit gekommen. Ich dachte immer, den Priestern sei Zölibat auferlegt? Aber was plappere ich hier. Mein Name ist Sophia, und die Ehrwürdige Mutter hat mich zu Euch geschickt. Sie meinte, Ihr würdet mir mein zukünftiges Zuhause vorstellen und zuweisen. Ich möchte in die Dienste des Erbauers und seiner Braut Andraste treten, denn einen anderen Sinn hat mein Leben nicht mehr.“
Der Mann machte ihr einen gütigen und herzlichen Eindruck, und sie fühlte sich das erste Mal seit langer Zeit wieder geborgen. Sie konnte nur hoffen, dass ihr das Klosterleben nicht so sehr gefiel, dass sie ihre Ziele aus den Augen verlor.


„Ja, normalerweise trifft das auch zu, werte Sophia“
, meinte Bruder Castillá mit einem entschuldigenden Lächeln. „Aber Bruder Renaldo ist so etwas wie das Schwarze Schaf dieser Gemeinde, und würde es nach mir gehen, dann wäre er längst nicht mehr ein Mitglied dieser Gemeinschaft. Dummerweise hat er sehr viele einflussreiche Freunde und Verwandte außerhalb und auch innerhalb der Kirche. Er ist beispielsweise der Neffe der Ehrwürdigen Mutter, als deren Berater er auch fungiert, auch wenn das eigentlich nichts zu bedeuten hat. Aber ich will Euch nicht mit meinen Problemen langweilen. Ich freue mich, dass Ihr Euch dazu entschlossen habt, unserem Orden beizutreten. Kommt bitte mit in meine Schreibstube, wo wir uns über alles unterhalten können.“
Mit einer höflichen Geste bedeutete der Alte Leanora ihm zu folgen. Er führte sie quer durch den großen Raum zu einer schweren, dunklen Eichentür. Diese öffnete er, bevor er der blonden Frau mit einer freundlichen Handbewegung Einzutreten bat, was diese auch gleich tat.
Der Raum selbst war mit Regalen und Schränken voll gestellt, in denen unzählige Bücher und Schriftrollen aufbewahrt wurden. Am Ende der Stube stand ein Schreibtisch, hinter dem sich ein bequemer Ohrensessel befand. Für eventuelle Besucher waren außerdem noch zwei einfache Stühle vorhanden. Durch ein großes Fenster drang das letzte Licht des Tages in den Raum. Der obere Teil dieses Fensters wurde durch ein wunderschönes Mosaikbild der Prophetin Andraste verschönert.
„Ich möchte Euch gar nicht danach fragen, aus welchem Grund Ihr unserer Gemeinde beitreten wollt, da es nicht von Belang ist, werte Sophia“, meinte Bruder Castillá, während er die junge Frau durch den Raum führte und ihr mit der einladenden Handbewegung einen Stuhl anbot. „Und wenn die Ehrwürdige Mutter Euch zu mir geschickt hat, dann werden wir auch ein schönes Plätzchen sowie eine Aufgabe für Euch finden.“
Ein freundliches Lächeln legte sich auf die Lippen des Alten, während er sich auf seinen Sessel niederließ. „Ich nehme an, dass Ihr wisst, dass wir hier unseren Tag nicht nur mit Beten und dem Vorbringen von Lobpreisungen verbringen, sondern dass das Leben in der Kirche vor allem durch harte Arbeit bestimmt ist. Viele bedürfen unserer Hilfe und viel muss dafür getan werden. Und selbst die einfachsten Tätigkeiten sind für unsere Sache, die Botschaft unseres Erbauers in die Welt hinauszutragen, von immenser Bedeutung. Aber vielleicht könnt Ihr mir bei der Aufgabenverteilung für Euch sogar helfen, indem Ihr mir sagt, was Ihr früher so gemacht habt, welche Fähigkeiten Ihr inzwischen erworben habt und ob Ihr spezielle Begabungen habt, die der Kirche dienlich sein könnten.“


Leanora folgte Bruder Castillá in seine Stube, und setzte sich dort auf einen der Stühle, von dem sie jedoch sofort wieder aufstand. Zu vieles war soeben auf sie eingestürzt, was der Priester ihr gerade sagte. Bruder Renaldo war also der Neffe der Ehrwürdigen Mutter, mitsamt einflussreichen Freunden innerhalb und außerhalb der Kirche? Wie einflussreich waren diese Freunde? War er der Schlüssel dazu, mehr herauszufinden? Ihre Nerven vibrierten, und eine leichte Gänsehaut überzog ihren Rücken. Als sie an das Gesicht des Mannes dachte, stellten sich ihre Härchen auf der Haut auf. Trotzdem hatte sie im Moment nicht die Zeit, darüber nachzudenken, sondern musste zuerst Bruder Castillás Fragen beantworten.
Sie runzelte die Stirn. Eine gute Frage, was konnte sie? Eigentlich nichts, was mit schwerer körperlicher Arbeit zu tun hatte, und selbst bei einfacheren Tätigkeiten hatte sie keinerlei Erfahrung, sei es nun beim Kochen, oder auch einfach mit Nadel und Faden umzugehen.
„Bruder Castillá“, antwortete sie. „Ich wuchs gut behütet in einer nicht gerade mittellosen Familie auf, und für alle Arbeiten hatten wir Knechte und Mägde. Ich kann nicht vieles. Mir wurde gelehrt, mit Pfeil und Bogen bei der Jagd umzugehen, mit Pferden hab ich ein glückliches Händchen, Stallarbeit macht mir also nichts aus. Überhaupt die Arbeit mit Tieren macht mir Spaß und bereitet mir keine Probleme. Dazu kann ich Klavier spielen, und man sagt, ich könne gut singen. Aber ich fürchte, in der Küche würde ich wohl die Suppe versalzen. Ich muss also Vieles lernen, aber ich werde mich anstrengen. Ihr sollt nicht enttäuscht von mir sein.“
Abwartend blickte sie den älteren Mann an, gespannt, ob er sie nicht doch noch achtkantig hinauswerfen würde. Und sie musste an Vernita denken, die sie anfangs als verzogenes Prinzeschen ansah. Würde der Priester auch so denken?


Bruder Castillá fuhr sich nachdenklich über den Spitzbart. „Hmm...Tiere also. Nun, wir haben Hühner, Schweine und Ziegen hier in der Kirche, die uns mit Fleisch, Milch und Eiern versorgen. Oder vielleicht könnt Ihr Euch auch um die Pferde der Templer in unserem Stall kümmern. Ich werde mir mal ansehen, ob wir Euch dort unterbringen können. Ansonsten gibt es immer noch den leichten Küchendienst oder Ihr macht etwas anderes, wie etwa die Fußböden schrubben. Das ist leicht zu erlernen, selbst wenn Ihr damit keinerlei Erfahrungen habt. Wir werden schon etwas passendes für Euch finden, keine bange. Und was Eure musikalischen Talente angeht... bei nächster Gelegenheit werde ich sie mir einmal anhören. Möglicherweise könntet Ihr unseren Chor verstärken, doch damit beschäftigen wir uns ein anderes Mal.“
Der alte Mann stand auf und ging zu einer Kordel, die in der Ecke des Raumes an der Decke hing. Zweimal zog er kräftig daran, bevor er sich wieder zu Leanora umwandte. „Oberschwester Beandricé wird sich nun um Euch kümmern. Sie wird Euch angemessene Kleidung und eine Unterkunft besorgen. Ihr solltet Euch dann auch bald zur Ruhe begeben, da unser Tagwerk schon recht früh beginnt. Wir beide reden morgen noch über die Aufgaben, die Ihr innerhalb dieser Mauern übernehmen werdet. Habt Ihr noch Fragen?“
Bruder Castillá setzte sich wieder auf seinen Sessel und schaute sein Gegenüber freundlich lächelnd an.


Leanora schüttelte den Kopf. Was sollte sie auch schon groß an offenen Fragen haben.
„Danke Bruder Castillá, ich denke, die Fragen kommen erst mit dem Tagesablauf. Nur eines sollte ich wissen, nämlich wann ich morgen das Tagwerk beginnt, und ob ich dann dort abgeholt werde oder irgendwohin gehen muss. Das müsste ich mir nämlich zuvor einprägen, nicht dass ich mich noch verlaufe.“
Sie war heilfroh, dass sie sich schon zur Ruhe begeben konnte. Zu viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf, und die hieß es zu ordnen. Und eine Möglichkeit zu finden, wie sie nachts mit Vernita in Kontakt treten konnte. Was bedeutete, sie würde auf eigene Faust noch einmal durch das Kloster streifen und sich mit den Gängen vertraut machen. Oberste Priorität hierbei war, den kürzesten und schnellsten Weg auszukundschaften, welcher in den Innenhof führte, wo sie sich mit Vernita treffen würde.


„Darüber braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen“, beschwichtigte Bruder Castillá. „Oberschwester Beandricé wird Euch schon wecken und Euch zum Speiseraum führen, wo Ihr etwas zu Essen bekommt. Anschließend geht Ihr mit den anderen Schwestern zur Morgenandacht. Und sobald diese vorbei ist, kommt wieder zur mir, dann sprechen wir über Euer zukünftiges Aufgabengebiet. Ach so, Ihr dürft Euch innerhalb dieser Mauern frei bewegen, nur der Zutritt zum Wohnbereich der Templer ist Euch untersagt, aber da kommt Ihr ohnehin nicht rein, da er stets bewacht wird. Außerdem werden die Räume der Obrigkeit dieser Kirche auch verschlossen sein, wenn wir uns nicht in diesen befinden, oder wir der Ruhe pflegen. Doch das versteht sich sicher von selbst.“
In diesem Moment trat eine Frau Mitte vierzig ein, welche in ein langes Gewand gekleidet war. Ihr feuerrotes Haar hatte sie zu einem dicken Knoten auf dem Hinterkopf zusammengesteckt und ihre fahlblauen Augen musterten Leanora eindringlich. Dabei verzog ihr kalkweißes Gesicht keine Miene.
„Aaah, Schwester Beandricé. Schön das Ihr hier seid“, meinte der Alte sichtlich erfreut. „Das ist Sophia. Sie wird ab sofort als Laienschwester unserer Kirche dienen. Bitte seid so gut, und kümmert Euch um sie. Sie benötigt passende Kleidung und eine Unterkunft. Morgen werden wir gemeinsam eine Tätigkeit für unsere neue Schwester finden.“
Die Angesprochene nickte dem Alten nur kurz zu, der sich zum Abschied noch einmal an Leanora wandte. „Die Schwester wird sich nun um Euch kümmern, Sophia. Ich wünsche Euch ein angenehme Nachtruhe und heiße Euch noch einmal in unserem Orden willkommen. Wir sprechen morgen weiter.“
Dann gab Bruder Castillá der Oberschwester ein Zeichen, woraufhin diese mit ihrer kratzigen Stimme das Wort ergriff. „Na, dann komm, Täubchen. Lass uns gehen. Der Bruder möchte nun allein sein.“
Beandricé geleitete Leanora zur Tür hinaus und führte sie durch den Hauptteil der Kirche zu den Quartieren der Schwestern, während sie auf die blondhaarige Frau einredete. „Du heißt also Sophia, ja? Du kannst mich Oberschwester Beandricé nennen. Ich stehe euch Laienschwestern vor. Mit anderen Worten, was ich sage, dass wird auch gemacht, verstanden? In diesen Mauern herrscht Zucht und Ordnung. Und durch harte Arbeit findest du auch zum Glauben, du wirst schon sehen. Bisher scheinst du davon ja noch nicht viel mitbekommen zu haben, wenn ich mir so deine zarten Händchen ansehe. Aber das kriegen wir schon hin, meine Kleine. Und gedrückt wird sich bei mir nicht, das dies mal von vornherein klar ist. So, da sind wir.“
Die Schwester öffnete die Tür und trat ein „Was stehst du da herum? Komm rein, oder willst du da draußen Wurzeln schlagen?“ brummelte Beandricé sogleich, als Leanora ihr nicht direkt gefolgt war. Der Raum selbst war mit allerlei Schränken, Truhen, Kisten und Fässern vollgestellt. Anscheinend befanden sich die beiden in der Vorratskammer der Kirche.
„Mal sehen, was wir hier haben“, murmelte die Schwester, während sie Leanora noch einmal ganz genau begutachtete. Anschließend öffnete sie einen der Schränke und kramte drei Roben und mehrere Satz Unterkleider aus diesem heraus, welche sie vor der blonden Frau auf die Theke legte. „Hier, dass dürfte dir passen. Komm schon, weiter geht’s.“
Die Oberschwester führte Leanora wieder durch das Gebäude, bis sie zu einem Gang kamen, von dem aus mehrere Türen abzweigten. Vor einer dieser Eingänge blieb sie schließlich stehen. „So, da wären wir. Du teilst dir dieses Zimmer mit Schwester Lucia. Sie dürfte allerdings noch nicht da drin sein, aber du wirst schon sehen, welches ihre Schlafstätte ist. Nimm dir also die andere. Ich wecke dich vor Sonnenaufgang, also solltest du früh schlafen gehen, um morgen nicht total übermüdet zu sein. Falls du nicht schlafen kannst, solltest du dir darüber keine Sorgen machen. Morgen Nacht kannst du garantiert schlafen, das kann ich dir versprechen. Falls du mich brauchst, ich schlafe in dem Zimmer am Ende des Ganges. Du solltest mich allerdings nur stören, wenn es wirklich wichtig ist, klar? Wenn du noch Fragen hast, dann stelle sie mir jetzt. Ansonsten sehen wir uns morgen früh.“
Beandricé sah der blonden Frau herausfordernd ins Gesicht.


Leanora hatte keine Fragen mehr. „Vielen Dank Oberschwester Beandricé. Wir sehen uns morgen früh.“ Sie nickte der Schwester zu und betrat dann das kleine Zimmer, wo sie sofort die Tür hinter sich zuzog.
‚Meine Güte, welch Schreckschraube... und die Stimme wie Kreide, die über eine Schiefertafel kratzt‘, dachte Leanora bei sich.
Neugierig blickte sie sich in dem spartanisch eingerichteten Zimmer um. Zwei Betten, zwei kleine Schränke, ein Bücherregal, ein kleiner Tisch, den man auch als Schreibtisch verwenden konnte. Am Kopfende des rechten Bettes lag eine Strickweste, so schloss Leanora, dass dies wohl das Bett ihrer neuen Zimmergefährtin sein würde. Hoffentlich war diese wenigstens nett, aber allein die Tatsache, dass sie ihr Zimmer teilen musste, behagte ihr nicht. Die Mitbewohnerin würde auf jeden Fall mitkriegen, wenn sie sich nachts weg schlich. Und wenn das auch so eine Kratzbürste war, dann würde das ganze Unterfangen noch sehr schwer werden.
Sie öffnete eine Schranktür und legte dort die Roben und Unterwäsche ab. Heute würde es wohl egal sein, wenn sie die noch nicht anzog.
Dann setzte sie sich auf die Bettkante und verzog angewidert das Gesicht, als die Matratze erst extrem nachgab und dann gleich darauf ein quietschendes Geräusch verursachte. So schwer war sie wahrlich nicht!
Schnell schob sie die Gedanken beiseite, und versuchte, einen Plan auszuarbeiten. Das Treffen mit Vernita würde auf jeden Fall davon abhängig sein, wie ihre Zimmernachbarin war. Und sie musste die Gunst der Stunde nutzen, dass dieser Renaldo Gefallen an ihr fand. Vielleicht musste sie gar nicht bis zum Äußersten gehen? Wäre sie frei, würde sie ihn einfach zum Essen einladen, einige Gläser schweren Rotweins haben schon so manche Zunge gelöst, vor allem gepaart mit dem weiblichen Charme, den sie spielen lassen konnte.
Dennoch stand Koketterie hier nicht zur Diskussion, als angehende Ordensschwester durfte sie nicht einmal annähernd mit einem Mann herum schäkern. Vielleicht reizte ihn aber gerade ihre Distanziertheit. War er überhaupt derjenige, über den sie an Informationen kommen konnte?
Sie beschloss, einen Versuch zu wagen, sobald sich eine Gelegenheit ergab, aber würde auf jeden Fall Vernita vorher noch um Rat fragen.
Schnell stand sie wieder auf, begab sich zu dem Tisch, auf dem Papier und Tintenfass bereit standen. Hastig kritzelte sie eine Notiz an Vernita.

Weiß noch nicht wie das mit Treffen funktioniert, deswegen erst einmal eine Nachricht. Es gibt hier einen Bruder, der wohl einflussreiche Freunde innerhalb und außerhalb der Klostermauern hat, und keinen Hehl daraus machte, dass er weder keusch lebt, noch dass er Gefallen an mir findet, und mir nur zu gerne zeigen würde, welche Erfüllung der Glaube an den Erbauer bringen kann. Er meinte er würde mir den Himmel auf Erden bereiten... nun, dass ich mich für so etwas nicht hergebe ist Euch sicher bewusst, aber ich würde gerne Eure Meinung dazu hören.

Leanora tauchte die Feder wieder ins Tintenfass und schrieb weiter:

Die Oberschwester ist eine Kratzbürste, meine Zimmernachbarin kenne ich noch nicht. Ich halte Euch auf dem Laufenden. Ich bin hier als Sophia bekannt. Gruß, L.

Schnell löschte sie die Tinte, faltete das Pergament so klein wie möglich zusammen und versteckte es in ihrer Jackentasche. Dann verließ sie das Zimmer und schlenderte langsam die Gänge entlang, auf der Suche nach dem Ausgang zum Innenhof.
Kurz darauf wurde sie fündig, und sie stand in der frischen Abendluft vor dem leeren Baumstumpf. Sie blickte sich um, sah aber keine Menschenseele und so ließ sie den Zettel geschwind in dem Versteck verschwinden. Dann spazierte sie in Ruhe eine Runde im Innenhof herum, sollte sie jemand sehen, konnte sie immer noch sagen, sie würde einen Abendspaziergang machen.
Schließlich kehrte sie in ihr Zimmer zurück, aber ihre Nachbarin war noch immer nicht eingetroffen. So setzte sie sich wieder auf die quietschende Bettkante und wartete.


Die Tür der kleinen Kammer öffnete sich und eine ziemlich kleine und etwas korpulente Frau mit karottenroten Haaren betrat den Raum. Sie hatte grüne Augen und ihr blasses Gesicht war über und über mit Sommersprossen bedeckt. Sie wirkte ziemlich erschöpft und schien Leanora gar nicht zu bemerken.
Schnurstracks ging sie zu ihrem Bett hinüber, ließ sich darauf nieder und wollte sich gerade schon ihre Robe über den Kopf ziehen, als ihr die blondhaarige Frau ins Auge fiel. Erschrocken sprang sie auf und starrte Leanora aus schreckgeweiteten Augen an.
„Meine Güte, hast du mich vielleicht erschreckt!“ stammelte sie noch ganz außer Atem. Ihre Müdigkeit schien auf einmal verflogen zu sein. Sie brauchte einen Moment, um sich zu beruhigen. „Ich nehme mal an, dass du neu hier bist, richtig? Mein Name ist Lucia und so wie es aussieht werden wir beide wohl eine Zeitlang hier zusammen hausen, was? Dann sollten wir doch das Beste draus machen, findest du nicht?“
Die junge Frau näherte sich Leanora und streckte ihr zur Begrüßung die Hand entgegen. „Verrätst du mir auch deinen Namen?“


Leanora stand auf, lächelte und schüttelte Lucias Hand.
„Hallo Lucia, ja, ich bin neu hier. Mein Name ist Sophia. Schön, dich kennen zu lernen! Und tut mir leid, wenn ich dich erschreckt haben sollte. Ich hoffe doch, dass wir uns verstehen werden. Unter uns gesagt, die nette Oberschwester hat mir einen gewissen Schrecken eingejagt, obwohl Bruder Castillá sehr nett war...“
Sie war gespannt, ob Lucia darauf reagieren würde, und wenn ja, wie.


„Ach, halb so wild“, beschwichtigte Lucia und ging zu ihrem Bett zurück. „Ich war nur so überrascht, dass ich plötzlich nicht mehr allein in diesem Zimmer wohne. Aber ich freue mich, dass ich jetzt wieder Gesellschaft habe, seit uns Schwester Sybillia verlassen hat, war ich abends immer allein hier. Ist auf die Dauer doch sehr langweilig und außerdem ziemlich einsam. Tja, aber das ist ja jetzt wohl vorbei, was? Ich freue mich auf jeden Fall auf unsere gemeinsame Zeit.“
Die rothaarige Schwester plapperte unentwegt weiter, so als hätte sie seit zehn Jahren nicht mehr mit jemanden gesprochen und wollte das jetzt innerhalb der nächsten fünf Minuten alles nachholen. Leanora sah die junge Frau deshalb nur etwas verdutzt an.
„Ja, und mit Schwester Beandricé hast du wohl recht. Sie ist etwas griesgrämig, aber wenn du hart arbeitest und ihr keinen Ärger machst, dann respektiert sie dich auch, wirst schon sehen. Du darfst dich nur nicht dabei erwischen lassen, wenn du etwas unkeusches tust. Das hat sie gar nicht gern. Und Bruder Castillá auch nicht. Er ist ja so ganz nett und hilfsbereit und alles, aber auch schrecklich konservativ. Nun, das ist eben noch die alte Schule, was soll man da machen? Immer brav sein und beten und arbeiten, und das war es auch schon. Aber wozu hat uns der Erbauer die Lust und die Leidenschaft gegeben, wenn wir sie nicht ausleben? Fragt Bruder Renaldo, der hat diesbezüglich eine ganz andere Auffassung zu solchen Dingen. Glaub mir, der weiß, wovon er redet. Seine Auslegung des Glaubens gefällt mir wesentlich besser. Ist nicht so trocken und spießig wie bei den anderen. Ach, dieser Mann ist einfach ein Traum.“


Leanora lächelte als sie Lucias Worte vernahm. So so, Bruder Renaldo war also bereits in den Fängen ihrer neuen Zimmernachbarin, welche einen durchaus netten und amüsanten Eindruck erweckte. ‚Na kein Wunder‘, dachte Leanora bei sich, ‚Rothaarigen wurden ja seit je her nachgesagt, dass sie Feuer im Blut hatten‘. Allerdings wunderte sie sich, dass Renaldo auch etwas rundlichere Frauen gefielen. Oder war er einfach nicht wählerisch, was Leanora eher vermutete.
„Ja, ich glaub dem bin ich schon begegnet... um ehrlich zu sein hab ich mich ziemlich erschrocken als der sich so forsch vorstellte. Vor dem ist wohl keine Robe sicher?“
In ihrem Ton lag dabei aber ein lachender Unterton, obwohl sie die Frage durchaus ernst meinte.
„Kennst du ihn denn näher? Er hat auf jeden Fall Ausstrahlung, da gebe ich dir recht. Ist es denn wert, ihn näher zu kennen, wenn man auf kein Abenteuer aus ist?“


„Ich kenne ihn leider nicht so gut, wie ich gern möchte“, gab Lucia verlegen zu, wobei ihr blasses Gesicht plötzlich einen feuerroten Farbton annahm. „Ich träume jede Nacht davon, dass er mich in seine Arme schließt und mir den Himmel auf Erden zeigt, doch ich fürchte, ich bin einfach nicht sein Typ. Aber er ist so süß.“
Die Schwester zog sich ihre Robe über den Kopf und legte diese neben sich auf das Bett. Dann stand sie auf und ging zu der Waschschüssel, die sich in der Ecke des Raumes befand. Sie füllte etwas Wasser aus der Kanne, die daneben auf dem Boden stand in diese hinein und begann sich zu waschen... was wahrscheinlich nicht nur der Reinlichkeit dienen sollte, sondern auch dem Wunsch ihr erhitztes Gemüt etwas abzukühlen. Nachdem sie damit fertig war, griff sie sich ein Handtuch und begab sich zurück zu ihrer Schlafstätte.
„Mit mir unterhält er sich immer nur ganz normal, wenn er mich überhaupt mal beachtet“, sprach sie wehmütig weiter, während sie sich abtrocknete. „Ich bin für ihn eben keine Frau, die es wert wäre, erobert zu werden. Dabei weiß er gar nicht, was ihm entgeht, da in mir ein solches Feuer lodert, mit dem ich die ganze Welt entzünden könnte. Aber leider sieht er das nicht so. Schade.“
Sie seufzte kurz, während ihr Blick gedankenverloren in die Ecke gerichtet war. Erst nach einem kurzem Moment des Schweigens sah sie Leanora wieder an, wobei sich ein verlegenes Lächeln auf ihre Lippen stahl. „Aber du hättest wirklich große Chancen bei ihm. Mit deinem Aussehen dürfte es für dich ein Leichtes sein, ihn näher kennen zu lernen. Allerdings bezweifle ich, dass er sich mit dir über etwas anderes als Sex unterhalten wird. Zumindest nicht bevor ihr es nicht mindestens einmal miteinander gemacht habt. Hach, irgendwie beneide ich dich um deine Anmut. Würde ich so atemberaubend aussehen, dann wäre Bruder Renaldo schon lange mein.“


Leanora wurde krebsrot anhand des Kompliments, welches ihr Lucia aussprach.
„Danke Lucia, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das überhaupt möchte. In der Richtung bin ich eher altmodisch, einfach Sex mit jemanden zu haben, den man nicht liebt, das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Aber es könnte schon sein, dass er mich als Beute betrachtet. Zumindest kam seine Vorstellung so herüber. Letztlich hatte mich Bruder Castillá vor ihm gerettet, ich war wie vor den Kopf geschlagen und stand eher sprachlos da.“
Sie seufzte schwer, das Ganze behagte ihr im Prinzip überhaupt nicht.
„Das glaube ich, dass du mit deinem Wesen jeden mitreißen kannst. Hm... Lucia? Irgendwie hab ich schon ein wenig Angst davor, was ab morgen hier auf mich zukommt. Du musst wissen, ich bin ins Kloster geflüchtet, weil mir im Prinzip alles genommen wurde. Irgendwie hat mein ganzes Dasein nicht mehr viel Sinn...“
Und sie begann, ihr die Geschichte zu erzählen, wie sie aufwuchs, dem Überfall und es deckte sich bis ins kleinste Detail mit dem, was sie der Ehrwürdigen Mutter erzählt hatte. Nur dass sie mehr von daheim erzählte, ihren Gesangsunterricht erwähnte, ihre Leidenschaft zur Jagd und zu den Pferden. Als sie geendet hatte meinte sie: „Ich hoffe, du bist jetzt nicht entsetzt, weil ich so verwöhnt wurde. Aber immerhin kannst du sicher verstehen, wieso ich Angst habe vor dem, was da auf mich zukommt.“


„Das ist ja wirklich eine traurige Geschichte, Sophia. Es tut mir so leid für dich“
, erwiderte Lucia sichtlich betroffen, nachdem sie Leanora die ganze Zeit über aufmerksam zugehört hatte. „Aber warum sollte es mich schockieren, dass du es besser hattest als viele andere von uns? Es könnte mich höchstens etwas neidisch machen, doch auch darüber bin ich längst hinaus. Ich bin hier glücklich und will gar kein anderes Leben mehr führen. Und du wirst sehen, dass deine Sorgen unbegründet sind. Es wird für dich vielleicht am Anfang etwas schwierig sein, für dein täglich Brot zu arbeiten, doch du wirst bald feststellen, dass es dann auch viel besser schmeckt, als wenn du es einfach nur so serviert bekommst. Glaube mir, das wird schon nicht so schlimm werden.“
Die rothaarige Frau reckte sich ausgiebig und musste dabei gähnen, wobei sie sogar vergaß die Hand vor den Mund zu nehmen. „Verzeih bitte, wenn ich unser schönes Gespräch jetzt beenden muss, aber ich bin schon ziemlich müde. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt gern etwas schlafen. Und das solltest du auch tun. Die Nacht ist so schnell vorbei. Gute Nacht, Sophia.“
Lucia rollte sich in ihre Decke ein und löschte schon die Kerze auf ihrem kleinen Nachttisch, während sie Leanora verschmitzt anlächelte. Doch nur für einen kurzen Moment, denn länger brauchte sie nicht, um einzuschlafen.


„Gute Nacht Lucia“, antwortete Leanora leise. Dann zog sie sich aus, schlüpfte in das Flanell-Nachthemd, welches ihr Oberschwester Beandricé mitgegeben hatte, löschte die Kerze und krabbelte in ihr Bett. Das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit hatte sie wieder ein richtiges Bett, auch wenn die Matratze alles andere als gut war. Aber im Gegensatz zum Waldboden oder dem Lager im Keller war es einfach eine Wohltat. Na ja, beim Wirt war es auch gut auszuhalten, berichtigte sie ihre Gedanken.
Sie schloss die Augen, und lauschte Lucias gleichmäßigen Atemzügen, was sie selber schläfrig machte. Dennoch ließen sie ihre Gedanken nicht gleich zur Ruhe kommen. Die ganzen neuen Eindrücke die auf sie eingestürzt waren, mussten erst noch verarbeitet werden. Und seit der Befreiung ihrer Gefährten aus dem Fort hatte sie ohnehin kaum Zeit, auch das innerlich alles zu verarbeiten und zu sortieren, was sie aus Tjarks Büchern erfahren hatte. Dankbar um die ruhige Zeit, die sie nur für sich hatte, schlief sie schließlich trotzdem ein.
Ihre Träume spiegelten ihre Gedanken jedoch wider, vermischten diese in ein heilloses Durcheinander. Sie spürte Tjarks Kuss auf ihren Lippen, der sie zärtlich anblickte, zeitgleich verwandelte sich sein Gesicht jedoch in das von Bruder Renaldo und das liebevolle Lächeln verwandelte sich in ein zynisches siegessichere Grinsen, welches sich in schallendes Gelächter umwandelte, als sie Miandra kopfüber hängen sah. Seine leise geflüsterten Worte: „Wir sehen uns noch“ hörten sich plötzlich wie eine Drohung an. Sie sah Renaldo vor sich, hämisch lachend, der zu ihr sagte: „Oder sollte ich lieber Countess Leanora Bardigiano sagen, Schwester Sophia? Und du hast es fast geschafft, dass ich an die Liebe glaube.“ Ein brutaler Kuss folgte, und er trat zurück. Er gab irgendwem einen Wink, und sie sah eine kleine Zwergin auf sie zutreten, eine große Axt vor sich schwingend. Und Leanora weinte, sie fühlte sich, als hätte sie Tjark ein zweites Mal verloren.
Schweißgebadet wachte sie auf, und versuchte ihren Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Beim Erbauer, was hatte das Unterbewusstsein ihr nur für groteske Gedanken vorgegaukelt? Oder wollte dieses Leanora nur warnen, dass Bruder Renaldo der Schlüssel zu den ganzen Intrigen war und sie vorsichtig sein sollte?
Leanora wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte, aber es war noch dunkel im Zimmer, und Lucia atmete noch immer gleichmäßig. Anscheinend hatte sie die Träume nicht mitgekriegt, und Leanora hatte weder geschrien noch geredet während sie geschlafen hatte.
Langsam beruhigte sich ihr Atem wieder. Sie drehte sich auf ihre rechte Seite und starrte die Wand vor ihr an, als würde dort die Antwort auf ihre Fragen liegen. Tatsache war, dass sie das Gefühl nicht los brachte, dass Renaldo eine tragende Schlüsselrolle spielte, und über ihn einiges herauszufinden sei. Würde sie über ihren Schatten springen können? In Leanora sträubte sich alles, daran zu denken, aber dann fiel ihr Nerias Geschenk wieder ein. Rot für den Geist, Grün für den Körper? Ach nein, umgekehrt, grün war dafür bestimmt, das Denken auszuschalten. Oder fiel sie damit einfach nur in Tiefschlaf? Sie hätte sich noch mehr erkundigen sollen, wie die Pillen genau wirkten. Das Dumme daran war nur, dass sie wohl am besten beide nehmen sollte, um Gehirn und Körper auszuschalten während sie das durchzog. Aber das war laut Nerias Worten eher ungesund.
Leise seufzte sie auf. Ihre Mission würde noch sehr kniffelig werden, und gefährlicher, als ihr lieb war. Sie befand sich auf einem schmalen Grat, die Rolle der demoralisierten Laienschwester zu spielen und andererseits sollte sie eine skrupellose Spionin sein. Beides war nicht gerade einfach, aber der Wunsch, ihre Familie zu rächen und ihren Namen rein zu waschen, war so stark, dass ihr das die nötige Kraft verleihen würde. Zudem tröstete es sie, dass Lucia so nett war. Sie konnte nur hoffen, dass diese ihr das nicht neiden würde, sollte sie bei Bruder Renaldo erfolgreich sein, sondern sich für Leanora mitfreuen würde. Sie mochte Lucia, und hätte nichts dagegen, wenn sie Freundinnen werden würden. Auch daraus würde sie Kraft schöpfen können.
Sie zwang sich, an etwas völlig anderes zu denken, und so wanderten ihre Gedanken zu Donas. Darüber schlief sie dann doch wieder ein, dieses mal tief und traumlos, dafür um so erholsamer.


Zuletzt von Allie am Fr 26 Aug 2011, 3:19 am bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Kapitel XX - Die Kirche von Denerim Empty
BeitragThema: Re: Kapitel XX - Die Kirche von Denerim   Kapitel XX - Die Kirche von Denerim EmptyFr 26 Aug 2011, 2:29 am

Nachdem das Bein verbunden war begann Lydia damit ihre Sachen zu verstauen und sich anzukleiden als wolle sie nach draußen gehen. Skeptisch beobachtete Miandra das Mädchen, während sie den Tisch in seine ehemalige Position brachte, sich erneut auf den Stuhl fallen ließ, und damit begann ihre Haare zu einem Zopf zu flechten, um sie anschließend unter einem Kopftuch oder einer Kapuze verstecken zu können, um nicht so einfach erkannt zu werden.
Als sie gerade den Zopf mit einem Band zuknöpfte, stellte sich Lydia mitten in den Raum und schien sie und Vernita wohl wirklich begleiten zu wollen, was Miandra für keine gute Idee hielt. Daher stand sie wieder von dem Stuhl auf und ging neben Lydia leicht in die Hocke, um mit ihr auf gleicher Höhe zu sein.
„Ich verstehe, dass Ihr von hier raus wollt“, flüsterte sie zu der Kleinen. „Aber irgendwer muss ja auf unsere drei Kinder aufpassen“, sie blickte kurz zu Neria, Azoth und Sareth.
„Was wohl keine einfache Aufgabe werden könnte...“, fügte sie mit einem Schmunzeln hinzu, bevor sie sich wieder direkt an den Mädchen wandte. „Wir wollen doch nicht, dass wir das neue Versteck mit ein paar Wachen und Templern teilen müssen... Zudem solltet Ihr Eurer Bein schonen. Aber Ihr werdet dem schon gewachsen sein.“
Anschließend richtete sie sich wieder auf und machte sich daran einige geeignete Kleidungsstücke zu finden, mit welchen sie sich vor der nächtlichen Kälte schützen konnte.
„Soll ich irgendwelche Waffen mitnehmen?“ fragte sie Vernita während sie die Sachen, die ihnen Kylar zur Verfügung gestellt hatte durchwühlte, ohne dabei ihren Blick davon abzuwenden.


„Nun... ich denke, die schlafen ihren Rausch bestimmt bald aus. Aufsicht brauchen sie nicht, die sind ja schon groß“, sagte sie und zwinkerte.
„Ich brauche aber wieder Himmel über mir und Wind im Gesicht. Hier zu sitzen macht mich krank.“


„Ja, die ist fertig“, meinte Vernita, als sie Neria dabei beobachtete, wie diese durch den Raum torkelte. „Also liegt es wohl an uns, Miandra.“
Die Elfe stand auf und ging zur ihrer Rüstung, zog ihre Zivilkleidung aus und legte stattdessen ihre Kampfausrüstung an. Während sie das tat fiel ihr Lydia ins Auge, die sich offenbar auch zum Aufbruch bereit machte. Sie wollte doch nicht etwa tatsächlich mitkommen, oder? Es sah fast so aus. Vernita wollte gerade etwas sagen, als sie bemerkte, dass Miandra das Mädchen ansprach und sich anschließend abwandte und die Elfe in bezug auf die Mitnahme von Waffen ansprach.
„Nimm lieber welche mit, wir könnten sie eventuell brauchen“, erwiderte Vernita zu der schwarzhaarigen Frau gewandt. Und schon meldete sich Lydia erneut zu Wort. Anscheinend hatten Miandras Worte das Mädchen nicht überzeugen können. Dann musste sie das wohl selbst übernehmen.
„Wir werden weder den Himmel über dem Kopf noch den Wind in den Haaren haben, Kleine“, spottete die Elfe abfällig. „Stattdessen werden wir uns mit dreckigem Gesindel unterhalten, deren Waffen sehr locker in den Scheiden hängen. Das bedarf einem knallhartem Auftreten aber auch dem nötigen Fingerspitzengefühl, um die Sache für uns gut ausgehen zu lassen. Beides Eigenschaften, über die du nicht verfügst. Und ich habe auch keine Zeit für dich die Amme zu spielen, während ich mit diesen üblen Kerlen verhandle. Mit anderen Worten, wir können dich bei der Aktion absolut nicht gebrauchen, also bleibst du hier und bewachst das Lager, klar? Ich hoffe, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt und du zwingst mich nicht dazu, dich ans Bett fesseln zu müssen!“
Vernita zog ihre Plattenstiefel über, bevor sie aufstand und ihre Kurzschwerter in die Scheiden auf ihrem Rücken steckte. Anschließend setzte sie sich ihren Helm auf und wandte sich an Miandra. „Bist du bereit. Dann lass uns gehen.“


Lydia hatte verstanden. Doch verstanden hieß nicht akzeptieren.
„Wisst Ihr nicht, ich hab mit genug Gesindel und Abschaum zu tun gehabt, ob Ihr mir das glaubt ist etwas anderes. Und von Euch muss ich mir so etwas nicht sagen lassen. Ihr werdet sehen, wenn es sein muss kann ich sehr gut... verhandeln... und wagt es mich fesseln zu wollen!“
Sie steckte sich ihre Stiletts in die dafür vorgesehenen Polster in den Armschienen und einen langen breiteren Dolch mit geschwungener Klinge in die hohen Stiefel.
„Wisst Ihr, der Eimer macht Euch um Einiges attraktiver...“ grinste sie hämisch zu Vernita hinüber.


Miandra durchwühlte noch einige Momente die Kleidungstücke, bis sie schließlich fündig wurde. Erst dachte sie es handle sich nur um eine braune Wolldecke, doch eigentlich war es ein Umhang mit einer Kapuze. Ohne lange zu überlegen, legte sie sich diesen um die Schultern, knöpfte ihn vorne zu und begab sich zurück zu ihrer Liege, neben welcher noch immer die kleine Holzschachtel stand, in welcher die Wurfmesser aufbewahrt waren. Außer der vielen Messer befand sich auch noch ein Gurt mit vielen Riemen darin, an welchen man die Messer befestigen konnte. Miandra legte sich den Waffengurt zusammen mit den Messern um die Hüfte und ließ den Umhang darüber fallen, sodass man nicht mehr sehen konnte, dass sie diese bei sich trug. Zwei weitere Messer verstaute sie an den Seiten ihrer Schuhe - nur für alle Fälle. Bedauerlicherweise waren die Messer wohl nur für den Fernkampf geeignet - oder um jemanden damit aus kurzer Entfernung ein Auge auszustechen - andererseits hatten ihre Dolche wohl in Fort Drakon den Besitzer gewechselt, ebenso wie ihre Rüstung. Und ohne einer Rüstung wäre der Nahkampf ohnehin reiner Selbstmord gewesen.
„Mit mehr werde ich Euch nicht dienen können“, sagte sie zu Vernita als sie in die Richtung des Ausgangs ging und sich dabei die Kapuze über den Kopf zog. Nebenbei schnappte sie noch Lydias letzte Sätze auf.
„Attraktivität ist nicht immer unbedingt ein Vorteil...“, sagte sie etwas nachdenklich an das Mädchen gewandt, während sie diese musterte. In ihrem Gesicht lag ein hämisches Grinsen, und sie war gerade dabei Waffen in ihren Stiefeln zu verstauen. Scheinbar hatten weder ihre, noch die Worte von Vernita etwas gebracht. Die Kleine war wohl recht stur und uneinsichtig. Zu jung um zu verstehen, was alles auf dem Spiel stand, und wie man sich bei ein solchen Aufgabe fügen musste - beziehungsweise wie man Befehle entgegen nahm. Wie sollten sie so jemanden mit nach draußen nehmen können, der nicht Willens war sich etwas sagen zu lassen? ‚Vielleicht musste man sie ja zum eigenen Schutz wirklich ans Bett fesseln‘, ging Miandra nur durch den Kopf, während sie Lydia weiterhin, nach einer Lösung suchend, musterte.


„Ist mir bewusst, Miandra. Ich weiß um was es geht und ich weiß was passiert, wenn was schief läuft. Glaubt mir, ich weiß es“, sagte sie kalt zu Miandra. Sie wusste, was in den Köpfen von Vernita und Miandra vorging.
„Die Gepflogenheiten der Unterwelt sind mir nicht ganz fremd. Macht Euch also keine Gedanken.“


„Ach, dann liegt es also daran. Mir wird einiges klar“, meinte Vernita mit einem sehr sarkastischen Unterton. „Und ich dachte immer, ich lebe nur deshalb noch, weil ich eine Nahkampfexpertin bin oder einfach nur Glück gehabt habe. Dann muss ich wohl meinem Helm danken, dass ich mit ihm so gut aussehe, dass es den Kerlen, die mir bisher gegenübergetreten sind, so leid tat, eine so bezaubernde Person wie mich töten zu wollen, dass sie stattdessen darauf verzichtet haben und sich lieber von mir haben niedermetzeln lassen. Gepriesen sei dieser Helm, dass er mich so adrett kleidet und somit meinen Gegnern keine Chance lässt.“
Die Elfe schüttelte nur grinsender Weise den Kopf. „Deine armseligen Versuche, mich beleidigen zu wollen sind wirklich erbärmlich, Kleines. Mir wurde weitaus schlimmeres angetan, als dass mich ein paar Worte von jemandem wie dir aus der Ruhe bringen könnten. Aber wo wir gerade dabei sind… du scheinst mit Worten ja deine Schwierigkeiten zu haben. Zumindest vermögen meine ja nicht bis in dein Hirn vorzudringen. Oder weshalb kapierst du nicht, dass die Kerle, mit denen wir es da zu tun bekommen werden, extrem gefährlich sind. Hätte ich eine Wahl, dann würde ich mit Sicherheit keinen Kontakt zu diesem Drecksvolk suchen.“
Vernitas Gesichtszüge wurden sehr ernst. „Außerdem bist du nur ein kleines Mädchen. Ungeachtet dessen, was du vielleicht drauf haben magst, werden sie dich aufgrund deines Alters und deines Erscheinungsbildes nicht ernst nehmen. Das harmloseste, was sie tun werden, ist dich zu verspotten. Würdest du das einfach so über dich ergehen lassen? Und der wichtigste Punkt, weswegen ich dich nicht mitnehmen kann und werde, ist dein Ungehorsam. Ich kann in einer kritischen Situation niemanden um mich herum gebrauchen, der nicht springt, wenn ich sage ‚spring‘. Da ich mich in diesem Punkt nicht auf dich verlassen kann, bleibst du hier, und wenn ich dich mit Gewalt dazu zwingen muss. Und bevor du mich wieder so dämlich anquatschst, weshalb ich die Befehle gebe und nicht zum Beispiel du… nun, ich habe schon weit mehr kritische Situationen überstanden, als du Monde alt bist, was mich als Anführerin prädestiniert, alles klar? So, jetzt haben wir aber genug Zeit vertrödelt. Miandra, wenn du soweit bist, sollten wir aufbrechen.“


Als Vernita Charme auf sich bezog, musste Lydia sich das Lachen verkneifen. Sie hatte tatsächlich den Kopf in den Wolken.
„Ihr seid doch sehr ignorant. Mir ist bewusst, dass wir mit dem Abschaum der Gesellschaft zusammentreffen, falls Ihr das meint. Und macht Euch keine Gedanken darum, wenn es darum geht zu überleben, kann ich auch Befehle befolgen.“
Sie prüfte ob sich alle Waffen und sonstige Gegenstände, die sie mitnehmen wollte, an ihrem Platz befanden, schloss den Umhang und zog sich die Kapuze ins Gesicht.


Vernita verlor allmählich die Geduld mit Lydia. „Wenn einer von uns beiden hier ignorant ist, dann bist du es, Kleine. Kannst du nicht oder willst du nicht kapieren, dass es nicht reicht, meine Befehle zu befolgen, wenn es zum Kampf kommt. Schließlich will ich ja genau diesen verhindern! Geht das nicht in deinen Idiotenschädel?!? Wenn ich dich mitnehme, dann nur, wenn du genau das tust, was ich dir sage. Sage ich ‚spring‘, dann fragst du nur ‚wie hoch?‘. Sage ich ‚warte hier‘, dann rührst du dich nicht von der Stelle und wenn ich sage ‚sei still‘, dann hältst du gefälligst die Klappe! War das jetzt deutlich genug? Ist diese Nachricht in deinem Zwergenhirn angekommen? Halt! Tut mir leid, damit würde ich ja jeden Zwerg beleidigen! Also, formuliere ich das anders! Hat dein Genlockhirn, diese Informationen korrekt verarbeitet, oder soll ich dir vielleicht noch eine Zeichnung machen?“


„Wisst Ihr, Ihr könntet an Euren Umgangsformen arbeiten, aber ich werde ausnahmsweise einmal auf Euch hören, bis die Sache geklärt ist.“
Auf den Rest ihrer Beleidigungen ging sie gar nicht ein.
„Irgendwann wird sich das noch bitter rächen. Also, kann es losgehen oder wollen wir Wurzeln schlagen?“


„Meine Umgangsformen? Gefallen sie dir etwa nicht, Kleines?“ fragte Vernita spöttisch, während sie langsam auf Lydia zuging. Als sie direkt vor dem Mädchen stand, packte sie diese am Kragen und hob sie hoch, bis ihre Gesichter direkt voreinander zum Stillstand kamen. „Dabei dachte ich noch, dass ich besonders höflich mit dir umgehe, da ich dir bisher noch keinen körperlichen Schaden zugefügt habe.“
Ein Grinsen legte sich auf das Gesicht der Elfe, während sie Lydia wieder losließ. Das Mädchen, welches den Boden unter den Füßen verloren hatte, landete eben auf diesen und konnte nur mit Mühe das Gleichgewicht halten und einen Sturz verhindern.
„Na schön, du sollst deine Chance habe, Kleine“, sagte Vernita mit fester Stimme und einem bestätigenden Nicken. „Du wirst uns begleiten und genau das tun, was ich sage. Und wie bei jedem Lehrling wirst du klein anfangen. Wenn wir unser Ziel erreicht haben, wirst du als Wache draußen warten und uns somit den Rücken freihalten. Das ist ein einfacher Auftrag, sollte also sogar für dich zu schaffen sein. Und ich hoffe, du enttäuscht mich bei dieser simplen Aufgabe nicht. Lasst uns gehen!“
Die Elfe wandte sich zum Gehen und schritt durch den Ausgang des Verstecks, wo schon Miandra auf sie wartete.


„Ja, Eure Umgangsformen“, sagte Lydia unbeeindruckt, als Vernita sie hochhob. „Vielleicht arbeitet Ihr an denen noch, aber ich wage das zu bezweifeln. Darf ich nun bitten mich wieder loszulassen oder muss ich der Bitte Nachdruck verleihen?“
Daraufhin ließ Vernita sie unsanft zu Boden fallen. Sie rappelte sich auf und setzte sich in Bewegung nach draußen. Sie sollte Wache spielen, eine eher unspektakuläre Aufgabe. Aber immerhin war sie draußen und nicht in diesem muffigen Kellerlager. Sie konnte sich frei bewegen.
Sie war ziemlich gespannt, zu welchem Ergebnis die Aktion gelangen würde.


Miandra gefiel der Gedanke zwar nicht, dass Lydia nun doch mitgehen würde, da sie die ganze Sache für das Mädchen für ohnehin viel zu gefährlich hielt, doch eine wirklich andere Wahl hatten sie scheinbar nicht. Das Mädchen war einfach viel zu stur und verstand Vernita aufgrund ihres jungen Alters nicht. Wahrscheinlich wäre sie ihnen ohnehin einfach gefolgt, und sie einfach irgendwo anketten wie einen Hund wäre auch nicht gerade in Miandras Interesse gelegen. Da ihr beide Lösungen nicht gefielen, wusste sie auch nicht recht was sie noch dazu hätte sagen können, und war ein wenig erleichtert darüber, als sich die beiden dann doch noch ‚einig wurden‘, und folgte ihnen durch den Geheimgang, die Treppen hinauf durch die Schmiede und nach draußen in die Dunkelheit der Nacht.


Trotz ihrer Trunkenheit bekam Neria mit, dass zuerst Rowan und später auch noch Vernita, Miandra und Lydia das Versteck verließen. Dass Vernita ein neues Versteck suchen wollte, an das konnte sie sich noch entsinnen, aber was Rowans Auftrag war, war ihr schleierhaft beziehungsweise konnte sie sich nicht mehr daran erinnern.
Da war sie nun, alleingelassen mit Azoth und dem Krieger der offensichtlich Rowans Geliebter war. Doch keiner von den beiden schien Interesse an ihr zu haben. Sie wollte sich aufsetzen und etwas von dem restlichen Brot essen gehen, welches sie vom Schmied geholt hatte. Da sich jedoch alles um sie herum drehte, gab sie dieses Unterfangen auf, und ließ sich auf die Liege zurückfallen. Neria war kotzübel und sie bereute es jetzt schon soviel von dem Rotwein getrunken zu haben. Sie wälzte sich unruhig auf der Liege herum, auf der Suche nach einer Position, wo es ihr nicht gar so schlecht erging.
Schließlich blieb sie auf der Seite liegen und starrte auf das Feuer, das ihre verworrenen Sinne wie eine Feuerwand wahrnahmen. Sie ärgerte sich über die Tatsache dass sie Azoth nicht herumkriegen konnte, sie hätte doch so gerne … … … Wehmütig wurde sie von Erinnerungen früherer Tage ergriffen. Sie dachte an Theofillas ihren Geliebten und an die schönen Stunden die sie mit ihm verbracht hatte. Würde er sie noch lieben? Würde er sie überhaupt noch erkennen? Wo war er?
Neria fühlte sich auf einmal alleine und verlassen, und ihr Rausch tat sein Übriges, dass sie depressiv wurde. Die Tränen liefen ihr in Strömen herunter und die Tropfen, die sich am Boden ergossen, bildeten ein kleines Rinnsal unter der Liege. Sie wusste nicht wie lange sie so da lag und heulte, als das weinen schließlich in Schluchzen überging. Kurz bevor ihr die Augen zu fielen, fasste sie den Entschluss nach Theofillas zu suchen, sobald sie ihre Aufgabe hier erledigt habe.
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